Personalpolitische Blaupausen

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Personalpolitische Blaupausen (Organizational Blueprints)

Organizational Blueprints bezeichnen personalpolitische Gestaltungsformen in einer Organisation. Der Begriff geht auf die amerikanischen Wissenschaftler James N. Baronund Michael T. Hannan zurück. In einer Langzeitstudie untersuchten die Wissenschaftler den Einfluss verschiedener Formen der Ausgestaltung des Personalmanagements (Organizational Blueprints) auf den Erfolg von Start-Ups. Fünf Blueprints (deutsch Blaupause, Entwurf) beschreiben das Personalmanagement eines Unternehmens: Commitment, Star, Engineering, Bureaucracy und Autocracy.

Problem und Begriffe

Problemhintergrund des Ansatzes

Der Ansatz der "Organizational Blueprints" beruht auf einer Langzeitstudie über die personalpolitische Entwicklung von etwa 170 Start-Up-Unternehmen im Silicon Valley [1]. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass das personalpolitische Engagement in erheblichem Maß den Unternehmenserfolg beeinflusst. Es ist sehr stark vom Willen des Gründers geprägt.

Personalpolitik und Personalstrategie

Eine Personalstrategie spiegelt einen Handlungsplan wieder. Der Fokus liegt auf einer Ausrichtung der Personalarbeit und beschäftigt sich mit personalseitigen Maßnahmen, die notwendig sind, um das Unternehmensziel zu erreichen. Eine Personalstrategie ist eine Planungs- und Orientierungshilfe. Der Wille des Gründers formt und gestaltet die Personalstrategie und spiegelt somit den Kerngedanken des Voluntarismus wieder.

Die Personalpolitik stellt ein Handlungsmuster dar und umfasst die Grundsätze und Entscheidungen, die sich auf die folgenden wechselseitigen Beziehungen zwischen

  • Arbeitnehmer und Arbeitgeber,
  • Arbeitnehmern untereinander und
  • Arbeitnehmern und deren Arbeit

beziehen.

Wesentliche Bestimmungsgrößen der Personalpolitik sind dabei

  • die Steigerung der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter,
  • die Förderung der Leistungsbereitschaft und
  • die Sicherung der Leistungsmöglichkeit.

Daneben gibt es aber eine ganze Reihe weiterer Bestimmungsgrößen, die in ihrem Zusammenwirken dafür sorgen, dass sich ein bestimmtes, für ein Unternehmen typisches, Handlungsmuster herausbildet. Große Bedeutung kommt z.B. politischen Im Vergleich zur Personalstrategie umfasst die Personalpolitik eine politische Ebene, welche die Durchführung einzelner Interessen und Entscheidungen legitimiert. Die ersten HRM-Aktivitäten haben einen Einfluss auf den zukünftigen Werdegang eines Unternehmens. Im Sinne des Voluntarismus, formt der Gründer nach seinem Willen HRM-Aktivitäten und kann diese individuell beeinflussen. Dennoch wird dieser Einfluss langfristig geringer durch äußere soziale Prozesse, wie bspw. ein wachsendes Unternehmen, steigende Komplexität der Geschäftsprozesse oder steigende Mitarbeiterzahl. Demnach entspricht der Ansatz der Organizational Blueprints weder eine reinen voluntaristischen, noch einer prinzipiellen deterministischen Betrachtungsweise. Es handelt sich vielmehr um eine Art Mischform.

Der Einfluss der Personalpolitik und -strategie auf die Unternehmenspolitik

Die Unternehmenspolitik bildet die Grundlage aller Entscheidungen, die das Unternehmensgeschehen beeinflussen [2]. Die Personalpolitik leitet sich oftmals aus den Zielen der Unternehmenspolitik ab. Der Ansatz der Organizational Blueprints hingegen beschreibt eine strikte Kopplung von Personal- und Unternehmenspolitik. Bei Neugründungen wird dieser Zusammenhang mit der simultanen Beschäftigung von Unternehmens- und personalpolitischen Zielen begründet. Sowohl die Auswahl der Mitarbeiter, als auch die Art und Weise, wie die Arbeit im Unternehmen organisiert werden soll, kann maßgeblich die Unternehmenspolitik und das Unternehmensziel beeinflussen. Die Organisationsstrukturen in einem neu gegründeten Unternehmen sind flexibel und veränderbar. Die Unternehmenspolitik kann sich daher auch aus der Personalpolitik ableiten. Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Unternehmenspolitik und der Personalpolitik kann als reziprok bezeichnet werden. Die Form und Richtung der Abhängigkeit kann sich im zeitlichen Verlauf des Unternehmens verändern oder auch durch weitere Faktoren verursacht werden, wie bspw. Wachstum des Unternehmens und Wandel des Marktes.

