T-Gruppen

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Die Trainingsgruppe (T-Gruppe) ist eine Lern- und Trainingsmethode im Anwendungsfeld der so genannten „Gruppendynamik“. Wesentliches Ziel der T-Gruppen-Arbeit ist es, Eigenschaften und Fähigkeiten der einzelnen Personen der Gruppe in einem Selbsterfahrungsprozess festzustellen und kritisch zu reflektieren. Im Mittelpunkt stehen dabei die konkreten Erlebens- und Verhaltensprozesse der Gruppenmitglieder. Kennzeichnend für die T-Gruppe ist, dass die Teilnehmer innerhalb der Gruppenarbeit sich selbst erforschen. Von den Trainern werden lediglich Ort und Zeit des Trainings vorgegeben, jedoch kein genauer Ablauf oder Zeitplan. Die Teilnehmer müssen die Gruppen- und Lernprozesse selber gestalten. Spezifische Ausprägungen und Formen der T-Gruppen sind Balint-Gruppen, Bion-Gruppen, Sensitivitätstrainings, Encountergruppen oder auch Therapiegruppen.

Begriff - Einordnung und Abgrenzung

Der Begriff Gruppendynamik geht auf Kurt Lewin zurück und bezeichnet die praktisch angewandte Theorie sowie Forschung zum sozialen System der Gruppe und umfasst damit auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Gruppenprozessen. Er ist im Sprachgebrauch, ebenso wie die Bezeichnung „T-Gruppe“, oft durch Unkenntnis und begriffliche Konfusion gekennzeichnet. Nicht selten werden beide Begriffe als Synonyme verwendet (vgl. Warhanek 2013, S. 252ff.). Die T-Gruppe stellt allerdings eine Lernmethode dar und wird aufgrund ihrer Relevanz und ihrer Weiterentwicklungen als „Herzstück der Gruppendynamik" bezeichnet (vgl. Heintel 2008, S. 29). Dabei erfolgt bei der Bezeichnung „T-Gruppe“ (Trainingsgruppe) eine Unterscheidung zwischen den 1. personenzentrierten Ansätzen, die aus der psychoanalytischen Tradition herausgebildet sind sowie den 2. gruppenzentrierten Ansätzen, die aus der Tradition der NTL und EIT (zu diesen Begriffen siehe unten) hervorgetreten sind. Durch die Erfolge und Verbreitung von Trainingsgruppen wurde der Terminus “T-Gruppe” breit verwendet, damit einhergehend allerdings auch sehr verwässert. Dies gilt insbesondere für die personenzentrierten Ansätze und im Zuge des „Sensitivity Trainings“, in denen die Bedeutung der Gruppe zugunsten der individuellen Problematik der Teilnehmer in den Hintergrund trat. Der gruppenzentrierte Ansatz stellt dagegen die klassische (von Lewin geprägte) oder auch ursprüngliche „T-Gruppe“ dar, bei der das Erkennen, Analysieren sowie Beeinflussen von Gruppenprozessen und -strukturen im Vordergrund steht (vgl. Warhanek 2013, S. 252ff.).

Historische Entwicklung

Zu den Begründern der Gruppendynamik zählen hauptsächlich Kurt Lewin[1] (1890 - 1947) und Jacob Levy Moreno[2] (1889 - 1947). Das gruppendynamische Training bzw. die T-Gruppe (Trainingsgruppe) ist allerdings unmittelbar aus den Lewinschen Sozialexperimenten hervorgegangen und wurde 1947 in den USA entwickelt. Mit Hilfe experimenteller Feldforschung untersuchten Lewin und seine Mitarbeiter die Auswirkungen von Führungsstrukturen auf die Gruppenatmosphäre sowie die Rolle von Gruppen im Hinblick auf Fragen der Rassendiskriminierung. Durch Analyse des Verhaltens der Gruppenmitglieder entdeckten sie die Wirkungen einer gezielten Selbstreflexion. In weiteren Veranstaltungen wurde Feedback bewusster und intensiver eingesetzt. Die Erfahrung direkter Rückkopplung und institutionalisierter Metakommunikation ermöglicht eine neue Dimension des sozialen Lernens.

