Managementstil Matrix

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John Purcell und Bruce Ahlstrand behandeln in ihrem Artikel “Human Resource Management In The Multi-Divisional Company” aus dem Jahre 1994 die Einordnung und Beschreibung von in Unternehmen existierenden Managementstilen. Hierzu betrachten die Autoren die Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen und ordnen diese gemäß der Managementstil Matrix ein.


Problem und Relevanz

Problemhintergrund des Ansatzes

In westlichen Industrieländern steht die Entwicklung der Arbeitgeber-Arbeitnehmer Beziehung und der Umgang mit Arbeitnehmervertretungen, wie Gewerkschaften, seit den 1980er Jahren in einer kontroversen Diskussion[1]. Die Relevanz für Unternehmen, eine richtige Strategie im Umgang mit ihren Arbeitnehmern sowie im Umgang mit Gewerkschaften und anderen Vertretungen zu finden, ist seit jeher gestiegen[2]. Dies ist zum einen dem Rückgang des Einflusses von Gewerkschaften auf Gehälter und Arbeitsbedingungen in vielen Ländern geschuldet. Solange Gewerkschaften starken Einfluss auf Gehälter sowie Arbeitsbedingungen hatten und die in Unternehmen zu verrichteten Arbeiten meistens repetitiv und standardisierbar waren, gab es kaum Bedarf nach individuellen Lösungen für Arbeitgeber-Arbeitnehmer Beziehungen im Unternehmensumfeld[3]. Seit sich der externe Einfluss von Arbeitnehmervertretungen in vielen westlichen Industrieländern (beispielsweise in Großbritannien, den Vereinigten Staaten, Australien, Deutschland und der Niederlande[4]), jedoch reduziert und die Ansprüche an Arbeitnehmer zunehmend anspruchsvoller werden, müssen Unternehmen selbst Entscheidungen und Strategien zum Umgang mit ihren Arbeitnehmern entwickeln und ausbauen. Aufgrund dieser Entwicklungen ist es in Zukunft immer wichtiger, dass Unternehmen auch entscheiden, inwiefern sie mit Arbeitnehmervertretungen zusammenarbeiten, und ob diese Zusammenarbeit kooperativ oder kompetitiv gestaltet wird[5]. Strategische Entscheidungen des Arbeitgebers und der Führungsebene gewinnen somit in zweierlei Hinsicht an Relevanz: zum einen muss die konkrete interne Beziehung zum Arbeitnehmer festgelegt werden und zum anderen muss der Umgang mit Arbeitnehmervertretungen entschieden sein.

Begriffsdefinition und Typisierung

Managementstil Matrix

Laut Purcell und Ahlstrand gibt es vielfältige Zusammenhänge in der Arbeitnehmer-und-Arbeitgeber Beziehung innerhalb einer Organisation. Der Ansatz von Purcell und Ahlstrand (1988) versteht unter Managementstilen ein unverwechselbares Set an Prinzipien, die beschreiben, wie sich das Management gegenüber Arbeitnehmern und Gewerkschaften in bestimmten Situationen verhält. Die verschiedenen Managementstile berücksichtigen zum einen die Beziehung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb der Organization, als auch auf die Beziehung zwischen Arbeitgeber und internen sowie externen Arbeitnehmervertretungen, beispielsweise Betriebsräten und Gewerkschaften. Für ihre Typisierung benutzten Purcell & Ahlstrand zwei Merkmale, Individualismus und Kollektivismus. Die Merkmale werden jeweils in drei Ausprägungen dargestellt[6].

Dimensionen der Managementstil Matrix

(1) Individualismus

Die Dimension des Individualismussoll das Ausmaß aufzeigen, in dem eine Organisation die persönliche Entwicklung seiner Arbeitnehmer fördert oder einschränkt. Arbeitnehmer werden entweder als Individuen mit persönlichen Aspirationen und Vermögen gesehen oder als homogener Block, der nicht unterschieden und weiterentwickelt werden kann. Die Managementstil Matrix gliedert die Dimension basierend auf einer starken, mittleren oder schwachen Ausprägung des Individualismus. In Organisationen mit dem Fokus auf hohen Individualismus werden Arbeitnehmer als wichtige Ressource gesehen und durch individuelle Förderung unterstützt. Bei mittlerem Individualismus werden Arbeitnehmer lediglich durch Trainings gefördert, um ihren derzeitigen Job besser ausführen zu können. Firmen setzen darauf, dass sich die Loyalität ihrer Arbeitnehmer durch hohe Gehälter und Boni erreichen lässt. In Organisationen mit geringem Fokus auf Individualismus gibt es keine Trainingsmaßnahmen für Arbeitnehmer. Es wird primär auf Arbeitnehmer mit befristetem Arbeitsvertrag gesetzt.

