Karrieregespräch

Aus Personal_und_Führung
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von K.Venzke & A.Schattling

Zusammensetzung

Ein Karrieregespräch kann eine Kombination aus den Teilelementen eines Mitarbeiter-, Personalentwicklungs- und Zielvereinbarungsgespräches darstellen. In diesem Gespräch werden die persönlichen Entwicklungsvorstellungen des Mitarbeiters sowie die des Unternehmens erörtert und langfristige verbindliche Absprachen getroffen. Im Mittelpunkt dieses Selektionsinstruments stehen daher die Bewertung der „Motivation“, der Entwicklungsfähigkeit und der Leistungsbereitschaft eines Mitarbeiters. (Gonin, Nicolas/ Fahrni, Daniel/ Knecht, Rahel, Management-Development-Systeme, 2007, S. 89.)


Zweck

Durch ein geführtes Karrieregespräch zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten erlangt die Führungskraft Kenntnis über die Entwicklungsbedürfnisse seines Angestellten (Vgl. Eberle, Astrid/ Racky, Sabine, Personal- und Zielvereinbarungsgesprächen, 2003, S. 21.). Potenzielle Kandidaten für künftige Führungspositionen können durch ein Abgleich der persönlichen und unternehmerischen Ziele identifiziert werden (Vgl. Schuler, Heinz/ Görlich, Yvonne, Leistungs- und Potenzialbeurteilung, 2006, S. 235.). Mit diesem Wissen kann eine gezielte bedarfsgerechte Mitarbeiterförderung unter Berücksichtung der künftig im Unternehmen zu besetzenden Positionen vorgenommen werden (Vgl. Eberle, Astrid/ Racky, Sabine, Personal- und Zielvereinbarungsgespräche, 2003, S. 21.). Die Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen kann neben monetären Größen wie Gehalts- und Prämienzahlungen auch durch Wertschätzung in Form von angebotenen Qualifikations- und Weiterbildungsmöglichkeiten erhöht werden (Vgl. Kastenmeyer, Charlotte, Erfolgsfaktoren, http://www.process-coaching.de.).


Merkmale

Im Folgenden werden gesprächsinterne Merkmale eines Karrieregespräches aufgegriffen, die zu einem erfolgreichen Verlauf verhelfen können.