Typisierung

Typenbildende Merkmale

Dimensionen der Organizational Blueprints Merkmalsausprägungen
Mitarbeiterbindung (englisch: Attachment)
  • Kompensation (Geld)
  • Qualität der Arbeit (Tätigkeit)
  • Arbeitsgruppe als Gemeinschaft (Zuneigung)
Mitarbeiterauswahl (englisch: Selection)
  • Fähigkeiten (Qualifikation)
  • Außerordentliches Talent (Potenzial)
  • Zusammenpassen mit Team oder Organisation (Fit)
Kontroll- /Koordinationsmechanismus (englisch: Control/Coordination)
  • Direkte Kontrolle (unmittelbar)
  • Kollegiale oder kulturelle Kontrolle (Kollegial/Kulturell)
  • Vertrauen auf professionelle Standards (Professionell)
  • Prozesse und Abläufe (Förmlich)

Die wesentlichen Merkmale der Organizational Blueprints werden durch drei Dimensionen beschrieben. Die Dimensionen leiten sich aus den Vorstellungen von Gründern über geplante HRM-Aktivitäten in der Unternehmensaufbauphase ab.

Mitarbeiterbindung

Die Dimension Mitarbeiterbindung bezieht sich auf die Art der Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit den Ausprägungen: Zuneigung (englisch: Love), Tätigkeit (englisch: Work), Geld (englisch: Money).

  • In der Ausprägung Zuneigung wird der Fokus auf die Gemeinschaft in der Arbeitsgruppe gelegt. Das Arbeitsverhältnis ist familiär. Emotionales Wohlbefinden soll die Leistung der Mitarbeiter fördern und Kündigungen sowie Abwanderungen von hoch qualifiziertem Personal verhindern.
  • Bei dem Faktor Tätigkeit stehen interessante und herausfordernde Eigenschaften der Arbeit im Vordergrund. Arbeitnehmer sollen selbständig arbeiten und hohe Leistung erzielen. Die individuelle, zwischenmenschliche Beziehung zum Arbeitnehmer rückt in den Hintergrund.
  • Die Form Geld behandelt vorrangig den Austausch von Arbeitskraft gegen monetäre Leistung.

Mitarbeiterauswahl

Bei der Dimension Mitarbeiterauswahl geht es um Personalauswahlkriterien bei der Personalakquise. Die Ausprägungen werden als Potenzial (englisch: Potential), Qualifikation (englisch: Skills) und Fit (englisch: Fit) bezeichnet.

  • Die Ausprägung Potenzial beschreibt eine Form der Personalakquise, die auf eine langfristige Potenzialentwicklung der Arbeitnehmer Wert legt.
  • Im Vergleich hierzu suchen die Gründer mit der Präferenz Qualifikation nach Arbeitnehmern, die durch ihre Erfahrung und ihr Wissen sofort einsetzbar sind und somit laufende Projekte direkt unterstützen können. Die Intention liegt in einer Zeit- und Kostenreduzierung durch sofortige Besetzung der Stelle mit hochqualifizierten Kandidaten.
  • Die Ausprägung Fit fokussiert sich auf persönliche und zwischenmenschliche Eigenschaften. Demnach ist bei der Auswahl des Personals besonders entscheidend, ob der zukünftige Arbeitnehmer mit seinen Werten und Einstellungen zur Organisation passt.

Kontroll- /Koordinationsmechanismus

Die Dimension Kontroll- /Koordinationsmechanismus bezieht sich auf die Arbeit der Organisationsmitglieder, welche die Ausprägungen Kollegial/Kulturell (englisch: Peer/Cultural), Professionell (englisch: Professional), Förmlich (englisch: Formal) und Unmittelbar (englisch: Direct) umfassen.