(2) Kollektivismus

Der Begriff Kollektivismus von Purcell und Ahlstrand umfasst ausschließlich das politische Verständnis des Begriffs, bei dem es um die Bildung von Arbeitnehmervertretungen oder Vereinigungen von Arbeitnehmern geht. Dies kann der Beitritt eines Arbeitnehmers in eine Gewerkschaft, oder aber auch die Bildung eines Betriebsrats innerhalb einer Organisation sein. Die Dimension Kollektivismus beschreibt im Kontext der Managementstils, wie ein Arbeitgeber den Beitritt seiner Arbeitnehmer in Gewerkschaften bzw. die Gründung eines Betriebsrats bewertet und darauf reagiert. Es soll ausgedrückt werden, inwiefern der Arbeitgeber die Zusammenarbeit mit solchen Vereinigungen ablehnt oder sogar den Beitritt zu unterbinden versucht, duldet oder aber eine möglichst produktive Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Betriebsrat fördern will.


Managementstil Matrix

Typisierung

Typisierung von Managementstilen

Es ergeben sich aus den zwei Dimensionen verschiedene Managementstile, die anhand der Stärke der Ausprägung des Individualismus und des Kollektivismus typisiert werden. Die Managementstile beschreiben, wie sich das Management gegenüber Arbeitnehmern und Gewerkschaften verhält und welche Ziele es dabei verfolgt.

Charakteristika der Stile

(1) Traditioneller Managementstil

Der Traditionelle Managementstil (im Original “Traditional Style”) nach Purcell und Ahlstrand beschreibt eine Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung, in welcher weder der Individualismus noch der Kollektivismus ausgeprägt sind. Dieser Managementstil basiert auf einem traditionellen Verständnis der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung. Der Arbeitnehmer wird hauptsächlich als Kosten- und Produktionsfaktor wahrgenommen. Er wird gleichrangig zu den anderen, für das Unternehmen relevanten Ressourcen wie Maschinen und Land, betrachtet. Dies ist angelehnt an die traditionelle Ökonomie. Die Ziele eines solchen Unternehmens bezüglich seiner Arbeitnehmer sind die Verringerung der Personalkosten, die Gewährung einer allenfalls kurzfristigen Arbeitsplatzsicherheit für den Arbeitnehmer und das Bemühen, möglichst geringe Kosten für Recruitment und Training neuer Arbeitnehmer zu generieren. Die Strategie von Unternehmen welche mit dem traditionellen Stil beschrieben werden können, beinhaltet typischerweise die Vermeidung jeglicher Trainingskosten für Arbeitnehmer. Die Arbeitsanforderungen und Aufgaben sind leicht zu erlernen. Es werden keine Maßnahmen ergriffen, die spezielle Fortbildungen oder Schulungen beinhalten. Die Arbeitgeber zahlen in der Regel ein geringes Gehalt und der Anteil an Leiharbeitern oder Arbeitnehmer mit befristetem Arbeitsvertrag ist relativ hoch in diesen Unternehmen. Arbeitnehmervertretungen jeglicher Art werden nicht geduldet und deren Ablehnung ist in der Unternehmensstrategie verankert. Zudem erschwert die hohe Arbeitnehmerfluktuation auch unabhängig davon die Bildung eines Betriebsrats oder die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, da kein langfristiges Engagement erwartet werden kann.