  • Das Instrument Karrieregespräch sollte in einem regelmäßigen Modus angewendet werden, welcher in der einschlägigen Literatur mit einem Abstand von ein Mal im Jahr empfohlen wird (Vgl. Pinnow, Daniel F., Führen, 2005, S. 279.). Im Regelfall wird dieses Gespräch zwischen einem Mitarbeiter und seinem direkten Vorgesetzten geführt.
  • Um eine beidseitige qualifizierte Vorbereitung auf das Gespräch zu ermöglichen ist es sinnvoll, sich vorher anhand von Leitfragen mit möglichen Gesprächsinhalten auseinander zu setzen. In schriftlicher Form sollten diese dem Mitarbeiter mit einer Vorlaufzeit von zwei bis drei Wochen zugehen, um eine bessere Gesprächsstrukturierung zu gewährleisten (Vgl. Czulkies, Ingrid, Mitarbeitergespräch als Führungsinstrument, http://www.handwerksblatt.de.). Als weitere Informationsquellen können der Führungskraft die Personalakte und vorherige Beurteilungen dienen (Vgl. Pinnow, Daniel F., Führen, 2005, S. 253 ff..).
  • Das Gespräch sollte ohne Unterbrechungen von außen durchgeführt werden und die Beteiligten sollten unter keinem Termindruck stehen (Vgl. Pinnow, Daniel F., Führen, 2005, S. 253 ff..). Als Richtwert für die Gesprächszeit sollten ein bis zwei Stunden angesetzt werden (Vgl. Schuler, Heinz/ Görlich, Yvonne, Leistungs- und Potenzialbeurteilung, 2006, S. 245.).
  • Die folgende Strukturierung des Gesprächsablaufes dient der Führungskraft als Orientierung bei der Durchführung und verhindert, dass einzelne Aspekte vernachlässigt werden.
Analyse der Ist-Situation
Zunächst sollte die Qualität der Ausführung der bisher übertragenen Aufgaben analysiert und der Status Quo des Entwicklungsstandes des Mitarbeiters festgehalten werden. Hemmende sowie fördernde Faktoren der Leistungsfähigkeit des Angestellten sollten hierbei ermittelt werden. (Vgl. Wieser, Martin, Karrieregespräch, S. 2, http://www.uibk.ac.at.)
Bedürfnisanalyse
Die nächste Phase ist geprägt von der Formulierung der Zielvorstellungen des Mitarbeiters in Hinblick auf seine persönliche Entwicklung. Dabei soll durch Selbstreflexion herausgefunden werden, in welcher Position sich der Mitarbeiter selbst beispielsweise in 2, 5 oder 10 Jahren sieht und durch welche Maßnahmen er dieses Ziel erreichen kann. (Vgl. Ulich, Eberhard, Arbeits- und Organisationspsychologie, 2006, S. 156 f..)
Entwicklungsmöglichkeiten
Dieser Abschnitt ist durch das Aufzeigen von Möglichkeiten und Grenzen seitens des Vorgesetzten hinsichtlich der Karrieremöglichkeiten des Mitarbeiters gekennzeichnet. Abhängig von den Unternehmensrahmenbedingungen und den bisherigen Qualifikationen sowie dem vorhandenen Potenzial des Mitarbeiters könnte eine Weiterbildung in Betracht gezogen werden, eine so genannte „bildungsbezogene“ Maßnahme. Ein weiterer Bestandteil des Gespräches umfasst die konkrete Einsatzplanung nach der Förderung, die so genannte „stellenbezogene“ Maßnahme. (Zaugg, Robert J., Nachhaltige Personalentwicklung, 2007, S. 23.)
Konkrete Förderungsmöglichkeiten durch den Vorgesetzten
Die Führungskraft zeigt nunmehr dem Mitarbeiter auf, welche Optionen er als Vorgesetzter hat, ihn beispielsweise durch eine vertikale Tätigkeitsausweitung gezielt zu fördern. Eine Möglichkeit besteht darin, dass die Führungskraft dem Mitarbeiter mehr Verantwortung überträgt („Job-Enrichment“). (Thom, Norbert Personalentwicklung, 2007, S. 7.) Des Weiteren könnte der Vorgesetzte ihn als „Talent“ an eine höhere Unternehmensebene weiterempfehlen, so dass eine gezielte Förderung des Führungskräftenachwuchses greifen kann. Der Mitarbeiter könnte gegebenenfalls im Rahmen dessen in einen Förderkreis für „High Potentials“ aufgenommen werden, dem innerhalb der Unternehmung eine besondere Bedeutung zugemessen wird. (Vgl. Thom, Norbert, Personalentwicklung, 2007, S. 11.)
Zielvereinbarungen
Im Gesprächsabschluss wird die zukünftige Zusammenarbeit näher beschrieben. Der Vorgesetzte kann nach vorheriger Abstimmung mit den Entscheidungsträgern konkrete Förderungsmaßnahmen anbieten, während der Mitarbeiter sich zur Erfüllung des vorgegebenen Zielerreichungsgrades verpflichtet. (Vgl. Heller, Ralph/ Pfanzelt, Ingrid/ Schuhmacher, Holger, Potenzialkandidaten, 2003, S. 212 ff.)


Anwendungsvoraussetzungen

Im Folgenden werden Rahmenbedingungen eines Unternehmens genannt, die eine qualifizierte Durchführung des Karrieregespräches begünstigen. Im Gegensatz zu den zuvor genannten internen Merkmalen des Instrumentes stehen hier externe Faktoren im Vordergrund.

Implementierungsprozess

Um ein neues Instrument sinnvoll im Unternehmen zu nutzen, ist ein gelungener Implementierungsprozess durch vollständige Akzeptanz der Beteiligten von hoher Bedeutung. Diese Entwicklung findet sowohl auf der Seite der Mitarbeiter als auch auf der Seite der Vorgesetzten statt.

