Virtuelle Teams

Aus Personal_und_Führung
Zur Navigation springen Zur Suche springen

„Virtuelle Teams“


1 Einleitung


2 Begriffsklärung


3 Anwendungsvoraussetzungen


3.1 Kommunikationsformen

3.2 Team

3.2.1 Zusammensetzung

3.2.2 Vertrauen und Kick-off


4 Zeitaspekt


5 Gestaltungsparameter


5.1 Teamleiter

5.2 Anonymität vs. Offene Kommunikation

5.2.1 Geschlechterrolle

5.2.2 Hierarchie


6 Fazit




1 Einleitung

Unter einem virtuellen Team wird das Zusammenwirken eines Teams auf Basis virtueller Kommunikationstechnologien verstanden. Vor dem Hintergrund einer wachsenden Informationsgesellschaft ist es eine logische Entwicklung in Richtung moderner Arbeitsformen. Teams müssen sich auf Basis von High-Tech-Medien nicht mehr am selben Ort aufhalten und können über Zeitzonen hinweg gemeinsam an Arbeitsprozessen mitwirken. Der Arbeitsprozess findet an einem virtuellen Arbeitsplatz statt. Die Bedingungen unter denen ein virtuelles Team arbeitet, sind entscheidende Faktoren für den Arbeitserfolg. Folgend werden Anwendungsvoraussetzungen und Gestaltungsmöglichkeiten, sogenannte Gestaltungsparameter, analysiert und auf ihre Bedeutung für die Arbeit in einem virtuellen Team untersucht.


2 Begriffsklärung

Durch den starken Einfluss neuer Medien auf das tägliche Leben ist der Übergang von einem konventionellen zu einem virtuellen Team fließend. Gemeinsamkeiten sind weiterhin zahlreich vorfindbar.

Die nachstehenden Eigenschaften eines virtuelles Teams (VT) tragen zur Differenzierung zu einer Face-to-Face-Gruppe (FtF-Gruppe) bei:

· unabhängiges Netzwerk aus verschiedenen Unternehmensteilen · projektbezogene Zusammensetzung des Teams; wirtschaftliche und rechtliche Trennung · unabhängig vom geografischen Ort ständige Kommunikation und Abstimmungsprozesse zwischen den Netzwerkteilnehmern · flexible Strukturen innerhalb des Netzwerkes · keine selbstverständliche Dominanz eines Partners · der Außenauftritt gegenüber dem Kunden ist einheitlich · weitest gehende Vermeidung von Institutionalisierung und Bildung von Hierarchien.

Einerseits können durch virtuelle Teams innovative Marktideen o.ä. in Projektarbeit entwickelt und genutzt werden, andererseits werden aber auch langfristige Absichten verfolgt (Wolter, H.-J-., 1998).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass VT und FtF-Gruppen grundlegende Ähnlichkeiten aufweisen, sich aber in Details deutlich voneinander abheben.

So leitet sich für ein Unternehmen der Vorteil ab, dass logistische Kosten für die Zusammenbringung der Teammitglieder entfällt. Nachteil ist jedoch, dass der Arbeitsprozess und die Arbeitsqualität durch fehlendes Zusammengehörigkeitsgefühl und geringere Motivation kleiner ausfallen kann, als bei einem FtF-Team.


3 Anwendungsvoraussetzungen

Zur Förderung einer produktiven virtuellen Arbeitsgruppe sind bei der Implementierung in einem Unternehmen bestimmte Anwendungsvoraussetzungen zu beachten. Im folgenden Abschnitt werden einige dieser Voraussetzungen intensiver erläutert.