(2) Paternalistischer Managementstil

Der zweite Management Style nach Purcell und Ahlstrand wird als Paternalistisch (im Original “Paternalist”) bezeichnet. Der Kollektivismus ist gering ausgeprägt, während der Individualismus eine mittlere Ausprägung zeigt. Unternehmen, die nach diesem Stil beschrieben werden können, legen Wert auf die Erhaltung sozialer Sicherheit und die Schaffung einer hohen Zufriedenheit ihrer Arbeitnehmer. Das Ziel liegt auf der Erhaltung hoher Stabilität und Ordnung sowie auf der Befolgung von Regeln. Die Freiheit des Einzelnen wird eingeschränkt. Die Strukturen sind klar geregelt und die Aufstiegschancen gering. Die Strategie von Unternehmen welche mit diesem Managementstil beschrieben werden können, beinhaltet in der Regel, dass Trainingsprogramme und Schulungen bei Beginn einer Tätigkeit sowie sowie bei der Einführung neuer Technologien, Systeme oder Prozesse angeboten werden. Es wird auf eine Standardisierung der Schulungen geachtet, um eine vergleichbare Leistung der Arbeitnehmer sicherzustellen. Es gibt viele Hierarchiestufen und die Kommunikation findet in der Regel strikt Top-Down statt. Die Bezahlung ist angemessen. Zusammenarbeit mit Gewerkschaften oder jegliche Formierung der Arbeitnehmer sind nicht erwünscht. Der Versuch von Arbeitnehmern sich zu organisieren wird als Versagen der Kommunikationsmaßnahmen angesehen.

(3) Personalfokussierter Managementstil

Der Personalfokussierte Managementstil (im Original “Sophisticated Human Relations”) hat eine starke Ausprägung in der Dimension Individualismus und keine Ausprägung im Kollektivismus. Hier werden die Arbeitnehmer als wertvollste Ressource angesehen, mit Ausnahme der Leih- und Zeitarbeiter. Das Ziel ist es, eine hohe Mitarbeiterloyalität und eine starke Bindung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeber zu erreichen. Die Strategie von Unternehmen welche mit diesem Managementstil beschrieben werden können, beinhaltet in der Regel, dass der Recruitment- und Auswahlprozess als sehr wichtig angesehen wird, da die meisten Mitarbeiter langfristig im Unternehmen bleiben sollen. Das Gehalt ist überdurchschnittlich. Außerdem werden Entwicklungspläne für die persönliche Laufbahn der Arbeitnehmer sowie Bewertungsbögen und Leistungs-Verbesserungs-Pläne genutzt. Die Erwartungen an die Leistung sind hoch und Überstunden werden als selbstverständlich angesehen. Die Kommunikation erfolgt nicht ausschließlich Top-Down, auch die Meinung der Arbeitnehmer unterer Hierarchieebenen wird geschätzt und beispielsweise durch Befragungen erfasst. Der Fokus liegt darauf, jeden einzelnen Arbeitnehmer richtig zu bewerten und zu fördern, um eine auf seine Fähigkeiten abgestimmte Laufbahn einleiten zu können.

(4) Konstitutioneller Managementstil

Der konstitutionellen Managementstil (im Original “Bargained Constitutional”) ist durch geringen Individualismus charakterisiert. Gewerkschaften werden toleriert und anerkannt, jedoch werden sie nicht aktiv von dem Unternehmen unterstützt. Ziel dieses Stils ist es, Stabilität und Kontrolle zu schaffen. Konflikte zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern werden institutionalisiert und Vereinbarungen möglichst als detaillierte Grundsatzvereinbarungen getroffen. Diese sollen möglichst langfristig bestehen. Nur wenige Regelungstatbestände sollen der individuellen Verhandlung überlassen bleiben. Es herrscht geringes Vertrauen in der Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehung. Manager regulieren den Informationsfluss und schränken den Einfluss von Betriebsräten und Gewerkschaften ein. Zwei Ausprägungen charakterisieren den konstitutionellen Managementstil: Auf der einen Seite gibt es eine ausgelebte Feindschaft, welche besonders üblich ist in Unternehmen, in denen Cost Minimization-Strategien vorherrschen. Auf der anderen Seite findet man den Fall, dass Betriebsräte und Gewerkschaften in regelmäßigen Verhandlungsrunden eingebunden werden. Dies ist besonders üblich in Unternehmen, die in Richtung des Paternalismus tendieren.