Das Karrieregespräch unterstützt den Mitarbeiter bei der Orientierung über seine Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Es sollte ihm vermittelt werden, dass die von der Unternehmensleitung vorgegebene Verpflichtung zur Gesprächsführung für den Vorgesetzten verbindlich ist, selbst wenn der Vorgesetzte nicht hinter dem Instrument steht. Der Mitarbeiter sollte das Gespräch daher als Chance für seine Karriere ansehen, da die Gesprächsergebnisse bindend sind.

Durch festgelegte Ziele zur Förderung der beruflichen Laufbahn kann eine entsprechende Bereitschaft zur Leistungsmotivation der Mitarbeiter entstehen. (Vgl. Eberle, Astrid/ Racky, Sabine, Personal- und Zielvereinbarungsgespräch, 2003, S. 21 ff..) Auch die Seite der Vorgesetzten, die das Karrieregespräch durchführen sollen, muss in dem Implementierungsprozess berücksichtigt werden. Daher sind vor der Nutzung des Instruments spezielle Schulungen für die Vorgesetzten notwendig, in denen sie beispielsweise mit dem Ablauf und der Technik des Führens eines Karrieregespräches vertraut gemacht werden. (Vgl. Schuler, Heinz/ Görlich, Yvonne, Leistungs- und Potenzialbeurteilung, 2006, S. 244 ff..)

Unternehmensstruktur

Um eine langfristige Karriereplanung innerhalb eines Unternehmens durchführen zu können, sollte es über eine gewisse Größe verfügen, so dass entsprechende Aufstiegsmöglichkeiten überhaupt gegeben sind.

Bei kleinen und mittleren Unternehmen ist ein Karrieregespräch zwar möglich, allerdings ist hier die Intention für die Durchführung eine andere. Da die internen Aufstiegsmöglichkeiten häufig schon durch die Unternehmensgröße beschränkt sind, dient es eher dazu herauszufinden, welche Karrierepläne der einzelne Mitarbeiter verfolgt. Somit ist der Vorgesetzte, häufig in der Person des Unternehmers selbst, im Regelfall rechtzeitig über einen Weggang des Arbeitnehmers informiert und kann seine Mitarbeiterplanung effektiver anpassen.

In größeren Konzernen hingegen sind unterschiedliche Hierarchiestrukturen mit ihren jeweiligen Karrierewegen gegeben. Die Voraussetzungen für die Förderung eines Mitarbeiters müssen im Rahmen dessen transparent gemacht werden, da bei der Entscheidung, wer gefördert wird, das bisherige Qualifikationsniveau des Mitarbeiters im Vordergrund stehen sollte. Häufig erfolgt daher eine Auswahl der potenzial- und leistungsstärksten Kandidaten. (Vgl. Heller, Ralf/ Pfanzelt, Ingrid/ Schuhmacher, Holger, Potenzialkandidaten, 2003, S. 211.) Im Umkehrschluss bedeutete dies jedoch auch, dass einige Mitarbeiter weitestgehend vom Karriereprozess ausgeschlossen sind und nur begrenzte Förderungsmöglichkeiten haben. Dieser Sensibilisierungsproblematik muss sich auch der Vorgesetzte während des Gespräches bewusst sein, da abhängig von dem Bewertungsmaßstab des Unternehmens nicht jeder Mitarbeiter Karriere machen kann.

Finanzielle Mittel

Um die im Karrieregespräch festgelegten Maßnahmen effektiv durchführen zu können, bedarf es entsprechender finanzieller Ressourcen im Unternehmen. Diese kostenintensive Humankapitalbildung birgt jedoch auch das Risiko, dass bereits höher qualifizierte Mitarbeiter nach erfahrener Förderung das Unternehmen verlassen (Vgl. Krapp, Andreas/ Weidenmann, Bernd, Lernprozesse, 2006, S. 84 f..). Daher ist eine gewisse vertragliche Bindung des Arbeitnehmers an das Unternehmen bei entsprechender Investition keine Seltenheit. (Vgl. Leber, Ute, Finanzierung der beruflichen Weiterbildung, 2000, S. 232 ff..) Neben dieser Voraussetzung findet eine Karriereförderung meist erst nach einer gewissen Bewährungszeit statt, um die Entwicklungspotenziale und die Bindung an das Unternehmen seitens des Mitarbeiters besser einschätzen zu können.