  • Ein Großteil der untersuchten Gründer, strebt die Ausprägung Kollegial/Kulturell an. Dieser Kontrollmechanismus stellt die gegenseitige Abhängigkeit von Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den Vordergrund und hebt die Bedeutung von informellem Feedback hervor.
  • Der Kontroll-und Koordinationsmechanismus Professionell wird hingegen in Unternehmen eingesetzt, welche Arbeitnehmer beschäftigen, die es als selbstverständlich erachten Leistung zu erbringen. Diese Arbeitnehmer werden oftmals von Elite-Einrichtungen rekrutiert, um ein hohes Maß an Expertise, Motivation und Engagement sicher zu stellen. Autonomes und unabhängiges Arbeiten steht in dieser Ausprägungsform im Vordergrund.
  • Die Ausprägung Förmlich befasst sich mit einer traditionellen Perspektive der Kontrolle und Koordination und geht von formal implementierten Prozessen und Systemen aus.
  • Bei der Ausprägung Unmittelbar streben die Gründer eine persönliche Kontrolle und Koordination der Arbeit ihrer Arbeitnehmer an.

Charakteristika der Typen

Aus den möglichen Kombinationen der einzelnen Dimensionen ergeben sich Charakteristika für fünf Blueprint Typen. Die fünf Blueprint Typen bilden mögliche personalpolitische Gestaltungsformen in einem neugegründeten Unternehmen ab.

Übersicht Charakteristika der fünf Blueprints

Star

Der Star Blueprint zeichnet sich bei der Art der Bindung durch eine herausfordernde Arbeit aus. Die Arbeitnehmer arbeiten autonom und leistungsorientiert. Das Personal wird primär aus Elite-Institutionen rekrutiert, wobei Wert auf eine langfristige Potenzialentwicklung gelegt wird.

Original Zitat Gründer: “We recruit only top talent, pay them top wages, and give them the resources and autonomy they need to do their job.”

Commitment

Die Beziehungen im Commitment Blueprint basieren auf einer emotionalen und familiären Bindung. Die Kontrolle und Koordination erfolgt über ein Feedback auf Augenhöhe. Die Auswahl des Personals beruht auf der Analyse eines passenden kulturellen Fits.

Original Zitat Gründer: “I wanted to build the kind of company where people would only leave when they retire.”

Bureaucracy

Bei dem Bureaucracy Blueprint basiert die Bindung des Arbeitsverhältnisses auf einer hohen Leistungsorientierung und formellen Kontrolle. Die Auswahl des Personals richtet sich nach der erforderlichen spezifischen Eignung einer zu besetzenden Stelle. Der Blueprint bezieht sich nicht auf die heutzutage weit verbreitete, zunehmend negative Konnotation von Bürokratie, sondern lehnt sich an die Definition von Max Weber an und ist demnach eine Form des Organisierens ([3]).

Original Zitat Gründer: “We make sure things are documented, have job descriptions for people, project descriptions, and pretty rigorous project management techniques.”

Engineering

Der Engineering Blueprint beschreibt Arbeitsverhältnisse basierend auf herausfordernder Arbeit. Die Kontrolle und Koordination beruht auf Gruppen- und Einzelfeedback durch Arbeitskollegen und Unternehmenskultur. Bei der Auswahl des Personals fokussiert sich das Unternehmen auf die Eignung bestimmter Fähigkeiten.

Original Zitat Gründer: “We were very committed. It was a skunk-works mentality and the binding energy was very high.”

Autocracy

Der Autocracy Blueprint beschreibt eine Mitarbeiterbindung, die auf monetären Anreizen beruht. Der Kontrollmechanismus basiert auf einer direkten Aufsicht und die Personalauswahl richtet sich nach notwendigen Qualifikationen für eine bestimmte Aufgabe.

Original Zitat Gründer: “You work, you get paid.”