3.1 Kommunikationsformen

Virtuelle Teams können auf verschiedene Weise miteinander operieren. Vertrauen und Bereitschaft für die Benutzung von Kommunikationstechnologien müssen für jeden Teilnehmer durch leichte Verständlichkeit und Anwendbarkeit gegeben sein. Eine bedeutende Voraussetzung ist die Medienkompetenz der Mitarbeiter eines VT. Es ist notwendig, dass die im Rahmen eines Projektes verwendeten technischen Kommunikationsformen beherrscht werden und gleichermaßen von jedem Teilnehmer eines Teams angewendet werden können. Daher sollte ihnen ausreichend Zeit und Kompetenz zugestanden werden, um soziale Defizite des VT durch z.B. angepassten Schreibstil oder durch genauere Beschreibung ihres Anliegens auszugleichen. Dafür muss die Einstellung der Benutzer zum Medium positiv sein und ihnen bewusst gemacht werden, dass sie mit anderen Menschen kommunizieren und am anderen Ende der Leitung nicht nur eine Maschine sitzt (Vinke, A.; 2005). Die Durchführung von Kick-off – Meetings gewinnt daher an Bedeutung und Anonymität rückt bei der Betrachtungsweise in den Hintergrund. Als Instrumente können bspw. Mails, Telefonate, Videokonferenzen oder Instant Messaging (IM) genutzt werden. Untersuchungen haben ergeben, dass eine der sichersten Möglichkeiten zu Ergebnissen zu gelangen durch (Video-) Telefonkonferenz repräsentiert wird, die vom Teamleiter moderiert wird. Seine Aufgabe besteht darin zu versuchen, einen gemeinsamen Lösungsansatz zu finden, welcher alle wichtigen Meinungen beinhaltet und vertritt. Dabei sind alle Standpunkte der Akteure entscheidend, damit Unsicherheiten ausgeräumt werden und sämtliche relevanten Voraussetzungen und Kriterien bedacht werden. Zu beachten ist bei Telefonkonferenzen zudem , dass sie regelmäßig und zeitnah – günstigstenfalls an zuvor vereinbarten, festen Terminen - stattfinden und alle Mitglieder daran teilnehmen. Nicht zu vernachlässigen ist darüber hinaus die Dokumentation und Protokollführung solch eines Meetings. Eine Möglichkeit ist die Zusammenfassung durch mehrere, verschiedene Mitglieder. Sollte ein Teilnehmer bspw. im vorhinein einen neuen TOP vorgeschlagen haben, ist dieser auch für die Dokumentation des selben verantwortlich. Zusätzlich kann er seine Kollegen zu Ergänzungen und Veränderungen ermutigen (Majchrzak, A., 2004).

Als eine weitere Kommunikationsplattform kann ein sogenannter Teamroom geschaffen werden. Dieser ermöglicht es, Vertrauen und Nähe in einem Team zu schaffen, welches sich bislang unbekannt ist, aber in der Zukunft effektiv zusammen arbeiten soll. Der „Konferenzraum“ kann durch die Gestaltung einer Webseite geschaffen werden. Dieser ist nicht nur für alle Mitglieder jederzeit zugänglich und unterstützt überdies die Informationsweitergabe, sondern dient auch als Zugang zum Intranet des Unternehmens, indem Auskunft über die neuen Kollegen gegeben werden kann. Des weiteren können zusätzliche Informationen wie Kontaktdaten, Profile, Verantwortungsbereich, Arbeitsschwerpunkte oder Interessen der Teammitglieder recherchiert werden, was die persönliche Beziehung untereinander stärkt. Da in einem virtuellen Umfeld durch den Teamroom auch Auskunft über Projektstand, Ziele, Aufgaben, Agendas gegeben wird oder bspw. Termine der nächsten Telefonkonferenzen bekannt werden, wird das Team intern und auch extern „sichtbar“ gemacht (Majchrzak, A., 2004). Gerade wenn ein persönliches Kennenlernen am Anfang eines Projektes nicht oder nur mit einzelnen Personen möglich ist, bietet ein solcher Teamroom eine Grundlage für das spätere Zusammenwirken und schafft eine notwendige Vertrauensbasis (Ross, J., 2006).


3.2 Team


3.2.1 Zusammensetzung

Die Zusammensetzung eines Teams sollte aus Mitgliedern mit möglichst unterschiedlichen Kompetenzen bestehen. Das macht jedes Gruppenmitglied nicht nur einzigartig, sondern bringt auch verschiedene Denkansätze zusammen. Diese Vielfalt birgt neue Lösungsansätze statt Schärfe zwischen die einzelnen Mitgliedern. Optimal sind überschaubare Teams, um den persönlichen Kontakt zu allen Beteiligten aufrecht zu erhalten, denn dadurch arbeiten sie schneller, sind flexibler und kreativer (Majchrzak, A., 2004).