Externer Karriereweg

Eine weitere wichtige Voraussetzung für das Gelingen eines Karrieregespräches ist die offene Gesprächsführung der Teilnehmer. Es besteht die Möglichkeit, dass keine Kongruenz zwischen den Zielen des Mitarbeiters und des Unternehmens hinsichtlich der internen Laufbahn und der Entwicklung besteht. Auch diese Möglichkeit zur Entscheidung hinsichtlich eines externen Karriereweges kann ein Teil des Selektionsprozesses innerhalb des Gespräches darstellen. (Vgl. Lederle, Götz/ Schneidawind, Detlef, Strategischer Wettbewerbsfaktor, 2003, S. 16.)


Gestaltungsparameter und Wirkungshypothesen

Anzahl und Zusammensetzung der Gesprächsteilnehmer

Grundsätzlich findet das Karrieregespräch zwischen dem einzelnen Mitarbeiter und seinem direkten Vorgesetzten, der für ein qualitativ hochwertig geführtes Gespräch entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen besitzen muss, statt. Die Konstellation Vorgesetzter-Mitarbeiter kann jedoch durch vorangegangene Differenzen negativ belastet sein, so dass eine objektive Bewertung des Mitarbeiters durch den Vorgesetzten nicht unbedingt gegeben ist. (Vgl. Pinnow, Daniel F. Führen, 2005, S. 253 f..) Um diese möglicherweise negativen Einflüsse zu reduzieren beziehungsweise auszuschließen wäre eine Erweiterung des Gesprächskreises sinnvoll. Dies könnte durch die Einbeziehung von einem Mitglied des Betriebsrates, der Personalabteilung oder durch ranghöhere Vorgesetzte beispielsweise Bereichsleiter, erfolgen.

  • Diese Ausweitung auf ein Mehrpersonengespräch könnte zu einer Objektivierung der Gesprächsergebnisse und zu einer größeren Informationsaufnahme führen. (Vgl. Eberle, Astrid/ Racky, Sabine, Personal- und Zielvereinbarungsgespräche, 2003, S. 25.) Durch dieses System kann eine qualifiziertere Auswahl an Förderungskandidaten im Selektionsprozess getroffen werden.
  • Gleichzeitig könnte jedoch die Gefahr bestehen, dass durch die Erweiterung der Personenzahl durch höherrangige Unternehmensmitglieder die vertrauensvolle Atmosphäre des Gespräches gestört wird, so dass sich der Mitarbeiter in seiner freien Meinungsäußerung gehemmt fühlt.


Eignungsdiagnostik im Karrieregespräch

Während des Gesprächs kann bei der Vorgehensweise der Ergebnisfindung zwischen einer Bandbreite von Gesprächstechniken mit den beiden Extremausprägungen Testcharakter und freie Optionswahl des Mitarbeiters gewählt werden. Die erstgenannte Ausprägung zeichnet sich durch eine gezielte Fragestellung des Vorgesetzten zur Ermittlung der vorhandenen Potenziale des Mitarbeiters aus, während die zweite Ausprägung die direkt geäußerten Karrierewünsche des Mitarbeiters in den Vordergrund stellt.

Bei der Gesprächsführung mit Testcharakter kann einerseits die Eignung eines Mitarbeiters für eine spezielle Position festgestellt werden, wobei der Vorgesetzte die Qualifikation und Eignung des Bewerbers bereits mit einem bestimmten Posten abgleicht. Andererseits besteht die Möglichkeit zunächst die Potenziale des Mitarbeiters zu ermitteln und darauf aufbauend eine passende Position zu finden.

  • Diese Form der Gesprächstechnik ermöglicht eine gezielte Auswahl von Mitarbeitern für offene Positionen und eine zeitliche Beschleunigung des Suchprozesses.
  • Allerdings ist hierbei auch eine Beeinflussung des Mitarbeiters durch den Vorgesetzten, sich in eine vorgegebene Richtung zu entwickeln beziehungsweise entwickeln zu müssen, vorstellbar. (Vgl. Fiege, Regina/ Muck, Peter M./ Schuler, Heinz, Mitarbeitergespräche, 2001, S.438 f./ 448.)