Aus dieser Entdeckung heraus gründeten Lewins Mitarbeiter Lippitt, Bradford und Benne im Jahr 1947 die “National Training Laboratory in Group Development” (NTL). Neben den Gruppenrunden mit inhaltlichen Schwerpunkten und Beispielen institutionalisierten sie so genannte „Basic Skill Trainings Groups“ (BST-Groups), die zusätzlich besucht werden mussten. Diese sind reine Trainingsgruppen, in denen weder Fallstudien oder inhaltliche Themen besprochen noch Rollenspiele durchgeführt werden. Der Schwerpunkt sind Lernziele wie soziale Fähigkeiten des Analysierens und Erkennens von Intergruppenprozessen. Im Mittelpunkt stehen die Beobachtungen sowie Rückkopplungen des Aktionsforschers während sowie nach den Sitzungen. Die mit diesen Gruppen gemachten Erfahrungen zeigten, dass eine gleichzeitige Verfolgung der inhaltlichen und selbstreflexiven Lernziele nicht realisierbar ist. Ab 1949 wurde das Konzept des inhaltlichen Trainings vollkommen zugunsten der Idee einer reinen Rückkopplung ersetzt. Die BST-Group wurde weiter entwickelt und sollte nun „T-Group“ heißen. (vgl. Warhanek 2013, S.252).

Im Laufe der Zeit wurde die T-Gruppe zu einem wichtigen Bestandteil der Organisationsentwicklung. Mitte der fünfziger Jahre erreichte die Bewegung der amerikanisch geprägten Gruppendynamik Europa und fand insbesondere in Deutschland, Österreich aber auch in Skandinavien eine weite Verbreitung.

Die gruppendynamische Tradition wurde von der wissenschaftlichen Gemeinschaft in Europa aufgenommen und weiterentwickelt. Es wurden Ausbildungsgesellschaften wie das „European Institute for Transcultural Studies in Group Dynamics and Organizational Development“ (EIT) sowie die „Österreichische Gesellschaft für Gruppendynamik und Organisationsberatung“ (Ö.G.G.O.) im deutschsprachigen Raum gegründet (vgl. Schwarz et al. 1993). Im Jahr 1967 kam es zur Gründung des „Deutschen Arbeitskreises für Gruppendynamik und Gruppenpsychotherapie“ (DAGG) und der „Schweizerische Gesellschaft für Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik“ (SGGG) (vgl. König 1999, S. 54).

Eine Vielzahl von Trainingsgruppen mit verschiedenen Arbeitsschwerpunkten sowie -methoden, die eine zunehmende Spezialisierung und Differenzierung des Ausbildungsangebotes mit sich brachten, konnten entstehen (vgl. König 1999, S. 49). Auch an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen wurde den T-Gruppen vermehrt Aufmerksamkeit zuteil (vgl. Wimmer 2008, S. 39). Zudem wurde die Institutionalisierung durch Forschungsaktivitäten, Publikationen und Gründungen von Fachzeitschriften und Verbänden unterstützt (vgl. König 1999, S. 54).

T-Gruppen

Die T- Gruppe ist eine Trainingsmethode, die auf gruppendynamischen Prozessen beruht und diese als zentralen Lernmechanismus nutzt. Diese Form des Trainings in der Gruppe wurde von verschiedenen Erkenntnissen aus der Psychologie, der Kybernetik, dem Interaktionismus und der Kommunikationsforschung geprägt. Durch die offene und freie Gestaltung entstanden verschiedene Formen und Ausprägungen, wie z.B. Balint-Gruppen[3], Bion-Gruppen[4], Sensitivitätstrainings[5], Encountergruppen[6] oder auch Therapiegruppen[7]. Während des Trainings soll zwischen den Teilnehmern ein Gefüge entstehen, das für eine Verbesserung der eigenen sozialen Fähigkeiten sorgt und hilft, Erkenntnisse über sich selbst zu erlangen.