3.2.2 Vertrauen und Kick-off

Vertrauen in einem Team zu schaffen, das sich nicht persönlich kaum begegnet, ist von zentraler Bedeutung in einem virtuellen Team. Die Befriedigung der Bedürfnisse wie z.B. soziale Anerkennung ist bei VT-Gruppen weitaus schwieriger und so darf die Definition gemeinsamer Ziele nicht vernachlässigt werden, was die Verlässlichkeit in die Fähigkeiten der Kollegen demonstriert und die Zusammengehörigkeit zwischen Teammitglied und Unternehmen aufzeigt. Die Identität als Gruppe - nicht als Individuum - gekoppelt mit dem Bewusstsein einer langfristigen Zusammenarbeit stärken soziale Bindungen und führen somit automatisch zu höherem Engagement (Walther, J.). Die Schaffung einer vertrauensvollen Arbeitsatmosphäre in einem VT wird durch Kick-Off-Meetings am Anfange eines Prfojekts unterstützt. (Ross, J., 2006).


4 Zeitaspekt

Die Produktionsgeschwindigkeit von VT ist zu Beginn der Projektarbeit langsamer, nicht nur weil geschriebene Kommunikation insgesamt länger dauert, sondern auch weil mehr Zeit benötigt wird, um persönliche Beziehung zueinander aufzubauen. Wenn konventionellen und virtuellen Teams gleich viel Zeit zur Bearbeitung einer Aufgabe gegeben wird, sind die FtF-Gruppen in einer Entscheidungsfindung zunächst schneller. Beide Gruppen arbeiten zu Beginn zwar sehr aufgabenorientiert, da sich die konventionellen Gruppen jedoch schneller einen persönlichen Eindruck machen können und Vertrauen so aufgebaut wird, arbeiten dann auch schneller effektiver. Diese Phase ist bei virtuellen Teams ausgeprägter und kann durch obenstehende Möglichkeiten verringert werden. Untersuchungen haben jedoch herausgefunden, dass durch längere Zusammenarbeit eine persönliche Beziehung zum Gegenüber geschaffen wird. –Analysen sagen eine Konvergenz des Beziehungsniveaus in der Kommunikation zwischen den Medien über die Zeit vorher. So erreichen beide Teams ohne Zeitbegrenzung eine Annäherung in der Intimitäts- und Emotionsstufe, weil die Mitglieder eines VT im Zeitverlauf immer mehr miteinander agieren und auch soziale und persönliche Mitteilungen austauschen. Wenn die Teilnehmer wissen, dass das zu bearbeitende Projekt langfristig ausgelegt ist, werden automatisch mehr Auskünfte über einander gegeben, der Kontakt ist freundlicher und die Kooperationsbereitschaft nimmt zu. Damit wird gezeigt, dass auch innerhalb eines virtuellen Teams eine ganz normale Stufe der Beziehungsqualität erreicht werden kann, wenn kein zeitlicher Rahmen vorgeschrieben wird. Aspekte über langfristiges Zusammenarbeiten sind somit von starkem Vorteil für effiziente Ergebnisse durch Vertrauensbildung (Walther, J.).


5 Gestaltungsparameter

Ein weiterer wichtiger Bedingungsaspekt für die Funktionalität eines VT sind die Gestaltungsparameter. Sie stellen ein betriebliches Gestaltungsspektrum dar, innerhalb dessen ein VT ausgerichtet und der jeweiligen Aufgabe angepasst werden kann. Mit jedem positiven Effekt, welcher erzielt wird, sind jedoch auch immer negative verbunden.

Gestaltend können Teamleiter im Hinblick auf Führungsdominanz und Motivation wirken. Die Geschlechterrolle wird im Folgenden hinsichtlich der Anonymität untersucht und auch der Zeitaspekt wird nachfolgend näher betrachtet.