Bei der freien Optionswahl äußert der Mitarbeiter seine Karrierevorstellungen und beschreibt seine Eignung für bestimmte Stellen anhand seiner selbst eingeschätzten Potenziale. Hier ist es vorstellbar, dass der Vorgesetzte erst kürzlich ins Unternehmen eingetreten ist und noch keine detaillierten Kenntnisse über die Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeiter hat.

  • Dabei kann der Vorgesetzte den angebotenen Pool an Qualifikationen mit den Anforderungsprofilen offener Vakanzen vergleichen und eine entsprechende Zuweisung vornehmen.
  • Problematisch ist in diesem Zusammenhang eine mögliche Selbstüberschätzung des Mitarbeiters, da bei unterschiedlicher Auffassung über die Fähigkeiten des Arbeitnehmers für die Zukunft eine Demotivation hervorgerufen werden kann.

Bei der Eignungsdiagnostik hat sich eine Kombination beider Ausprägungen bewährt. (Vgl. Schuler, Heinz/ Görlich, Yvonne, Leistungs- und Potenzialbeurteilung, 2006, S. 245.)

Humankapitalförderung

Durch die Zielvereinbarungen innerhalb des Karrieregespräches können Qualifikationslücken aufgedeckt werden, die durch entsprechende Förderung zu schließen sind. Die Vermittlung von Fähigkeiten und Kenntnissen stellt eine personenbezogene Förderungsinvestition dar. Hierbei kann zwischen zwei Formen der Humankapitalbildung unterschieden werden. Allgemeines Humankapital eines Mitarbeiters ist universell und somit auch in anderen Firmen einsetzbar, wohingegen Spezifisches nur im derzeitigen Unternehmen anwendbar ist. (Vgl. Filer, Randall K./ Hamermesh, Daniel S./ Rees, Albert E., Economics of Work and Pay, 1996, S. 114 f..)

  • Bei der Förderung des allgemeinen Humankapitals besteht die Gefahr, dass der Mitarbeiter nach erfolgter Förderung durch den hohen Grad an allgemeinen Kenntnissen für Konkurrenzunternehmen attraktiv wird und gegebenenfalls das Unternehmen verlässt. Zur Sicherung des kostenintensiveren allgemeinen Humankapitals sind langfristige vertragliche Bindungen des Mitarbeiters an das Unternehmen eine Möglichkeit zur Wissenssicherung. (Vgl. Krapp, Andreas/ Weidenmann, Bernd, Lernprozesse, 2006, S. 84 f..)
  • Positiv wirkt sich diese vertragliche Regelung für einen im Unternehmen zufriedenen Mitarbeiter aus, da er in den Genuss der fremdfinanzierten Bildung kommt und ohnehin keinerlei Ambitionen dazu hat, das Unternehmen zu verlassen.
  • Ein unzufriedener Mitarbeiter könnte dagegen diese vertragliche Regelung als Hemmnis für seine Karriere betrachten, da eine Auflösung des Vertrags mit hohen Kosten verbunden sein könnte. Zu berücksichtigen ist in diesem Fall, dass eine Weigerung des Mitarbeiters zur vertraglichen Bindung zu seinem Ausstieg aus dem Unternehmen auf freiwilliger oder unfreiwilliger Basis führen kann. Laut der Studie des IAB-Betriebspanels 1999 sind beispielsweise so genannte Rückzahlungsklauseln vor allem in der Kreditinstitut- und Versicherungsbranche vorzufinden (Vgl. Leber, Ute, Finanzierung der betrieblichen Weiterbildung, 2000, S. 236.)

Die Förderung des spezifischen Humankapitals birgt im Gegensatz zu der Investition in allgemeine Fähigkeiten geringere Risiken der Wissensabwanderung für das Unternehmen, da lediglich intern nutzbare Kenntnisse vermittelt werden. Trotz zusätzlicher Qualifikation verbessert sich die Attraktivität des Mitarbeiters auf dem Arbeitsmarkt nicht, da sie nur im derzeitigen Unternehmen einsetzbar sind.