(5) Hochentwickelte Beratung

Organisationen, die den hochentwickelten Beratungsstil (im Original “Sophisticated Consultative”) verfolgen, investieren viel in ihre Mitarbeiter, um deren Beitrag zur Organisation und ihre produktive Effizienz zu optimieren. Arbeitnehmer werden als großer und wichtiger Bestandteil für den Erfolg der Organisation gesehen, die loyal zu ihrem Arbeitgeber stehen. Dies beinhaltet u.a. die Bereitschaft Überstunden zu machen.Der hochentwickelte Beratungsstil ist ein idealtypischer und wenig realistischer Wunschtraum der Beziehung zwischen Organisation, Arbeitnehmern und Gewerkschaften bzw. Betriebsräten. Man pflegt konstruktive Beziehungen mit den Gewerkschaften und strebt gemeinsam nach einer optimalen Rendite der Mitarbeiterleistung. Der hochentwickelte Beratungsstil wird als optimaler Managementstil bezeichnet, in dem sowohl Mitarbeiterentwicklung als auch die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften als zentrale Aspekte gesehen werden. Die Bezahlung ist überdurchschnittlich. Dies hat eine hohe Zufriedenheit der Arbeitnehmer zu Folge, was die Effektivität und Effizienz der Organisation verbessert.

(6) Moderner Paternalismus

Der Moderne Paternalismus (im Original “Modern Paternalist”) ist ein fürsorglicher und paternalistischer Ansatz des Managements, der nichtsdestotrotz eine gute Beziehung mit Gewerkschaften als essentiell betrachtet. In erster Linie ist es wichtig, konstruktive Beziehungen mit und zu den Gewerkschaften zu bilden. Das Ziel ist es, gute Beziehungen mit Gewerkschaften und Betriebsräten zu schaffen während man die Zufriedenheit der Arbeitnehmer durch individuelle Förderung anstrebt. Eine Organisation, die den Managementstil des Modernen Paternalismus implementiert, ermöglicht ihren Arbeitnehmern durch viele Trainingsmaßnahmen sich mit mit dem Management auszutauschen. Im Gegensatz zum hochentwickelten Beratungsstil wird im Modernen Paternalismus ein geringerer Fokus auf die individuelle Entwicklung der Arbeitnehmer gelegt. Daher ist dieser Stil insbesondere interessant für Organisationen, in denen eine Beförderung nicht möglich bzw. angedacht ist, Arbeitnehmer aber trotzdem zufrieden und glücklich sein sollen.


Tabelle zur Übersicht der Charakteristika der Managementstile

Branchenbeispiele und Veranschaulichungen der Managementstile in der Praxis

Laut Purcell und Ahlstrand gibt es bestimmte Branchen oder Unternehmensformen, in denen sich die unterschiedlichen Managementstile typischerweise wiederfinden lassen[7]. Den Traditionellen Managementstil findet man laut Purcell und Ahlstrand in beschäftigungsintensiven und Low-tech Industrien, in denen Arbeitskräfte schnell und einfach ersetzt werden[8]. Solche Bedingungen findet man typischerweise in der Hotelbranche, dem Textileinzelhandel und in Fast-Food Franchise Ketten[9].

Den Paternalistischen Managementstil haben Purcell und Ahlstrand in einer Bank sowie in einem großen Einzelhandelskaufhaus wiedergefunden[10]. In der Bank fanden Purcell und Ahlstrand traditionelle Familienwerte und Karrierepläne vor, die die Karrierewege von Mann und Frau eng und genau definieren. Dies stimmt mit den mit dem Paternalismus verbundenen Werten - nämlich die Einschränkung des Einzelnen durch eine gut gemeinte Regulierung - überein[11]. Im Einzelhandel zeigen die klaren Hierarchiestufen und -grenzen zwischen den Mitarbeitern und die Top-Down-Kommunikation die Charakteristik des Paternalismus[12].

Hochentwickelte Personalbeziehungen als dominanten Managementstil findet man in großen, kapitalintensiven und oftmals US-amerikanischen Technologie- und Informationsunternehmen[13]. Weiterhin ist dieser Stil typisch für Firmen mit wenigen Mitarbeitern, aber zugleich einer hohen Profitabilität[14]. Die Mitarbeiter in diesen Unternehmen müssen Probleme lösen sowie neue Ansätze finden und nicht bloß gelernte, routinierte Fähigkeiten anwenden wie beispielsweise Sachbearbeiter es tun. Die spezifischen Fähigkeiten des Personals sind unternehmensabhängig, dementsprechend wertvoll sind die Mitarbeiter.

