Konfliktmoderation

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Unter Konfliktmoderation oder auch Konfliktmanagement sind Maßnahmen zur Verhinderung einer Eskalation oder einer Ausbreitung eines bestehenden Konfliktes zu verstehen. Dazu zählen insbesondere die Konfliktprävention und die Konfliktmediation.

Grundlagen und Definitionen

Konfliktmanagement bedeutet, dass sich die Interventionen hauptsächlich auf den Konfliktprozess richten, so dass die Konflikte einen guten Verlauf nehmen. Es wird mit einer Verbesserung der Vorstellungen, Einstellungen und Verhaltensweisen der Konfliktparteien versucht, die gegenseitige Aggressionssteigerung zu durchbrechen. Oft liegt dem Konfliktmanagement die Auffassung zugrunde, dass Gegensätze wesentliche Elemente des sozialen Lebens sind und deshalb die Konfliktparteien lernen sollten, mit ihnen weniger destruktiv umzugehen“.[1]

Konfliktmoderation soll nach Selter vor allem versachlichend sein.In einer stark geregelten Form wird die Art der Nichtübereinstimmung von Zielen, Bewertungen, Interessen, Ressourcen und Rollen explizit zum Thema gemacht, Lösungen können gesucht und Entscheidungen getroffen werden.[2] Der Moderator ist bei der Lösung von Konflikten für Struktur und Einhaltung von Regeln verantwortlich, er koordiniert als neutraler, unparteiischer Mittler. Dabei achtet er darauf, dass "keine „schmutzige Wäsche gewaschen wird “ und er nimmt den Widerstand der Parteien ernst und hinterfragt die Argumente.[3]

Arten von Konflikten

Konflikte lassen sich wie folgt unterscheiden:

Nach Streitgegenständen
  • Sachbezogene Konflikte
  • Interessenkonflikte
  • Wertekonflikte
  • Konflikte aufgrund unterschiedlicher Ziele
Nach der Erscheinungsform der Auseinandersetzung
  • Latent vs. Manifest
  • Institutionalisiert vs. Nicht-Institutionalisiert
Nach Merkmalen der Konfliktparteien
  • Macht: Konflitparteien können unterschiedlich mächtig sein. Hat z.B. eine Konfliktpartei mehr macht als die andere kann sie diese zu ihrem Vorteil einsetzten.
  • Verhandlungsmodell vs. Bürokratisches Modell: Im Verhandlungsmodell ist Macht symmetrisch verteilt und es wird im begrenzte Güter gestritten. Im bürokratischen Modell ist die Macht vertikal verteilt. D.h. die Güter werden durch eine übergeordnete Instanz verteilt.
  • Endogen vs. Exogen: Der Grund eines Konflikts kann aus dem inneren einer Organisation (Endogen) oder von außerhalb der Organisation (Exogen) kommen.
  • Organisiert vs. Unorganisiert: Bei einem organisierten Konflikt sind die Konfliktparteien eindeutig erkennbar. Bie unorganisierten Konflikten ist nicht immer ersichtlich wer zu welcher Konfliktpartei gehört.
  • Primär vs. Sekundär: Bei primären Konflikten stehen sich die Parteien direkt gegenüber, bei sekundären wird der Konflikt über Zwischenpersonen ausgetragen. [4]

Um Konflikte einordnen zu können, muss die Haltung der beteiligten Personen richtig eingeordnet werden. Empirisch von Bedeutung sind drei Grundhaltungen zu Konflikten:

Konfliktscheu
Gefühle und Emotionen werden unterdrückt. Die Grundannahme ist, dass Konflikte mehr zerstören als das sie nutzen.
Konfliktannahme
Bewusste Positionierung im Konflikt. Die Grundannahme ist, dass Konflikte Energie haben die positiv genutzt werden kann.
Streitlust
Nachgeben bedeutet Feigheit. Die Grundannahme ist, dass Konsens eine Illusion ist. Konflikte bringen Neuerungen mit sich.[5]

Van Kaldenkerken (2008)2.jpg

Neben der Einordnung des Konflikts nach Sachgebiet und Einordnung der beteiligten Personen, ist zu prüfen welches Niveau von Handlungsfähigkeit noch vor liegt. Diese bestimmt auf welchem Niveau mit anderen umgegangen werden muss. Um so weiter der "Ist"-Zustand vom "Soll"-Zustand entfernt ist, desto größer ist die Desorientierung und Verunsicherung, allerdings kommt es auch zur zunehmenden Mobilisierung von Ressourcen, ausgelöst durch größeren Druck.[6]