  • Bei häufiger Inanspruchnahme spezifischer Bildungsmöglichkeiten erhöht sich die Einsetzbarkeit des Mitarbeiters innerhalb des Unternehmens. Eine interne Karriere ist somit leichter möglich. (Vgl. Leber, Ute, Finanzierung der betrieblichen Weiterbildung, 2000, S. 229.)
  • Allerdings geht mit diesen Bildungsmaßnahmen auch eine gewisse persönliche Abhängigkeit vom Unternehmen einher, da der Arbeitnehmer durch die Dominanz des firmenspezifischen Wissens unattraktiv für andere Unternehmen erscheinen kann.


Beurteilung

Ein Karrieregespräch kann nach erfolgreicher Implementierung im Unternehmen einen hohen Zweckerreichungsgrad in Hinblick auf Mitarbeiterförderung, gezielter Führungsnachwuchsauswahl und Kommunikationskulturschaffung im Betrieb aufweisen.

Allerdings liegt genau im Bereich der Einführung und Umsetzung dieses Instruments eine entscheidende Problematik. Bei der Einführung muss der Sinn des Instruments auf allen Hierarchieebenen des Unternehmens erkannt und gefördert werden (Vgl. Eberle, Astrid/ Racky, Sabine, Personal- und Zielvereinbarungsgespräche, 2003, S. 23.). Dies umfasst eine ausführliche Beschreibung der internen Karrierewege und Entwicklungsmöglichkeiten sowie deren Zugangsmodalitäten und Verbindlichkeiten (Vgl. Heller, Ralf/ Pfanzelt, Ingrid/ Schuhmacher, Holger, Potenzialkandidaten, 2003, S. 211.). Diese Schaffung von Transparenz erleichtert Vorgesetzten und Mitarbeitern den Umgang mit diesem Instrument und vereinfacht das Abgleichen der Unternehmensziele mit den persönlichen Zielen des Mitarbeiters (Vgl. Rosenstiel von, Lutz, Interpersonale Kompetenz, 2006, S. 110 f..). Durch einen Verzicht auf klare Entwicklungsstrukturen kann die Gefahr entstehen, dass Mitarbeiter mit hohem Potenzial aufgrund fehlender Karriereorientierungsmöglichkeit das Unternehmen verlassen.

Die langfristige Umsetzung von karrierefördernden Gesprächinhalten setzt eine gewisse Unternehmensstruktur und –größe, die vielfältige interne Karrierewege überhaupt erst bietet, voraus. Bei kleineren Unternehmen sind die Entwicklungsmöglichkeiten aufgrund der Struktur stark begrenzt. Beiden Teilnehmern eines Karrieregespräches muss in diesem Fall bewusst sein, dass sich die Qualifikationsnachfrage des Unternehmens eventuell nicht mit dem Qualifikationsangebot des Mitarbeiters deckt (Vgl. Schuler, Heinz/ Görlich, Yvonne, Erfolgsrelevante Merkmale, 2006, S. 240.). Durch die beschränkten Aufstiegsmöglichkeiten kann ein Verlassen des Unternehmens bei starker Karriereorientierung des Mitarbeiters in Frage kommen.