Veranschaulichung

Die Autoen Baron, Hannan und Kreps gingen zunächst davon aus, dass der Engineering Blueprint zwar am häufigsten vertreten sein müsste, aber auch eine messbare Häufigkeit der anderen Blueprints zu erwarten sei. Dabei stützen sich die Forscher auf die Theorie der Homogenisierung der Unternehmen nach DiMaggio [4].

Verteilung der Blueprints

Tatsächlich weißt die Verteilung der Blueprints aber doch eine deutliche Streuung auf. Die Mehrheit der Blueprints liegt in der Kategorie Non-Type. Die Bezeichnung Non-Type beschreibt Fälle, die nicht eindeutig einem der fünf Blueprints zuzuordnen sind. Dieser Zustand kann sich als Zwischenstation einstellen.

Unterschiede bei der Wahl des Blueprints können mit der Industrie oder der Strategie des Unternehmens erklärt werden. Der Star Blueprint dominiert bspw. in der medizinischen und biomedizinischen Industrie. Start-ups die hingegen mit ihrem Marketing, Services und Dienstleistungen überzeugen wollen, wählen eher ein Commitment Blueprint. Die Vielfalt in der Verteilung der Blueprints lässt darauf schließen, dass die Gründer im Silicon Valley aufgrund eines dynamischen, wettbewerbsgeprägten Umfeldes unterschiedliche Blueprints als Teil einer differenzierteren Wettbewerbsstrategie für ihr Unternehmen verfolgen.

Erklärung

Determinanten und theoretische Einbettung

Der gewählte Blueprint hat einen Einfluss auf unternehmensinterne Prozesse, mitarbeiterrelevante Kennzahlen und auf die allgemeine Leistungsfähigkeit des Unternehmens.

Zustandekommen eines Blueprints

Unterschiedliche Blueprints entstehen, wenn sich Unternehmen HRM-Aktivitäten in unterschiedlicher Prioritäten annehmen. Das Zustandekommen von verschiedenen Blueprints wird durch folgende Determinanten beeinflusst:

  • Ziele bei der Personalakquise: Die Ziele bei der Personalakquise können vor allem hinsichtlich der Aspekte Aufwand, Anspruch und Kompromissfähigkeit variieren. Favorisiert ein Unternehmen hoch qualifiziertes Personal, das sofort einsetzbar ist, stellt dies ein Indiz für die Herausbildung eines Engineering Blueprints dar.
  • Ziele des innerbetrieblichen Miteinanders: Legt ein Unternehmer besonderen Wert auf eine ausgeprägte und kollegiale Unternehmenskultur, stellt dies wiederrum ein Indiz für den Commitment Blueprint dar.
  • Ziele der Kontroll- und Koordinationsmechanismen: Bevorzugt ein Unternehmer eine direkte Kontrolle der Mitarbeiter kann geschlussfolgert werden, dass alle Blueprints bis auf den Autocracy Blueprint für diesen Unternehmer eher nicht wünschenswert sind.
  • Aufzeigen von Unterscheidungsmerkmalen zu Mitbewerbern: Möchte ein Unternehmen sich von Wettbewerbern durch etwas anderes als das Produkt abheben, kann ein Blueprint gewählt werden, der bspw. für diese Industrie untypisch ist, oder speziell auf die Bedürfnisse einer zukünftigen Generation der Mitarbeiter abgestimmt ist.
  • Persönliche Eigenschaften der verantwortlichen Person: Die persönlichen Präferenzen eines Gründers oder eines schon erfahrenen Unternehmers bestimmen maßgeblich in welchem Blueprint er sich wiederfindet und welchen er ausüben möchte.

Der Wechsel eines Blueprints

Die Studie beobachtete die Studienteilnehmer über einen längeren Zeitraum hinweg und konnte folglich auch bzgl. Blueprintwechsel wissenschaftliche Rückschlüsse ziehen. Die Ergebnisse stellen sich zahlentechnisch wie folgt dar:

  • von 165 Start-ups haben 50.9 % ihren gesamten Blueprint beibehalten,
  • 10.9 % ihren gesamten Blueprint gewechselt und
  • 29.7 % eine Merkmalsausprägung der drei Dimensionen verändert.