Ziele und Wirkungen

T-Gruppen zielen darauf ab, im Rahmen von Gruppendiskussionen das Verständnis für das eigene Verhalten, das Verhalten anderer sowie interpersonaler Beziehungen zu verbessern und dadurch Verhaltensänderungen bei den Teilnehmern zu initiieren (vgl. Johns 1973, S. 116). Der Lernmechanismus basiert auf dem Erleben und Erfahren von gruppendynamischen Prozessen. Auf drei Ebenen sollen die Teilnehmer Verständnis aufbauen. Auf der persönlichen Ebene soll durch gegenseitiges Feedback ein besseres Selbstverständnis entwickelt und dadurch auch die eigene Rolle in der Gruppe wahrgenommen werden. Auf der Gruppenebene wird auf eine Verbesserung des Verständnisses für andere und für Gruppenprozesse abgezielt, welche die Teilnehmer ebenfalls durch den Austausch in der Diskussion erlangen sollen. In der T-Gruppe erleben sie am eigenen Leibe solche Gruppenprozesse und werden angehalten, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Dabei lernen sie konstruktives Feedback zu geben, zu erhalten und zugleich umzusetzen. Auf der Metaebene soll das Lernen gelernt und verstanden werden, welche Bedeutung Kommunikation im Miteinander einnimmt. Die praktische Anwendung des Themas Gruppendynamik in den Trainings sorgt für ein tiefergehendes Verständnis als beispielsweise ein Vortrag (vgl. Königswieser/Pelikan 1999, S. 101; Tannenbaum/Weschler/Massarik 1961, S. 125-130). Bereits vorhandenes theoretisches Wissen über Gruppendynamik kann von den Teilnehmern dabei praktisch überprüft und je nach Ergebnis verworfen oder vertieft werden (vgl. Johns 1973, S. 115).

Das Training, auch als Reflexions- und Selbststeuerungsübung beschrieben (vgl. Heintel 2008, S. 32), soll dafür sorgen, Fähigkeiten wie persönliches Einfühlungsvermögen, Diagnosefähigkeit und Verhaltensflexibilität auszuprägen (vgl. Johns 1973, S. 121). Verhaltensflexibilität meint hierbei, sich selbst die Möglichkeit zu geben, in einer Situation unterschiedliche Verhaltensalternativen zu erkennen, abzuwägen und umzusetzen (vgl. Tannenbaum et al. 1961, S. 125). Das im Training gewonnene Einfühlungsvermögen, die Diagnosefähigkeit und die Verhaltensflexibilität sowie die Erfahrung, was Integration und Identität in einer Gruppe und das Funktionieren von Gruppenprozessen bedeuten, sollen den Teilnehmern helfen, Veränderungssituationen im Alltag bzw. im Leben außerhalb der Gruppe zu meistern (vgl. Lackner 2008, S. 142f.).

Im Kontext von Organisationen soll die Veränderung von Verhaltensweisen der Teilnehmer für mehr Offenheit und Respekt gegenüber den Vorschlägen und Meinungen von Kollegen sorgen. Die T-Gruppe soll zur Einbeziehung anderer bei anfallenden Entscheidungen anregen und die Teilnehmer ermutigen bei der Lösung von Problemen zu experimentieren (vgl. Johns 1973, S. 125). Hier stehen vor allem Kommunikations- und interpersonale Probleme im Fokus (vgl. Tannenbaum et al. 1961, S. 168).

Ablauf/Vorgehen

Bei einem T-Gruppentraining gibt es weder einen vorgegebenen Ablauf bzw. eine Struktur noch wird ein Ziel, wie es bei vielen anderen Trainingsgruppen der Fall ist, vom Trainer vorgegeben. Der tatsächliche Inhalt eines solchen Trainings ist dementsprechend sehr flexibel (vgl. Tannenbaum et al. 1961, S. 169). Dennoch nimmt der Trainer eine wichtige Rolle ein, die für den Erfolg der T-Gruppe grundlegend ist. Er sorgt dafür, dass die Teilnehmer bei ihrer Diskussion auf den richtigen Weg gebracht werden. Der Trainer nimmt dabei jedoch nicht die Rolle eines „Lehrers“ oder eines „Diskussionsleiters“ ein, sondern bleibt passiv (vgl. Bradford 1972, S. 227). Da das Training nicht nach einem vorher bestimmten Plan verläuft, sondern flexibel durch die Teilnehmer gestaltet wird, liegt es bei dem Trainer, in den entscheidenden Momenten in das Gespräch der Gruppe einzugreifen (vgl. Johns 1973, S.116f). Ein solcher entscheidender Moment kann beispielsweise eintreten, wenn nach den anfänglichen allgemeinen Gesprächen wieder Stille und Unsicherheit herrscht. Der Trainer sollte nun das Gespräch auf die Verhaltensweisen der Teilnehmer lenken. Denn dann kann mit dem eigentlichen T-Gruppentraining begonnen werden: der Analyse von Verhaltensweisen und Miteinander. Die Trainer müssen sich stets auf die Bedingungen und Situationen in den unterschiedlichen T-Gruppen einlassen und darauf reagieren (vgl. Däumling 1999, S. 24f.). Nur eine gute Ausbildung und eigene Erfahrung sorgen für ein (für diese „passive Lenkung“ der Gruppe) nötiges Einfühlungsvermögen. Die Traineraufgabe besteht darin, eine anregende Lernsituation zu schaffen, Verhaltensvorbild zu sein, neue Werte einzuführen, den Teilnehmern die Kommunikation zu erleichtern und Expertenwissen in die Gruppendiskussion einzubringen (vgl. Tannenbaum et al. 1961, S. 135). Der Trainer sorgt außerdem dafür, die Gruppe auf das Thema des Trainings, was in dem Verhalten der einzelnen Mitglieder der T-Gruppe besteht, zu fokussieren (vgl. Johns 1973, S.116f.).