Bei der Umsetzung des Karrieregespräches spielt die Objektivität der Beurteilung eine wichtige Rolle. Da dieses Gespräch üblicherweise vom direkten Vorgesetzten durchgeführt wird, sollte eine spezielle Schulung diesen darauf vorbereiten. (Vgl. Schuler, Heinz/ Görlich, Yvonne, Erfolgsrelevante Merkmale, 2006, S. 245.) Die Bewertung von Mitarbeiterverhalten durch den Vorgesetzten ist jedoch „anfällig für Beurteilungstendenzen“ (Vgl. Schuler, Heinz/ Görlich, Yvonne, Erfolgsrelevante Merkmale, 2006, S. 239.), da sich eventuell vorhandene persönliche Differenzen negativ auf die Objektivität auswirken können. Daher erscheint eine Systematisierung der Bewertungskriterien sinnvoll, welche die Vergleichbarkeit der Gesprächsergebnisse erhöht und eine objektivere Auswahl der zu fördernden Mitarbeiter zulässt. Als Beispiel kann das Technologieunternehmen ZF Sachs AG herangezogen werden, in dem eine so genannte Integrationsrunde eingeführt wurde. Einheitliche Formulareinschätzungsbögen, mit deren Hilfe die Vorgesetzten vorab beispielsweise die angestrebte Zielfunktion, die Mobilitätsbereitschaft sowie die fachlichen und sozialen Kompetenzen ihres Karrierekandidaten festgehalten und bewertet haben, dienen hier als Entscheidungsgrundlage für die folgende Gesprächsrunde. In dieser nennen die Führungskräfte dann ihre jeweiligen, anhand von gleichen Kriterien ausgewählten, Bewerber, um deren Förderungsmöglichkeiten dann in größerer und vermutlich objektiverer Gesprächsrunde gemeinsam zu entscheiden. (Vgl. Heller, Ralf/ Pfanzelt, Ingrid/ Schuhmacher, Holger, Potenzialkandidaten, 2003, S. 212 f..)

Bei der bisherigen Betrachtung wurde davon ausgegangen, dass die Mitarbeiter das Gespräch als Karriereförderung bereitwillig annehmen. Nicht zu vernachlässigen ist jedoch, dass nicht jeder Mitarbeiter gerne Karriere machen möchte und zufrieden mit seiner derzeitigen Position im Unternehmen ist. Um keine Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Arbeitnehmer gegenüber den Kollegen zu signalisieren, ist das Karrieregespräch für alle Mitarbeiter verpflichtend durchzuführen. Selbst wenn der Mitarbeiter keinerlei Ambitionen dazu hat, Karriere zu machen. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass sich der Mitarbeiter durch das verpflichtende Gespräch einem Entwicklungsdruck ausgesetzt fühlt. Um bei dem Vorgesetzten nicht als unmotiviert zu gelten, gibt er im Gespräch möglicherweise Karriereziele an, hinter denen er gar nicht steht.

Mit der Verpflichtung zur Durchführung eines Karrieregespräches mit allen Mitarbeitern ergibt sich eine weitere Problematik. Nicht jeder Arbeitnehmer mit dem Wunsch nach Karriereförderung wird diese tatsächlich erhalten. Zum einen können die Gründe dafür in der mangelnden Ressourcenausstattung des Unternehmens liegen, zum anderen aber auch in der Person des Mitarbeiters selbst. Durch die Klassifizierung als „nicht förderungswürdig“ kann eine Demotivation bis hin zur Leistungsverringerung hervorgerufen werden. Mit dem betroffenen Mitarbeiter ist daher ein sensibler Umgang geboten.

Bei der Berücksichtigung der zuvor genannten Anwendungsvoraussetzungen stellt ein Karrieregespräch somit einen entscheidenden Teil des Selektionsprozesses der Personalentwicklung in einem Unternehmen dar.


Literaturverzeichnis

Monographien

  • Filer, Randall K./ Hamermesh, Daniel S./ Rees, Albert E. [Economics of Work and Pay, 1996]: The Economics of Work and Pay, 6. Auflage, New York/ USA: Longman, 1996.
  • Pinnow, Daniel F. [Führen, 2005]: Führen: Worauf es wirklich ankommt, Wiesbaden: Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, 2005.