5.1 Teamleiter

Wenn sich ein Team zusammenfindet, dass Aufgaben trotz Distanz gemeinsam bearbeiten soll, nimmt der Teamleiter eine bedeutungsvolle Rolle ein. Die Einführung eines Gruppensprechers dient dabei der Koordination und Zusammenführung des Teams und sorgt dafür, dass sich der Verlauf des gemeinsamen Projektes an den vereinbarten Zielen ausrichtet. Durch die Überwindung virtueller Distanzen ist es für den Gruppenleiter besonders diffizil, Vertrauen untereinander zu schaffen, was jedoch für die Erfüllung von Aufgaben mitunter entscheidend sein kann. Als Koordinator regt er so zu Diskussionen an, weist mit Agendas auf kommende Meetings hin, trägt Erwartungen zusammen und definiert klare Ziele (Majchrzak, A.,2004).

Gestaltend wirkt der Teamleiter, indem er eine Kontrollfunktion ausübt. Je intensiver er kontrolliert, desto schneller findet ein Team Ergebnisse und Lösungen. Greift ein Teamleiter dagegen weniger kontrollierend und stärker moderierend in die Prozesse des Teams ein, so dauert zwar die Lösungsfindung länger, aber es werden dafür mehr alternative Lösungsstrategien gefunden. Um die Kreativität während der Teamarbeit nicht einzuschränken, ist es notwendig, dass der Teamleiter nach dem lassez-faire-Prinzip kaum in die Prozesse eingreift. Er stellt lediglich den Rahmen her, in welchem die virtuellen Arbeitsprozesse stattfinden. Für die Besetzung einer Teamleiterrolle eignen sich vor allem Personen, die nicht dazu neigen, sich dominant in den Mittelpunkt zu stellen. Eine dezente Zurückhaltung gegenüber den möglicherweise am Anfang sehr unstrukturierten Prozessen ist zur Förderung von Ideenvielfalt erforderlich. Steht im Zentrum der Zusammenarbeit die Entwicklung einer schnellen Lösung, eignet sich eine tendenziell dominante Person für die Rolle des Teamleiters.

Konflikte lassen sich mitunter nicht ganz vermeiden. Jedoch sollte auf sie acht genommen werden. Wenn bereits Symptome erkannt und ernst genommen werden, können größere Auseinandersetzungen begrenzt werden bzw. schon vorher Probleme miteinander diskutiert werden, bevor es zur Eskalation kommt (Combs, W., 2007). Zu beachten ist, dass die Vermeidung von Konflikten auch die Vermeidung von Ideenvielfalt bedeutet. Durch Konflikte werden alternative Lösungen und Ideen gefördert. Dabei müssen Konflikte in einem konstruktiven Rahmen ablaufen. Zu diesem Zweck sind Regelungen für eine Konflikthandhabung sinnvoll. Entstehen Konflikte auf persönlicher Ebene, sind diese kontraproduktiv für ein Arbeitsergebnis. Für eine Entwicklung vorteilhaft sind fachliche Differenzen. Zur Vermeidung von persönlichen Meinungsverschiedenheiten ist es sinnvoll, dass der Teamleiter zwischen den Konfliktparteien vermittelt, sodass im Kern die fachliche Auseinandersetzung steht. Da Konflikte Zeitaufwand bedeuten, ist es sinnvoll in Situationen, die eine schnelle Lösung erfordern, Meinungsverschiedenheiten zu unterbinden. In diesem Fall kommt dem Teamleiter die Rolle zu, bei Konflikten dazwischenzutreten, um den Arbeitsprozess stärker auf die konkrete Problemstellung des Arbeitstreffens zu fokussieren.

Teamleiter, die als vertrauensvoll und fair bewertet werden, geben ihren Mitarbeitern in der Regel bezüglich ihrer Arbeit laufend Feedback. Die positive sowie auch negative Beurteilung kann in einem virtuellen Team durch E-Mails oder Telefongespräche geschehen, so dass der Mitarbeiter sich und deren Rolle im Team besser einschätzen kann, was die Beziehungen und das Vertrauensverhältnis stärkt. Wenn ein Teamleiter zum Beispiel Bedenken über die geplante Erfüllung einer Aufgabe nicht äußert, kann die Situation schnell eskalieren und ein kleiner Fehler zu einer großen Entgleisung führen. Gute Leistung und Arbeit kann durch individuelle Anerkennung zu Beginn eines Meetings ausgesprochen werden. (Malhota, A., 2007)