Der Konstitutionelle Managementstil ist laut Purcell und Ahlstrand der am meisten vorkommende Managementstil in Großbritannien und ist typischerweise im öffentlichen Bereich und bei Herstellern von Massenware üblich[15].

Gemäß Purcell und Ahlstrand ähnelt der Managementstil Hochentwickelte Beratung stark dem Managementstil der Hochentwickelten Personalbeziehungen hinsichtlich der Beziehung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern[16]. Der Unterschied ist, dass Unternehmen, die mit dem Managementstil Hochentwickelte Beratung beschrieben werden, aktiv die Formierung von Arbeitnehmervertretungen anregen sowie fördern und die Zusammenarbeit konstruktiv und kooperativ gestalten[17]. In der Praxis kann die fehlende gesetzliche Grundlage des Mitbestimmungsrechts von Betriebsräten als Hindernis ausgelegt werden, Purcell und Ahlstrand gehen jedoch davon aus, dass die Existenz einen Betriebsrats und die Möglichkeit einer Mitsprache bereits die Basis für die gemeinsame Diskussion und Lösung von Problemen ist[18]. Typische Unternehmen, die diesen Managementstil verfolgen, sind japanische Automobilhersteller[19].

Der Moderne Paternalismus ist nach Purcell und Ahlstrand üblich in prozessorientierten Unternehmen, wie Versicherungen, Banken und Lebensmittelherstellern[20].

Erklärung

Wirkung und Bedeutung der Managementstile in Organisationen

Die Durchsetzungsfähigkeit der erläuterten Managementstile und deren Abbildung und Umsetzung in der unternehmerischen Strategie innerhalb eines Unternehmens, ist in der Praxis nicht selbstverständlich[21]. Es ist zu berücksichtigen, dass viele Unternehmen ihre Entscheidungen zur Gestaltung von Arbeitsbeziehungen nicht auf Basis einer langfristigen Strategie fällen, sondern diese ad-hoc, abhängig von Produktstrategie, Marktsituation und neuen Technologien treffen[22]. Auch ist es laut Purcell und Ahlstrand unwahrscheinlich, dass die Arbeitgeber-Arbeitnehmer Beziehung durch eine ganze Organisation hinweg gleich gestaltet wird[23] [24]. Dies muss gerade bei der Bewertung der oben genannten Praxisbeispiele und Unternehmensbeispiele berücksichtigt werden. Beispielsweise kann in Firmen, die grundsätzlich durch den Traditionellen Managementstil beschrieben werden können, auch der Stil der hochentwickelten Personalbeziehungen für bestimmte ausgesuchte Mitarbeitergruppen im Unternehmen vorzufinden sein[25]. Ein Beispiel ist hierfür, dass in großen Konzernen viele Mitarbeiter ihre Arbeitszeit per Stempelkarte erfassen und nach Tarif bezahlt werden. Bestimmte Mitarbeitergruppen (insbesondere Mitarbeiter in höheren Hierarchiestufe) haben jedoch einen außertariflichen Vertrag, wonach z.B. ein höheres Gehalt gezahlt wird und auch spezielle Arbeitsbedingungen vereinbart sind (wie zum Beispiel keine standardisierte Zeiterfassung). Desen ugneachtet ist der maßgebende Managementstil einer Organisation meist so verankert, dass er sich auch bis in die unteren Hierarchiestufen durchsetzt[26]. Anzumerken ist schließlich, dass das Verhalten des Arbeitgebers und der Führungsebenen gegenüber den Arbeitnehmern oftmals auf ungeschriebenen Gesetzen basiert, die nicht offen in der Organisiert thematisiert werden[27].

Stabilitätsbedingung

Die Stabilität eines Managementstils hängt davon ab, ob er zur Situation und zum Typ des Unternehmens passt. Purcell und Ahlstrand beschreiben zwei Typen, die als prinzipiell instabil gelten können.