Konfliktprävention

Konfliktprävention ist auch Erwartungsmanagement. Die Erwartungen der Menschen um einen herum sind wie einseitige Verträge von denen der andere nichts weiß. Welche Erwartungen sind da sind wurden aber nie geäußert um nicht anzuecken? Werden Erwartungen nicht erfüllt kommt es oft zu Konflikte.Folgende Warnsignale deuten auf latente Konflikte hin:

  • Der Mitarbeiter ist nur nett und will von allen geliebt werden
  • Anstelle von "Was geht" wird gefragt "Was geht nicht"
  • Es gibt nur Gegenargumente, jedoch keine Sachargumente
  • Abkühlen der Zusammenarbeit
  • Zähe Besprechungen

Um keine falschen Erwartungen zu erzeugen ist es wichtig klare Aussagen zu treffen. Dann weiß die Umgebung woran sie ist und kann sich darauf einstellen. Beispiele für unmissverständliche Aussagen sind:

Verbindliche Zusage
"Ich habe verstanden, was Sie von mir erwarten, und ich sage Ihnen verbindlich zu, es zu tun."
Bedingte Zusage
"Ich habe verstanden, was Sie von mir erwarten, und ich will versuchen, es nach Möglichkeit zu erfüllen, kann (oder will) es Ihnen aber nicht verbindlich zusagen."
Bedingte Absage
"Ich habe verstanden, was Sie von mir erwarten, kann (oder will) es aber voraussichtlich nicht erfüllen. Sollte sich doch eine Möglichkeit ergeben, sage ich Ihnen Bescheid."
Verbindliche Absage
"Ich habe verstanden, was Sie von mir erwarten, kann (oder will) diese Erwartung aber definitiv nicht erfüllen." (Begründung)
Vertagung
"Ich habe verstanden, was Sie von mir erwarten, kann Ihnen aber noch nicht sagen, ob ich Ihre Erwartung erfüllen will und kann. Ich muss darüber nachdenken; lassen Sie uns später noch einmal darüber sprechen.„[7]

Umgang mit Konflikten

"Harvard"-Verhandlungs-Prinzipien

Das Harvard-Konzept der Konflikthandhabung setzt auf das sachbezogene Verhandeln. Ziel ist ein konstruktiver Umgang der Konfliktparteien und die friedliche Einigung ohne dass es zu einer Eskalation kommt. Das zu erzielende Ergebnis soll über den eigenen persönlichen Befindlichkeiten stehen. Ein klassischer Kompromiss, indem beide Parteien ein Stück weit verlieren, soll überwunden werden. Es wird ein Win-Win-Ergebnis angestrebt. Neben der sachlichen Übereinkunft soll für beide Verhandlungsseiten auch die persönliche Beziehung nicht beschädigt werden.[8]

Besondere Bedeutung nimmt nach dem "Harvard"-Anzatz, die grundlegende Beachtung der folgenden Regeln ein:

  1. behandeln Sie Menschen und ihre Interessen (die Sachfragen) getrennt voneinander
  2. konzentrieren Sie sich auf die Interessen der Beteiligten und nicht auf ihre Positionen
  3. entwickeln Sie Entscheidungsoptionen (Auswahlmöglichkeiten)
  4. bestehen Sie auf objektiven Beurteilungskriterien (bspw. gesetzlichen Regelungen, ethischen Normen etc.)

Das Win-Win-Ergebniss sollte folgenden Anforderungen genügen:

  • die guten Beziehungen der Parteien sollen ehalten bleiben
  • beide Seiten sollten mitnehmen was sie brauchen - oder, wenn sie beide das gleiche brauchen, fair teilen (bspw. nach dem „Einer-teilt-einer-wählt“-Prinzip)[9]