Zu Beginn eines Seminars liegt es in der Hand der Teilnehmer, dieses gemeinsame Ziel zu definieren. Dieser erste Schritt, für den eine gewisse Gruppendynamik erforderlich ist, stellt sich häufig als schwierigster dar. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Teilnehmer zunächst wegen fehlender Struktur verunsichert sind und Schwierigkeiten haben, sich selbst zu koordinieren. Die Gruppe untersucht sich im Prinzip selbst und muss gewisse Entwicklungsschritte gehen, um auch selbst steuerungsfähig zu werden (vgl. Schattenhofer 1999, S. 152). Anfangs zeigen sich in der Regel kommunikative Grenzen, da sogenannte Tabuthemen vorherrschen, die von den Teilnehmern nicht angesprochen werden. Bei erfolgreichem Verlauf des Trainings werden diese Grenzen überwunden, sodass die Teilnehmer das aussprechen, was sie denken und was sie bewegt. Auf diese Weise erfährt das Training eine Entwicklung und die Teilnehmer können etwas für ihr eigenes Arbeitsumfeld und Unternehmen mitnehmen (vgl. Schattenhofer 1999, S. 141).

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Die anfängliche Verunsicherung entwickelt sich im Laufe des Trainings oft zu Unverständnis und Frustration, da die Teilnehmer allmählich am Sinn und Zweck des Trainings zweifeln. In der anschließenden Phase stehen Emotionen wie Ärger, Wut und Verzweiflung im Vordergrund. Schließlich gibt es einen Wendepunkt, an dem das Gruppentraining akzeptiert wird, die Teilnehmer ehrlich ihre Meinung sagen und rege Diskussionen entstehen. Sie kommen zur Einsicht, dass diese Art des Trainings die Gruppendynamik ungemein stärkt und viele Dinge auch in ihren Unternehmen Anwendung finden können bzw. sie selbst als Führungskräfte nun manches besser verstehen (vgl. Tannenbaum et al. 1961, S. 141).

Anwendungsbereiche

In den letzten Jahrzehnten haben die Begriffe Teamwork und Teamfähigkeit deutlich an Bedeutung gewonnen. In Unternehmen wird vermehrt in Teams (auch Gruppen) gearbeitet. Die Fähigkeit in Teams zu arbeiten ist daher elementar und wird häufig als Erfolgsfaktor von Unternehmen gesehen. Teams, wie z.B. Projektgruppen, werden zusammengestellt, aufgelöst und einzelne Gruppenmitglieder werden ersetzt. Auf diese Dynamik, Mobilität und Flexibilität müssen die Individuen nicht nur gegenüber bekannten, sondern auch gegenüber unbekannten Personen eingehen und reagieren können (vgl. Heintel 2008, S. 33).

Die T-Gruppe kann als Methode eingesetzt werden, um Veränderungen in Organisationen anzustoßen und umzusetzen (vgl. Lackner 2008, S. 128). Die Unternehmen sind darüber hinaus sowohl von Wandel der Umwelt als auch von Wandel innerhalb der Organisation geprägt. Interaktion und Integration der Mitarbeiter sind daher unumgänglich. Dies setzt Konflikt-, Team- und Kommunikationsfähigkeit voraus. Das T-Gruppentraining ist eine von vielen Möglichkeiten um diese relationalen Qualifikationen von Mitarbeitern und insbesondere Führungskräften zu fördern. Auf diese Weise wird ihnen die Implementierung von organisationalem Wandel, neuen Arbeitsabläufen und -prozessen sowie Gruppennormen und -werten erleichtert (vgl. Buchinger 2008, S. 93f.).