Die Stabilität des Blueprints ist nach den genannten Zahlen diskutabel und relativ. Der häufigste Wechsel fand von dem Engineering Blueprint zu dem Bureaucracy Blueprint statt. Auch der Wechsel in der Geschäftsführung hat einen Einfluss auf die Stabilität des Blueprints. In ca. drei Viertel der Fälle hat dies einen kompletten Wechsel des Blueprints mit sich gezogen, mit der Tendenz zur Bürokratisierung. Ein Wechsel zwischen sehr verschiedenen Blueprints, bspw. Commitment und Bureaucracy, ist eher unüblich. Wenn die Anfangsaktivitäten des Start-ups inhaltlich auf den Organisationsaufbau ausgerichtet sind, ist es wahrscheinlicher, dass der ursprüngliche Blueprint beibehalten wird.


Unterscheidung der Blueprints in nur einer Ausprägung


Die Studie belegt lediglich, dass Wechsel stattfanden, aber nicht genauer warum und wann. Die häufigen Wechsel von Engineering zu Bureaucracy dürften unter anderem auch darauf zurückzuführen sein, dass sich diese Blueprint in nur einer der drei Dimensionen unterscheiden. Je größer die unterschiedlichen Ausprägungen zweier Blueprints, umso unwahrscheinlicher ist ein Wechsel zwischen ihnen. Ein Wechsel des Blueprints kann auch dann auftreten, wenn der Gründer das Unternehmen an einen neuen Geschäftsführer übergibt und sich deren Vorstellungen über den Organisationsaufbau nicht decken. Geschäftsführer, die nach dem Gründer in das Unternehmen traten, waren meistens eher in dem Blueprint Bureaucracy einzuordnen. Der Wille des Inhabers hat aber dennoch erhebliche Auswirkungen auf den Blueprint der Organisation, selbst bei einem Wechsel der Führung. Blueprint-Wechsel gehen häufig mit einer Steigerung der Mitarbeiterfluktuation und verringerter Leistungsfähigkeit einher, da sich die Mitarbeiter mit disruptiven Wechseln nicht identifizieren können, sich nicht wertgeschätzt fühlen oder das Unternehmen verlassen.

Leistung

Der gewählte Blueprint hat einen Einfluss auf die messbare Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Drei Leistungskriterien werden näher dargestellt:

  • IPO (Initial Public Offering): Das Streben und die Geschwindigkeit des ersten Börsengangs stellt eine gängige Größe dar den Erfolg und die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens zu messen.
  • Wahrscheinlichkeit des Scheiterns: Die Wahrscheinlichkeit von Überleben und Versagen ergibt sich aus der kommerziellen Leistungsfähigkeit des Unternehmens.
  • Wahrscheinlichkeit der Kapitalmaximierung: Unternehmen haben nach dem Börsengang die Intention das Kapital zu maximieren. Steigt die Leistungsfähigkeit des Unternehmens, so steigt auch die Wahrscheinlichkeit an der Börse das Kapital, durch steigendes Interesse der Aktionäre, zu maximieren.

Bei den Kennzahlen ist zu berücksichtigen, dass auch weitere statistische Faktoren einen Einfluss haben können, wie bspw. das Alter des Unternehmens, die Industrie oder die Unternehmensstrategie. Weder der meiste gewählte Blueprint Engineering, noch die Vermeidung der Wahl eines konkreten Blueprints, hat einen umfassenden positiven Einfluss auf den langfristigen Erfolg eines Unternehmens.

  • Der Commitment Blueprint zeichnet sich durch einen schnellen Börsengang und eine geringere Wahrscheinlichkeit des Scheiterns aus. Der Erfolg, gemessen an der Wahrscheinlichkeit vom Überleben am Markt, ist in dem Commitment Blueprint höher als in dem Autocracy Blueprint. Der Commitment Blueprint hat außerdem eine höhere Wahrscheinlichkeit des IPO‘s.
  • Bei der Kapitalmaximierung sind Unternehmen mit einem Star Blueprint am stärksten.