Fünf Strategien zur Konfliktlösung nach Ruble und Thomas

Die folgende Abblildung zeigt die Strategien, die laut T.L. Ruble und K. Thomas (1976) existieren. Unterschieden werden die Strategien in diesem Fall nach nach hohem bzw. niedrigem Durchsetzungsvermögen und der Höhe des Willens zur Mitarbeit der beteiligten Parteien. Die Strategien basieren auf der relativen Position zwischen zwei Konfliktparteien zueinander, sind also situations- und personenabhängig. Sie stellen den Zusammenhang in einem zweidimensionalen Modell dar:[10]

Umgang mit Konflikten Grafik.JPG

  • Zwang drückt den Wunsch aus, seine Position gegen den Widerstand anderer durchzusetzen. Es wird eine "Win-Lose" Strategie verfolgt.
  • Vermeiden bedeutet, dass der Konflikt nicht ausgetragen wird und die Situation unverändert erhalten bleibt. In dieser Situation ist es wahrscheinlich, dass beide Seiten verlieren ("Lose-Lose").
  • Nachgeben repräsentiert die Position, wo der Konflikt beendet, aber die Position verloren wird ("Lose-Win"). Es handelt sich um eine häufige Paarung mit Zwangsstrategien.
  • Zusammenarbeiten ist die beste Möglichkeit für das Erzielen eines "Win-Win" Ergebnisses.
  • Im Schnittpunkt der vier Strategien findet sich der Kompromiss. Je nach Wahrnehmung werden Kompromisse daher oft unterschiedlich beurteilt oft mit dem Gefühl verbunden, nicht das bestmögliche Ergebnis erzielt zu haben.[11]

Mediation

Eine Mediation läuft typischerweise in 5 Phasen ab. In jeder Phase soll ein bestimmtes Ziel erreicht werden um am Ende den Konflikt zu lösen.

  • Einführung und Orientierung
  • Der Ablauf der Mediation und die Rolle des Mediators werden festgelegt.
  • Darlegung der Sichtweisen und Erarbeitung der Themen
  • Die Parteien stellen ihre Standpunkte klar. Aus diesen Standpunkten werden Themenbereiche generiert.
  • Konflikterhellung: Verborgene Gefühle, Interessen und Bedürfnisse
  • Es werden weitere Informationen über die Konfliktparteien gesammelt. Dabei soll der Mediator vor allem die verborgenen Gefühle, Interessen und Bedürfnisse an die Oberfläche bringen. Aus diesen Informationen werden die Bedürfnisse der Konfliktparteien abgeleitet.
  • Konfliktlösung: Sammeln und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten
  • Es werden Ideen für Lösungsvorschläge gesammelt und bewertet.
  • Abschlussvereinbarung
  • Parteien einigen sich auf Lösungsvorschläge und treffen eine schriftliche Vereinbarung.

Die Mediation wird üblicherweise bei festgefahren Konflikten eingesetzt. Dies zeigt sich auch dadurch, dass zur Lösung eine Abschlussvereinbarung nötig ist. Dies ist hilfreich, da meist nicht mehr genug Vertrauen zwischen den Parteien besteht.[12]

Stufen der Konfliktlösung

Renk, Alja (o.J.).jpg

Konflikte sind nicht immer gleich. Sie können in verschiedenen Stufen auftreten, wobei eine Stufe weiter nach oben einer Höherentwicklung des Konflikts entspricht. Bei der Flucht versuchen beide Seiten einander auszuweichen. Bei der Vernichtung versucht eine Seite die andere zu vernichten was z.B. bedeuten könnte die andere Seite aus der Organisation zu verdrängen. Die nächste Stufe ist die Unterordnung. Hier werden nicht die Ursachen des Konflikts beseitigt, sondern es geht viel mehr darum, dass eine Partei sich unterordnen muss. Bei der Delegation wird der Konflikt durch eine andere Person (meist andere Hierarchieebene) entschieden. Bei einem Kompromiss einigen sich beide Parteien auf eine Lösung, bei welcher Forderungen beider Parteien berücksichtigt werden. Beim Konsens finden beide Parteien eine gemeinsame Lösung. Zu beachten ist, dass ein Rückfall von einer Stufe auf eine niedrigere jederzeit möglich ist. D.h. während der Konfliktlösung ist nicht nur zu beachten wie die Gesamtsituation verbessert werden kann, sondern es muss auch darauf geachtet werden keinen weiteren Schaden zu erzeugen.[13]