Des Weiteren nimmt die Bedeutung neuer Führungsstile, die von sozialen Kompetenzen, Empathie und Kritikfähigkeit geprägt sind, zu. Innerhalb der T-Gruppen lernen die Teilnehmer auf andere Personen einzugehen, Konflikte zu erkennen und diese zu bewältigen. Dabei wird nicht nur die Selbststeuerungsfähigkeit von Gruppen verbessert, sondern auch eine Leistungssteigerung erzielt.

Häufig wird der Anschein erweckt, dass T-Gruppen seit den späten 1970er Jahren weniger geläufig sind, jedoch haben sich zu dieser Zeit aus dem Konzept der T-Gruppen viele Formen der Managemententwicklungstechniken (wie 360° Feedbackmethoden, Diversity Training etc.) entwickelt. Sie wurden als Methode genutzt, um Individuen in Organisationen bezüglich des Lernens an einem Individuum selbst, an einer Gruppe und auf organisationaler Ebene zu fördern. In etlichen Universitäten in den USA sind T-Gruppen Teil des Curriculums, um das Lernen über Gruppendynamik, Führung und Wandel voranzutreiben (vgl. Lingham/Richley/Royo 2005, S. 3ff).

Gestaltungsparameter und Wirkungshypothesen

Das T-Gruppentraining lässt durch die wenigen festgelegten Regeln Gestaltungsspielräume. Variieren kann beispielsweise die Gruppengröße. Folgende Wirkungshypothese lässt sich in diesem Zusammenhang aufstellen:

Wenn die T-Gruppe sehr klein ist, verläuft das Training nicht erfolgreich.

Begründen lässt sich diese Vermutung damit, dass bei kleinen Gruppen, wie zum Beispiel Dreier-Konstellationen, leicht ein Teilnehmer ausgegrenzt wird, sich dadurch nicht wohl fühlt und auch nicht frei sprechen möchte. Dies würde der für das T-Gruppentraining typischen Gruppenerfahrung im Wege stehen. Allerdings ist dieses zugleich teilnehmerabhängig. Möglicherweise besteht eine kleine Gruppe ausschließlich aus kommunikativen Personen, sodass die Gruppengröße unter diesem Umstand nicht hinderlich für den Erfolg des Trainings ist.

Weitere Gestaltungmöglichkeiten bietet der Trainer; so kann beispielsweise das Alter variieren und er kann für die Durchführung des Trainings intern oder extern angestellt sein. Auch hier lassen sich Wirkungshypothesen aufstellen:

Wenn der Trainer älter ist als die Teilnehmer des Trainings, verläuft das Training erfolgreicher. Wenn das Training extern durchgeführt wird, verläuft es erfolgreicher.

Erklärungsansätze zur Altershypothese sind die Erfahrung des Trainers und dessen Anerkennung durch die Teilnehmer als Respektsperson, die bei vergleichsweise höherem Alter leichter zu erreichen ist. Je nach Umständen verhält sich jedoch ein Trainer auch nicht altersentsprechend, welches letztlich zu einer Abschwächung der Wirkung führt. Die Externes-Training-Hypothese lässt sich durch die Fremdheit des Trainers erklären. Die Teilnehmer können frei sprechen, da sie dem Trainer (und den anderen Teilnehmern) unbekannt sind und ihre Aussagen nicht an ihrem Arbeitsplatz gegen sie verwendet werden können. Doch auch hier lassen sich einschränkende Umstände aufzeigen. Handelt es sich bei dem Grund für das T-Gruppentraining um den Versuch das Miteinander innerhalb eines Unternehmens zu verbessern, ist eine interne Ausrichtung sicher sinnvoller.

Eine weitere Wirkungshypothese lautet wie folgt:

Wenn der Mensch gut ist und in der Lage sich konstruktiv mit anderen und sich selbst auseinander zu setzen, verläuft das Training erfolgreich.