(1) Instabiler Managementstil Typ 1

Dieser Stil charakterisiert sich durch hohen Individualismus und einer feindseligen Haltung gegenüber Arbeitnehmervertretungen. Die Problematik und Instabilität besteht darin, dass bei einem Konflikt zwischen Organisation und Gewerkschaft die Arbeitnehmerentwicklung zur Nebensache wird. Verhandlungen bleiben häufig unabgeschlossen. Konkrete Strategien, Maßnahmen und Instrumente lassen sich nicht erkennen. Arbeitnehmer können zwar grundsätzlich sowohl Sympathien für ihre Organisation als auch für Gewerkschaften haben, bei einer feindlichen Beziehung zwischen Arbeitgeber und den Gewerkschaften muss sich der Arbeitnehmer jedoch für eine Position entscheiden. Je konfliktgeladener die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft ist, desto eher positionieren sich die Arbeitnehmer auf der Seite der Gewerkschaften. Andererseits sympathisieren Arbeitnehmer in sehr individualistisch geprägten und mitarbeiterorientierten Unternehmen zunehmend mit den Arbeitgebern.

(2) Instabiler Managementstil Typ 2

Ein Managementstil, der sich auf der einen Seite durch geringen Individualismus und auf der anderen Seite durch hohen Kollektivismus auszeichnet, kann lediglich ein kurzzeitiger Zustand sein. Organisationen, die eine Kostenreduktion als strategisches Ziel (im Original “Cost Minimization Strategy”) verfolgen, setzen häufig auf Arbeitskräfte mit geringeren Fähigkeiten. Diese werden größtenteils sehr schlecht bezahlt und erhalten keine weiteren Vorteile durch die Organisation. Aus diesem Grund ist es unmöglich für eine Gewerkschaft mit einer Organisation, die diese Strategie verfolgt, effizient und kooperativ zusammenzuarbeiten. Dieser Stil hat massive Nachteile für Organisationen in Form von Widerstand der Arbeitnehmer und für die Gewerkschaften in Form von Unglaubwürdigkeit. Aus diesen Gründen stellt dieser Stil eine Organisation vor ein unlösbares Instabilitätsproblem.

Anwendung

Change Phänomene

In der Vergangenheit hat es grundlegende Veränderungen in der strategischen Ausrichtung von Unternehmen gegeben, die dazu führten, dass sich Unternehmen mehr mit der Gestaltung ihrer Personalpolitik auseinandersetzen. In den 1990er Jahren fand ein Wandel hinsichtlich des betrieblichen Personalmanagements statt[28]. Die Veränderungen bezüglich der vom Management eingesetzten Personalpraktiken lassen sich ursprünglich auf die USA zurückführen, setzten sich jedoch sukzessiv auch in Großbritannien und Deutschland durch[29]. Die strategische Auswahl des richtigen Personals und die Verbesserung des Recruitingprozesses gewann im Zuge dessen an Bedeutung für Unternehmen, was eine Tendenz zu einem stärkeren Individualismus in der Arbeitnehmer-Arbeitgeber Beziehung bedeutet[30]. Ungeachtet dieses Wandels sehen Purcell und Ahlstrand auch die erhöhte Relevanz der Kostenreduktion als Reaktion[31]. Dies sei darauf zurückzuführen, dass trotz des Trends hin zu einem echten Personalmanagement, es für viele Unternehmen nicht passend ist, sich darauf einzulassen, z.B. weil ihre Belegschaft zum großen Teil aus ungelernten Arbeitern besteht, welche keine anspruchsvollen Tätigkeiten verrichten[32]. Als Resultat auf den Wandel in den 1990er Jahren, ist also eine gewisse Spaltung im Umgang mit dem Personal zu verzeichnen, entweder es wird mehr Wert auf ein effektives Personalmanagement gelegt, oder das Personal wird ausschließlich als Produktionsfaktor betrachtet und der Fokus liegt auf einer Kostenminimierung[33].