Einzelnachweise und Quellen

  1. Glasl, Friedrich (2004): Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater. 8., aktualisierte und erg. Aufl. Bern: Haupt [u.a.] (Organisationsentwicklung in der Praxis, 2).
  2. Selter, Joachim (2002): Konflikte in der Hochschule: vorbeugen und kompetent bearbeiten. Online verfügbar unter http://www.instant-water.eu/files/fk1_2006_selter.pdf, zuletzt geprüft am 08.01.12.
  3. Selter, Joachim (2002): Konflikte in der Hochschule: vorbeugen und kompetent bearbeiten. Online verfügbar unter http://www.instant-water.eu/files/fk1_2006_selter.pdf, zuletzt geprüft am 08.01.12.
  4. Ranft, Dirk (2003): Konfliktmanagement. Hg. v. Universität des Saarlandes. Online verfügbar unter http://www.uni-saarland.de/media/fak5/orga/PDFs/materialien/reader_konfliktmanagement.pdf, zuletzt geprüft am 26.01.12.
  5. Hammerer, Richard M. (2009): „Die Gruppenbildung und der Konflikt“. Online verfügbar unter http://www.instant-water.eu/files/gruppenbild_u_konfl.pdf, zuletzt geprüft am 26.01.12.
  6. van Kaldenkerken, Carla; van Kaldenkerken, Roland Kunkel (2008): Kooperation in der Konfliktbearbeitung. Online verfügbar unter http://www.step-berlin.com/PDF-Dateien/Grundstandard%20fuer%20den%20konstruktiven%20Umgang%20mit%20Konflikten.pdf, zuletzt geprüft am 26.01.12.
  7. Berner, Winfried (2005): Unternehmenskultur – Ein weicher Faktor mit harten Folgen. Online verfügbar unter http://www.umsetzungsberatung.de/konflikte/konfliktpraevention.php, zuletzt geprüft am 26.01.12.
  8. Patton, Bruce; Ury, William; Fisher, Roger (2004): Das Harvard-Konzept. Der Klassiker der Verhandlungstechnik. 22. Aufl. Frankfurt am Main: Campus Verlag GmbH.
  9. Patton, Bruce; Ury, William; Fisher, Roger (2004): Das Harvard-Konzept. Der Klassiker der Verhandlungstechnik. 22. Aufl. Frankfurt am Main: Campus Verlag GmbH.
  10. Ruble, T. L.; Thomas, K. (1976): Support for a two-dimensional model of conflict behaviour, Organizational Behaviour and Human Performance.
  11. Ruble, T. L.; Thomas, K. (1976): Support for a two-dimensional model of conflict behaviour, Organizational Behaviour and Human Performance.
  12. Renk, Alja (o.J.): KONFLIKTMANAGEMENT. Hg. v. Hochschule Ravensburg-Weingarten. Online verfügbar unter http://www.instant-water.eu/files/konfliktmanagement-renk.pdf, zuletzt geprüft am 26.01.12
  13. Renk, Alja (o.J.): KONFLIKTMANAGEMENT. Hg. v. Hochschule Ravensburg-Weingarten. Online verfügbar unter http://www.instant-water.eu/files/konfliktmanagement-renk.pdf, zuletzt geprüft am 26.01.12

Weiterführende Literatur

  • Andrea Budde: Mediation und Arbeitsrecht. Implementierung von Konfliktmanagementsystemen im Betrieb. Leutner, Berlin 2003.
  • Peter Höher, Friederike Höher: Konfliktmanagement. Konflikte kompetent erkennen und lösen. EHP, Bergisch Gladbach 2004.
  • Norbert Kühne, Regina Mahlmann, Peter Wenzel: Pädagogische Praxis - Konflikte lösen. Bildungsverlag Eins, Troisdorf 2002.
  • Ludger Mehring: Subjektive Theorien der Lehrenden im Unterricht zu erlebten Konflikten im Unterricht. Universitätsverlag Dr. Norbert Brockmeyer, Bochum 2009.
  • Gerhard Schwarz: Konfliktmanagement. 3. Aufl. Gabler Verlag, Wiesbaden 1997.
  • Josef W. Seifert: Moderation & Kommunikation. 4. Auflage. GABAL Verlag, 1999.
  • Ralf Gerd Zülsdorf: Strukturelle Konflikte in Unternehmen. Gabler-Verlag, Wiesbaden 2008.