Die Leistungsfähigkeit im Commitment Blueprint im Vergleich zum Autocracy Blueprint kann durch eine höhere Anpassungsfähigkeit der Mitarbeiter und der Organisation im Commitment Blueprint sowie einer generell höheren Loyalität gegenüber dem Unternehmen beschrieben werden. Anpassungsfähigkeit und Loyalität werden durch die Ausprägung Zuneigung der Dimension Mitarbeiterbindung verstärkt. Marktdynamiken werden im Commitment Blueprint von diversen Akteuren im Unternehmen wahrgenommen und analysiert. Die hohe Verbundenheit der Mitarbeiter zur Organisation führt zu einem verstärkten Verpflichtungsgefühl, welches mit einer aktiven Partizipation und Problemlösung einhergeht.

Die hohe Wahrscheinlichkeitsrate des Versagens des Autocracy Blueprints kann mit einer fehlenden Anpassung innerbetrieblicher und zwischenmenschlicher Beziehungen begründet werden. Der Blueprint stellt eine starre, hierarchische Struktur mit gezielter Top-Down Kommunikation dar. Dynamische und sich schnell wandelnde Marktmechanismen können im Extremfall die Autokratie in ihrer Handlungsvielfalt beeinflussen. Diese Beeinflussung hat eine negative Konnotation, die darauf abzielt, dass lediglich ein Akteur in dieser Organisation sämtliche externe und interne Einflüsse verarbeitet und in Handlungen umsetzt. Aufgrund fehlender Feedback- und Austauschmöglichkeiten mit Kollegen oder durch die Kultur kann die Wahrscheinlichkeit von Fehlentscheidungen steigen.

Stabilitätsbedingungen

Das Konzept der Organizational Blueprints basiert u.a. auf der Annahme, dass Gründer bei dem Aufbau ihres Unternehmens einer bewusst oder unbewusst konstruierten Personalpolitik folgen und diese mitgestalten. HRM-Aktivitäten laufen zwangsläufig in der Anfangsphase eines Unternehmens ab, bspw. die für den Unternehmensaufbau notwendige Personalbeschaffung oder die Personalabrechnung, auch wenn diese Tätigkeiten nicht immer als HRM-Aktivitäten identifiziert werden. Die hergeleiteten Blueprints spiegeln eine mögliche organisationale Form des Personalmanagements dar, die auf intuitiven Aussagen der Gründer aus der Studie beruhen. Daher können folgende Stabilitätsbedingungen herausgestellt werden. Ein Blueprint ist als tendenziell stabil zu erachten, wenn:

  • der Blueprint beibehalten wird und kein Wandel oder Wechsel vollzogen wird.
  • der Blueprint abgestimmt ist auf die gegenwärtige und gleichzeitig auch auf die zukünftige Strategie des Unternehmens.
  • die innere Konsistenz der Blueprints sichergestellt ist, dies hat vor allem bei dem Commitment Blueprint eine besondere Bedeutung.
  • der Blueprint zu der entsprechenden Industrie passt.
  • die konsequente Durchsetzung des Blueprints gewahrt wird.
  • kein Führungswechsel vollzogen wird.

Fraglich ist, inwieweit die Ergebnisse der Studie auf andere Industrien übertragbar sind und als sachdienliches Framing verwendet werden können. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass die Anwendung des Konzepts auf andere Industrien dieselben Resultate erzielt. Die Studie konzentriert sich in seiner Konzeption primär auf menschliche und zwischenmenschliche Faktoren und nur sekundär auf die Industrie. Daher können die Marktbedingungen und die Industrien bei der Anwendung dieses Konzeptes durchaus variieren. Die individuellen menschlichen Bedürfnisse, Erwartungen und Präferenzen ändern sich jedoch in der Regel nicht und gerade hieraus leiten sich die Organizational Blueprints ab. Eine unterschiedliche Verteilung der Blueprints in einer anderen Industrie ist durchaus denkbar, beeinflusst dennoch die Anwendungsmöglichkeiten dieses Konzeptes nicht.

Anwendung

Organizational Blueprints spielen auch bei Change-Phänomen eine Rolle, wie bspw. beim Outsourcing. Im Folgenden wird dargestellt und verglichen mit welchen Umständen die Unternehmen mit dem Star Blueprint und dem Commitment Blueprint bei der Umsetzung des Wandels konfrontiert werden.