Fallbeispiel

In den frühen 1990er Jahren deklarierte die Rover Motor Company in einem offiziellen Dokument, große Veränderungen hinsichtlich ihres Personalmanagements, welches unter dem Vorgänger British Leyland für geringe Produktivität und eine schlechte Arbeitgeber-Arbeitnehmer Beziehung bekannt war. Dem Dokument zufolge sollten fortan alle Mitarbeiter des Unternehmens eine gleiche und faire Behandlung erfahren. Dies zeigte sich unter anderem in der Abschaffung des Zeitstempels für alle Mitarbeiter, einer einheitlich geregelten Gehaltsstruktur, einer einheitlichen Kündigungsregelung und der Verbesserung der Schulungsangebote[34]. Gleichzeitig wurde ebenfalls festgehalten, dass diese Maßnahmen auch bedeuten, dass Mitarbeiter eine größere Verantwortung für die Ergebnisse ihrer Arbeit übernehmen und eine größere Flexibilität hinsichtlich ihres Arbeitsgebiets erwartet wird[35]. Die Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretungen sollte gemäß Rover kooperativ verlaufen um ein maximales Verständnis der Unternehmensleistung, der Standards, der Produkte und der Arbeitnehmer zu garantieren[36]. Das Beispiel zeigt, wie sich ein Unternehmen aufgrund eines Wandels anpassen und seine Unternehmensstrategie und -kultur grundlegend zugunsten des Personal und zugunsten der Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretungen verändern kann.

Würdigung

Die Managementstil Matrix von Purcell und Ahlstrand beschreibt ein Set an Prinzipien im Hinblick darauf, wie sich Organisationen strategisch gegenüber Arbeitnehmern und Gewerkschaften verhalten. Ein Problem steckt in der Gefahr der Pauschalisierung. So kann man unter Umständen in einem Unternehmen je nach Mitarbeitergruppe einen unterschiedlichen Management-Stil finden. Ein weiters Problem besteht in der idealtypischen Betrachtungsweise, weil sich nicht alle Unternehmen dem vorgegebenen Schema einpassen lassen. Zu beachten ist außerdem die Gefahr, dass aus der Beschreibung unbegründet normative Implikationen abgeleitet werden.

Einzelnachweise

Literatur

Dingeldey, I. (2013): Britische Arbeitsbeziehungen: Gewerkschaften zwischen Konflikt, Kooperation und Marginalisierung, Springer-Verlag.

Gerlach, Philipp (2013): Der Wert der Arbeitskraft: Bewertungsinstrumente und Auswahlpraktiken im Arbeitsmarkt für Ingenieure. Springer-Verlag

Purcell, J./Ahlstrand, B. (1994): Management Style in the Multi-Divisional Company, in: Human

Resource Management in the Multi-Divisional Company, Oxford University Press, Oxford, S.165-215.

Industrial Relations Services (1992), ‘Rover’s “New Deal”’, European Industrial Relations Review 223 (August)

  1. Dingeldey, S.1
  2. Purcell/Ahlstrand, S. 170
  3. Purcell/Ahlstrand, S. 171
  4. Purcell/Ahlstrand, S. 171
  5. Purcell/Ahlstrand, S. 173
  6. Dingeldey, S. 42
  7. Purcell/Ahlstrand S. 190
  8. Purcell/Ahlstrand S. 194
  9. Purcell/Ahlstrand S. 194
  10. Purcell/Ahlstrand S. 193
  11. Purcell/Ahlstrand S. 193
  12. Purcell/Ahlstrand S. 193
  13. Purcell/Ahlstrand S. 190
  14. Purcell/Ahlstrand S. 190
  15. Purcell/Ahlstrand S. 197
  16. Purcell/Ahlstrand S. 200
  17. Purcell/Ahlstrand S. 201
  18. Purcell/Ahlstrand S. 201
  19. Purcell/Ahlstrand S. 201
  20. Purcell/Ahlstrand S. 198
  21. Dingeldey, S. 43
  22. Dingeldey, S. 44
  23. Purcell/Ahlstrand, S. 169
  24. Purcell/Ahlstrand S. 190
  25. Purcell/Ahlstrand S. 190
  26. Purcell/Ahlstrand S. 169
  27. Purcell/Ahlstrand S. 169
  28. Gerlach, S. 83
  29. Purcell/Ahlstrand, S. 207
  30. Gerlach, S. 83
  31. Purcell/Ahlstrand, S. 207
  32. Purcell/Ahlstrand, S. 207
  33. Purcell/Ahlstrand, S. 208
  34. Industrial Relations Services, 1992
  35. Industrial Relations Services, 1992
  36. Purcell/Ahlstrand, S. 202