Wichtig für gute Ergebnisse in einem Projekt ist der Zusammenhalt innerhalb der Gruppe. So kann beispielsweise am Anfang einer jeden Telefonkonferenz jedes Teammitglied die Möglichkeit bekommen, den aktuellen Stand, Probleme oder auch Gefühle zu äußern. Wenn ähnliche Bedenken auch von anderen Kollegen geäußert werden, werden Hemmungen abgebaut, Gemeinsamkeiten erkannt und so mehr Motivation erzeugt (Walther, J.).


5.2 Anonymität vs. Offene Kommunikation

Verschiedene Studien konnten bereits nachweisen, dass bei ausschließlich virtueller Kommunikation bestimmte Faktoren beeinflusst werden. So ist für die Durchführung bestimmter Arbeiten durch zwischenbetriebliche Kooperation günstig, wenn diese mit der Unwissenheit vom Status der Kommunikationspartnern, von ihrem Aussehen sowie von anderen non-verbalen Faktoren gekoppelt ist. In einer B2C – Beziehung eines Servicedienstleisters konnte beobachtet werden, dass durch Darstellung eines Mitarbeiters auf der Firmenhomepage durch Fotos sowie eines Profils und die dadurch bewusste Ansprache eines bestimmten Partners, die darauf folgende Verständigung als freundlicher und kompetenter eingestuft wurde, als bei anonymen Kontakten. Im Aspekt auf die Zusammenarbeit in einer Gruppe kann die Ausbildung einer persönlichen Beziehung ebenso als förderlich erwartet werden. Da sich individuelle Merkmale von Einzelnen nicht so deutlich ausprägen können, tendieren wir dazu, uns eigene Vorstellungen des Gegenübers zu machen und behandeln sie stereotypisch als Anhänger bestimmter Kategorien. Banalitäten wie beispielsweise eine späte Reaktion auf E-Mails können dann zu übersteigerten Reaktionen führen, die zu einem Verlust von Respekt führen könnten. Bei der gleichen Verhaltensweise einander bekannter Personen wäre eine andere Reaktion vorstellbar (Vinke, A., 2005).

Verschiedene Gruppenmitglieder können über das virtuelle Team ihre Ideen und ihre Kreativität in einem größeren Umfang in den Arbeitsprozess einbringen, als dies in realen Teams möglich ist. Erreicht wird dies einerseits durch die Möglichkeit zeitversetzt am Arbeitsprozess teilzunehmen (durch E-Mail, Forenbeiträge, etc.), oder durch die Anonymisierung der Teammitglieder. Unter diesem Aspekt der Anonymisierung ergibt sich ein weiterer Gestaltungsparameter für Unternehmen im Hinblick auf die Einrichtung von virtuellen Teams. Die Wirkungen durch eine Anonymisierung sind zu unterscheiden im Hinblick auf: · Hierarchien und · Geschlechter