Diese Hypothese leitet sich von der Vorstellung des allgemeinen Menschenbildes ab. Grundlage ist hierbei die Idee, dass nur wer sich verbessern will und motiviert am Training teilnimmt, die Möglichkeit zur Absolvierung eines erfolgreichen Trainings hat. Doch diese Hypothese kann sich unter bestimmten Umständen ebenfalls als falsch herausstellen. Denn auch wenn es stimmen sollte, dass der Mensch grundsätzlich gut ist, kann er einen schlechten Tag haben und sich während der T-Gruppen-Arbeit anders verhalten als üblicherweise. Dann würde das Training trotz des Guten im Menschen nicht erfolgreich verlaufen.

Kritische Würdigung

Entscheidend für die erfolgreiche Anwendung von T-Gruppen ist die Motivation und die Fähigkeit der Beteiligten sich zu ändern sowie die Übertragung des Gelernten in die Praxis. Ein Problem stellen dabei oft Verteidigungsmechanismen dar, welche den Lernfortschritt der Teilnehmer behindern. Vor allem starke Angstgefühle und Sorgen, welche durch das Infragestellen der Selbstkonzepte der Teilnehmer entstehen, blockieren den Veränderungs- und Lernprozess (vgl. Tannenbaum et al. 1961, S. 136). Daher ist es besonders wichtig eine unterstützende Atmosphäre zu entwickeln und Vertrauen bei den Teilnehmern aufzubauen. Auf diese Weise kann die Möglichkeit zur Offenheit, zum Experimentieren und zur Evaluation geschaffen werden, welche wichtige Grundvoraussetzungen des Wirkungsmechanismus von T-Gruppentraining darstellen (vgl. Johns 1973, S. 127). Weiterhin ist eine solche Art des Trainings nicht für jeden geeignet, da es bei bestimmten Menschen keinen Effekt erzielen kann. Denn die Teilnehmer müssen an die Möglichkeit einer Veränderung glauben und motiviert sein aus dem Training etwas für sich mitzunehmen. Einstellungen wie „Veränderungen der Natur des Menschen ist nicht möglich” oder „ich weiß selbst am besten über mich Bescheid” verhindern eine erfolgreiche Teilnahme an einem Gruppentraining (vgl. Tannenbaum et al. 1961, S. 138). Auch Personen, die sehr introvertiert sind, sich in sozialen Gruppen nicht wohlfühlen und Personen, die nur schwer Beziehungen aufbauen, können mit der Methode nichts anfangen (vgl. Johns 1973, S. 121).

Die Anwendung der im Training erlangten Erkenntnisse in der Praxis sollte ebenfalls kritisch beleuchtet werden. Voraussetzung für eine effektive und permanente Veränderung von Verhaltensweisen und damit einhergehenden Wertvorstellungen ist die Akzeptanz und das Verständnis der Veränderung von allen Mitgliedern der sozialen Systeme, in denen die Teilnehmer in der Praxis agieren (vgl. Johns 1961, S.127). Muster in Systemen sind schwer zu verändern, sodass die Gefahr besteht, dass die Teilnehmer schnell in alte Verhaltensweise zurückfallen. Das Training findet in einer anderen sozialen Umgebung statt als die, in der das Gelernte umgesetzt werden muss. Dies erschwert die Anwendung der im Training erlangten Erkenntnisse (vgl. Tannenbaum et al. 1973, S. 167). Nichtsdestotrotz zeigt sich, dass bei Teilnehmern von T-Gruppen häufiger Verhaltensänderungen zu beobachten sind, als bei Kontrollgruppen ohne Training. Es konnten Veränderungen in den Bereichen Offenheit und Toleranz gegenüber neuer Informationen und der Meinungen anderer beobachtet werden. Auch häufigere Kommunikation und ein erhöhter Wille Risiken einzugehen werden als positive Veränderungen wahrgenommen. Dieser Effekt ist jedoch nicht immer als sinnvoll und konstruktiv anzusehen. Eine erhöhte Sensibilität und Sensitivität von Managern ist aus Sicht einer Organisation nicht zwangsläufig wünschenswert, da dies auch die Entscheidungsfähigkeit behindern kann. Sie wollen auf alle Beteiligten eingehen und sind somit von der eigentlichen Entscheidung abgelenkt. Ein weiteres Problem im Managementkontext kann sein, dass ehemalige Teilnehmer sehr lange über die möglichen Auswirkungen ihrer Entscheidungen nachdenken und dadurch nicht mehr in der Lage sind überhaupt Entscheidungen zu treffen (vgl. Johns 1973, S. 121).