Herausgeberwerke

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  • Gonin, Nicolas/ Fahrni, Daniel/ Knecht, Rachel [Management-Development-Systeme, 2007]: Management-Development-Systeme: :Assessmentverfahren zur Auswahl und Entwicklung von Führungskräften, in: Norbert Thom, Robert J. Zaugg (Hrsg.), Moderne :Personalentwicklung: Mitarbeiterpotenziale erkennen, entwickeln und fördern, 2007, 2. Auflage, Wiesbaden: Betriebwirtschaftlicher :Verlag Dr. Th. Gabler, S. 83 - 100.
  • Heller, Ralph/ Pfanzelt, Ingrid/ Schuhmacher, Holger [Potenzialkandidaten, 2003]: Systematische Bewertung und Förderung von :Potenzialkandidaten, in: Joachim Gutmann, Karlheinz Schwuchow (Hrsg.), Jahrbuch Personalentwicklung und Weiterbildung 2004: Praxis :und Perspektiven, 2003, München: Luchterhand, S. 210 - 217.
  • Krapp, Andreas/ Weidenmann, Bernd [Lernprozesse, 2006]: Entwicklungsförderliche Gestaltung von Lernprozessen – Beiträge der :Pädagogischen Psychologie, in: Karlheinz Sonntag (Hrsg.), Personalentwicklung in Organisationen, 2006, 3. Auflage, Göttingen: :Hogrefe Verlag, S. 84 - 107.
  • Lederle, Götz/ Schneidawind, Detlef [Strategischer Wettbewerbsfaktor, 2003]: Humankapital als strategischer Wettbewerbsfaktor, in: :Joachim Gutmann, Karlheinz Schwuchow (Hrsg.), Jahrbuch Personalentwicklung und Weiterbildung 2004: Praxis und Perspektiven, 2003, :München: Luchterhand, S. 14 - 19.
  • Rosenstiel von, Lutz [Interpersonale Kompetenz, 2006]: Entwicklung von Werthaltungen und interpersonaler Kompetenz – Beiträge der :Sozialpsychologie, in: Karlheinz Sonntag (Hrsg.), Personalentwicklung in Organisationen, 2006, 3. Auflage, Göttingen: Hogrefe :Verlag, S. 108 - 137.
  • Schuler, Heinz/ Görlich, Yvonne [Leistungs- und Potenzialbeurteilung, 2006]: Ermittlung erfolgsrelevanter Merkmale von Mitarbeitern :durch Leistungs- und Potenzialbeurteilungen, in: Karlheinz Sonntag (Hrsg.), Personalentwicklung in Organisationen, 2006, 3. Auflage, :Göttingen: Hogrefe Verlag, S. 235 - 269.
  • Thom, Norbert [Personalentwicklung, 2007]: Trends in der Personalentwicklung, in: Norbert Thom/ Robert J. Zaugg (Hrsg.), Moderne :Personalentwicklung: Mitarbeiterpotenziale erkennen, entwickeln und fördern, 2007, 2. Auflage, Wiesbaden: Betriebwirtschaftlicher :Verlag Dr. Th. Gabler, S. 3 - 18.
  • Ulich, Eberhard [Arbeits- und Organisationspsychologie, 2006]: Lern- und Entwicklungspotenziale in der Arbeit – Beiträge der :Arbeits- und Organisationspsychologie, in: Karlheinz Sonntag (Hrsg.), Personalentwicklung in Organisationen, 2006, 3. Auflage, :Göttingen: Hogrefe Verlag, S. 138 - 176)
  • Zaugg, Robert [Nachhaltige Personalentwicklung, 2007]: Nachhaltige Personalentwicklung: Von der Schulung zum Kompetenzmanagement, in :Norbert Thom/ Robert J. Zaugg (Hrsg.), Moderne Personalentwicklung: Mitarbeiterpotenziale erkennen, entwickeln und fördern, 2007, 2. :Auflage, Wiesbaden: Betriebwirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, S. 19 - 41.


Zeitschriften

  • Eberle, Astrid/ Racky, Sabine [Personal- und Zielvereinbarungsgespräche, 2003]: Untersuchung der Akzeptanz von Personal- und :Zielvereinbarungsgesprächen, in: Mannheimer Beiträge, 1 (2003), S. 21 - 27.
  • Leber, Ute [Finanzierung der betrieblichen Weiterbildung, 2000]: Finanzierung der betrieblichen Weiterbildung und die Absicherung :ihrer Erträge: Eine theoretische und empirische Analyse mit den Daten des IAB-Betriebspanels 1999, in: Mitteilungen aus der :Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 33 (2000), S. 229 - 241.


Internetquellen

  • Wieser, Martin [Karrieregespräch]: Das Karrieregespräch: Eine Empfehlung zu Durchführung von Karrieregesprächen, :http://www.uibk.ac.at/personalabteilung/aktuelle themen/themen/leitfaden karrieregespraech 11012001.pdf (06.05.2007, 14:47 MEZ).