5.2.1 Geschlechterrolle

Empirische Untersuchungen ergeben, dass die Beteiligung von Frauen, gemessen am Redeanteil, bei Diskussionen geringer ausfallen als die von Männern. Zurückzuführen ist dies auf eine kulturelle Prägung von Macho-Gesellschaften. Es gilt als unweiblich, teilweise als Verhaltensverstoß, wenn Frauen Männern widersprechen. Bereits in früheren Entwicklungsstadien der Kindheit und Pubertät prägen sich diese Verhaltensmuster aus. Frauen erhalten mehr Sympathien von Männern, wenn sie sich dieser Rolle fügen und durch verbale Enthaltsamkeit entsprechen. Dagegen werden Männer kulturell geprägt, durch aggressive verbale Verhaltensweisen ihrer Meinung recht zu verschaffen. Konsens und Kompromiss können als Schwäche und Inkompetenz gewertet werden. Vor diesem kulturellen Hintergrund ist die Überlegung gerechtfertigt, durch eine Anonymisierung diese kulturelle Beeinflussung zu neutralisieren und somit gegebenenfalls die Effizienz eines virtuellen Teams zu steigern. Auf das virtuelle Team übertragen, spricht dies auf den Einsatz von Medien an. Eine Geschlechterneutralität kann gewährleistet werden, wenn auf Medien wie Telefonkonferenzen oder die Schaffung eines Teamrooms verzichtet wird. Mit zunehmender Arbeitserfahrung des virtuellen Teams kann die Anonymität langsam aufgehoben werden. Der spätere Einsatz von zusätzlichen Medien (Teamroom, Telefon-, Videokonferenz) löscht dann zwar die geschaffene Geschlechtsneutralität, dient aber dazu, Zusammenarbeit und Vertrauen zu fördern. Welche Phase einer Teamarbeit die geeignete ist, um die Aufhebung der Geschlechterneutralität vorzunehmen, ist im Einzelfall sehr variabel. Sind zum Beispiel männliche Teilnehmer aus kulturellen Kreisen, in denen Frauen traditionell weniger Rechte als Männer erhalten, in einem gemischten Team, könnte dies zu interkulturellen Problemsituationen führen und die Arbeit behindern. Sind dagegen die Teilnehmer ausschließlich aus westlichen Kulturen stammend, in denen die Emanzipation der Frau akzeptiert ist, kann bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Geschlechtsneutralität aufgehoben werden.

Auf der anderen Seite hat sich bereits im Vergleich mit den realen Teams bewährt, dass eine Vertrauensbasis umso schneller erreicht werden kann, desto intensiver sich die Teammitglieder kennen lernen können. Die Vor- und Nachteile der Offenlegung des Geschlechts sollte also je nach Zusammensetzung des Teams, der Projektdauer und der Aufgabe gegeneinander abgewägt werden.


5.2.2 Hierarchie

Ähnlich dem Geschlechteraspekt ist der Hierarchieaspekt zu betrachten. Nachgeordnete Mitarbeiter äußern sich nachweislich seltener kritisch in Gruppenarbeiten oder Konferenzen, wenn ein Vorgesetzter anwesend ist. Somit kann eine Hierarchie innerhalb einer Arbeitsgruppe dazu führen, dass Ideen vorenthalten werden. Ebenso konnte aufgezeigt werden, dass sich Vorgesetzte gegenüber Mitarbeitern durch ihren Status durchsetzen, wenn es darum geht, eine eigene Idee zu verteidigen. Ein Verzicht auf die Offenlegung der hierarchischen Verhältnisse kann somit förderlich für die Entstehung von Konflikten und Ideenfindung sein. Es hat sich zudem gezeigt, dass es in einem virtuellen Team von Vorteil ist, die Rolle des Teamleiters nicht mit einem Vorgesetzten, sondern mit einem Mitarbeiter zu besetzten. Die bereits erwähnte Zurückhaltung gegenüber Ideenfindungsprozessen und bei Konferenzen wird am ehesten durch Mitarbeiter als durch Vorgesetzte verkörpert. Zudem bietet die Übernahme einer Teamleiterrolle durch einen Mitarbeiter eine interessante Chance für Lern- und Entwicklungsprozesse.


6 Fazit

Oft werden virtuelle Teams als unpersönlich und sozial einsam beschrieben. Jedoch wurde im Vorangegangen aufgezeigt, dass auch VT eine normale Stufe und gute Qualität der Beziehung erreichen können, wenn einige Anwendungsvoraussetzungen bedacht und umgesetzt werden. Kick-off Meetings und ein Teamroom sind wesentliche Chancen, wie man Vertrauen und den Aufbau von Beziehungen fördern kann. Durch gemeinsam formulierte Ziele kann eine aufgabenorientiertes Teams zu einem ergebnisorientierten Team werden. Die Möglichkeiten und Herausforderungen des Web 2.0 zeigen uns zudem deutlich auf, dass virtuelle Gemeinschaften eine ungeahnte Eigendynamik entwickeln und sehr gut funktionieren können. Somit können virtuelle Teams eine sinnvolle Gemeinschaft bilden und auch über Entfernungen hinweg unterschiedliche Kompetenzen effektiv miteinander verknüpfen.