Insgesamt sind der Erfolg und die Auswirkungen eines T-Gruppentrainings nur schwer messbar, da die Veränderung von interpersonalen Fähigkeiten nur schwer messbar ist. Durch die offene Gestaltung der Inhalte eines T-Gruppentrainings ist es außerdem kaum möglich, dieses einzusetzen, um konkrete Konflikt- und Problemsituationen zu lösen. Hinzu kommen die mit dem Training verbundenen Kosten sowie der Zeitaufwand von ca. 10 Sitzungen (Dauer ca. 2 Stunden).

Dennoch sind T-Gruppen als wirkungsvolle Methode zur Verbesserung interpersonaler Fähigkeiten anzusehen. Insbesondere im Vergleich zu konventionellen Methoden der einfachen Präsentation von Wissen, kann durch die direkte Anwendung und durch das Erlangen von eigenen Erfahrungen eine deutlich tiefergehende Verankerung erreicht werden (vgl. Johns 1973, S. 121).

Literatur

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Bradford, L. P., Gibb, J. R., & Benne, K. D. (Hrsg.). (1972). Gruppen training: T-Gruppentheorie und Laboratoriumsmethode. Stuttgart: Klett.


Buchinger, K. (2008). Teamarbeit und der Nutzen der Gruppendynamik für heutige Organisationen. In P. Heintel (Hg.), Schriften zur Gruppen- und Organisationsdynamik: Vol. 4. Betrifft: TEAM. Dynamische Prozesse in Gruppen (2. Aufl., S. 92–125). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.


Däumling, A. (1999). Sensitivity Training. In K. Antons & O. König (Hrsg.), Reihe Profil-Lehrbücher : Psychologie. Gruppendynamik. Geschichte, Theorien, Methoden, Anwendungen, Ausbildung (3. Aufl., S. 18–43). München, Wien: Profil.


Heintel, P. (Hg.). (2008). Schriften zur Gruppen- und Organisationsdynamik: Vol. 4. Betrifft: TEAM: Dynamische Prozesse in Gruppen (2. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.


Johns, E. A. (1973). The Sociology of Organizational Change. Oxford: Pergamon Press.


Königswieser, R., & Pelikan, J. (1999). Anders - gleich - beides zugleich.: Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Gruppendynamik und Systemansatz. In K. Antons & O. König (Hrsg.), Reihe Profil-Lehrbücher : Psychologie. Gruppendynamik. Geschichte, Theorien, Methoden, Anwendungen, Ausbildung (3. Aufl., S.95-128). München, Wien: Profil.


Lackner, K. (2008). Zur Aktualität von T - Gruppen: Überlegungen zum Nutzen der Erfahrung aus T - Gruppen. In P. Heintel (Hg.), Schriften zur Gruppen- und Organisationsdynamik: Vol. 4. Betrifft: TEAM. Dynamische Prozesse in Gruppen (2. Aufl., pp. 126–144). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.


Lewin, K. (1945). The Research Center for Group Dynamics at Massachusetts Institute of Technology. Sociometry, 8(2), 126. doi:10.2307/2785233


Schattenhofer, K. (1999). Was ist eine Gruppe?: Gruppenmodelle aus konstruktiver Sicht. In K. Antons & O. König (Hrsg.), Reihe Profil-Lehrbücher : Psychologie. Gruppendynamik. Geschichte, Theorien, Methoden, Anwendungen, Ausbildung (3. Aufl.). München, Wien: Profil.


Schwarz, G., Heintel, P., & Sattler, H. (1993). Gruppendynamik: Geschichte und Zukunft. Wien: WUV-Universitätsverlag.


Tannenbaum, R., Weschler, I. R., & Massarik, F. (1961). Leadership and Organization. New York: Routledge.


Warhanek, C. (2005). Management-Trainings: Den Nutzen steigern durch Professionalität und Organisationsbezug (2. Aufl.). SpringerLink : Bücher. Wiesbaden: Gabler Verlag.


Wimmer, R. (2008). Das besondere Lernpotenzial der gruppendynamischen T-Gruppe: Seine Bedeutung für die Steuerung des Kommunikationsgeschehens in komplexen Organisationen. In P. Heintel (Hg.), Schriften zur Gruppen- und Organisationsdynamik: Vol. 4. Betrifft: TEAM. Dynamische Prozesse in Gruppen (2. Aufl., pp. 36–52). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.