Bedeutung für ein Change-Phänomen

Die Personalpolitik spielt bei Change-Prozessen eine entscheidende Rolle. Unternehmen in der Aufbauphase sind einem stetigen Wandel der Marktbedingungen ausgesetzt. Externe Einflüsse, wie bspw. neue Trends auf dem Markt, oder eine Nachahmung der Produkte und Services sowie daraus resultierende Preiskämpfe, beeinflussen Start-ups maßgeblich. Aus strategischen Gründen streben Unternehmen oft flexible Strukturen an, um ihre Anpassungsfähigkeit zu erhöhen. Es kann folglich zielführend sein, sich als Start-up auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren und die übrigen Abteilungen, bspw. die Produktion oder den Vertrieb, auszulagern (Outsourcing). Der Begriff Outsourcing bezeichnet im Folgenden die Abgabe von Unternehmensaufgaben und -strukturen an externe Dienstleister. Hierbei werden bisher intern erbrachte Leistungen fremdbezogen [5]. Die Wahl des Organizational Blueprints kann die Anpassungsfähigkeit der Unternehmen beeinflussen, als auch die Entscheidung des Outsourcings beeinträchtigen. Denn es ist gilt: Jede Auslagerung hat auch personalpolitische Folgen.

Fallbeispiel

Die beiden Unternehmen des Fallbeispiels sehen sich mit der Situation konfrontiert aufgrund einer stetig steigenden Nachfrage, die eigene Produktion neu aufzustellen. Die Unternehmen bauen in der Anfangsphase die Produktion selbstständig auf und besetzen die Posten mit eigenen Mitarbeitern. Aus kosteneffizienten Gründen lagern die Unternehmen die Produktion aus. Da die Unternehmen derzeit Personal in der Produktion beschäftigen, ist mit einem Personalabbau zu rechnen.

  • Unternehmen A wählt zu Beginn der Gründung den Commitment Blueprint. Hierdurch wollen die Gründer ein Wir-Gefühl schaffen und Personal auswählen, das sich mit dem Unternehmen, aber vor allem mit den anderen Mitarbeitern, verbunden fühlt. Die Commitment-Kultur liegt dem Gründer in Unternehmen A sehr am Herzen.
  • Unternehmen B wählt zu Beginn der Gründung den Star Blueprint. Die Gründer wollen ihren Mitarbeitern herausfordernde Arbeit bieten und gewähren dadurch Autonomie und Selbstständigkeit. Das Personal wird von Elite-Institutionen rekrutiert und ist dazu angehalten sich stetig zu entwickeln und Leistung zu erbringen.

Erklärung des Fallgeschehens

Der Blueprint kann die erfolgreiche Umsetzung des Changes erschweren oder verhindern. Die Personalpolitik hat in diesem Fall einen tendenziell negativen Einfluss auf die gewünschte Unternehmenspolitik.


Unternehmen A

Die Verkleinerung der Belegschaft aus kosteneffizienten Gründen stört das Wir-Gefühl der Belegschaft. Die enge Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern wird folglich gefährdet. Mitarbeiter mit einer langen Betriebszugehörigkeit können das für den Blueprint typische Verhalten, als Verrat empfinden und einen Identitätsverlust erleiden. Auch ein Stellenabbau steht im Widerspruch zu den gelebten Werten des Blueprints. Der Commitment Blueprints beruht auf den Säulen Zusammengehörigkeit, Kultur und Vertrauen. Eine Missachtung durch eine leistungsorientierte Maßnahme kann eine Krise auslösen mit disruptiven Folgen. Ein Lösungsansatz kann darin bestehen, den Wandel mittels eines aktiven Change-Managements zu begleiten. Mitarbeiter sollten hier den Prozess des Outsourcings aktiv mitbegleiten können. Die Studie belegt die Widerstandsfähigkeit des Commitment Blueprints insoweit als sie aufweist, dass diese Unternehmen am seltensten scheitern. Dies kann auf eine hohe Loyalität, Kommunikation und Anpassungsfähigkeit zurückgeführt werden. Nachteilig kann sich hingegen ein kompletter Blueprint Wechsel auswirken. Aufgrund der Einzigartigkeit des Commitment Blueprints ist eine personalpolitische Anpassung an einen neuen Blueprint als disruptiv einzustufen.

Der Blueprint kann die erfolgreiche Umsetzung des Wandels unterstützen und vereinfachen. Die Personalpolitik hat in diesem Fall einen tendenziell positiven Einfluss auf die gewünschte Unternehmenspolitik. In solchen Fällen wird vor allem das reziproke Verhältnis von Personal- und Unternehmenspolitik deutlich.


Unternehmen B

Die Mitarbeiter des Unternehmens B sind es gewohnt effizient und effektiv zu arbeiten. Unternehmen mit dem Star Blueprint weisen, gemäß der Studie, die höchste Rate der Marktkapitalisation gemessen am IPO auf. Dies bestärkt das Streben nach Leistung, welches auch von den Mitarbeitern des Unternehmens mitgetragen wird. Outsourcing ermöglicht den Mitarbeitern, insofern eine wünschenswerte Perspektive, als es erlaubt, sich auf das Kerngeschäft zu fokussieren und unnötigen Ballast abzuwerfen. Die Aufgaben der Mitarbeiter werden hierdurch spezialisierter und individueller. Da die Mitarbeiter im Star Blueprint (im Vergleich zum Commitment Blueprint) weniger Loyalität zum Unternehmen empfinden, muss der Personalabbau die Unternehmenskultur nicht zwangsläufig stören. Es ist anzunehmen, dass in einem leistungsorientierten Unternehmen Wandel, auch beim Personal, zum üblichen Geschäft gehört. Es kann geschlussfolgert werden, dass ein Star Blueprint diesen Wandel sogar unterstützen kann.

Würdigung

Bei der Typenbildung anhand der drei Dimensionen der Blueprints stellt sich die Frage, ob einzelnen Dimensionen eine stärkere Gewichtung zukommt als anderen. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass der Dimension Mitarbeiterbindung eine höhere Gewichtung hat, als die Dimension Kontroll- /Koordinationsmechanismus.

Die Stichprobenverteilung Non-Type ist verhältnismäßig hoch, im Vergleich zu den anderen Blueprints (33.1 %). Das führt zu mangelnder Interpretierbarkeit einiger Ergebnisse. Ein Wechsel von Non-Type zu Non-Type weist bspw. die höchste Wechselquote auf. Ohne weitere Details über Non-Type Blueprints ist diese Aussage nur eingeschränkt relevant. Es kann aber auch sein, dass nicht alle Blueprints erkannt wurden. Die Studie ist nicht ohne erheblichen Aufwand und hohe Kosten replizierbar und stellt daher einen wesentlichen Beitrag zur HRM-Forschung dar. Es finden sich auch Verbindungen zu bereits vorhandenen Forschungsresultaten, was die Aussagekraft weiter untermauert. So werden die Ausprägungen und Charakteristika der fünf Blueprints durch bereits bestehende Forschung maßgeblich beeinflusst und auch daraus abgeleitet. Die Logik hinter der Bildung der Blueprint Typen ergibt sich somit aus bereits bestehender und anerkannter Forschung.

Literatur

Baron, N./ Kreps, D. M. (1999): Strategic Human Resources: Frameworks for General Managers. New York et al.: John Wiley & Sons, Inc..

Baron, J. N./ Hannan, M. T. (2002): Organizational Blueprints for Success in High-Tech Start-Ups: Lessons from the Stanford Project on Emerging Companies, in: California Management Review, 44, 8-36.

Bruch, H. (1998): Outsourcing: Konzepte und Strategien, Chancen und Risiken. Wiesbaden: Gabler.

DiMaggio, J. P./ Powell, W.W. (1983): The iron cage revisited: Institutional isomorphism and collective rationality in organizational fields, in: American Sociological Review, 48, 147-160.

Ulrich, H. (1978): Unternehmungspolitik. Bern: Stuttgart.

Weber, M. (1968): Economy and Society: An Outline of Interpretive Sociology. New York: Bedminster.

Einzelnachweise

  1. Baron/Kreps, 1999; Baron/Hannan, 2003
  2. Ulrich, 1978
  3. Weber, 1968
  4. DiMaggio, 1983
  5. Bruch, 1998