Instrumente zur Erfassung des Betriebsklimas

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Eine Messung des Betriebsklimas wird unter anderem durchgeführt um die zwischenmenschliche Situation in einem Betrieb zu erfassen. Die Messung des Betriebsklimas dient darüber hinaus dazu, Ideen zu generieren, Probleme zu identifizieren und den Erfolg von Veränderungsmaßen zu kontrollieren. Typische Messinstrumente sind die schriftliche und die mündliche Befragung, die Gruppendiskussion sowie die Beobachtung.

Definition Betriebsklima

Mit dem Begriff des Betriebsklimas werden objektive Bedingungen in einem Betrieb beschrieben, die vor allem durch die sozialen Strukturen und Beziehungen innerhalb des Betriebes beeinflusst werden. Durch diese wird wiederum das Verhalten der Betriebsangehörigen beeinflusst (Rosenstiel u.a. 1983). Das Betriebsklima wird in der Umgangssprache oft fälschlicherweise mit dem Arbeitsklima oder der Unternehmenskultur gleich gesetzt. Diese Begriffe beschreiben jedoch andere Umstände als das Betriebsklima.

Eine Definition des Begriffes Betriebsklima fällt daher schwer, zumal auch in der Wissenschaft keine einheitliche Definition des Begriffes Betriebsklima zu finden ist. Lutz von Rosenstiel nimmt eine negative Abgrenzung des Begriffes vor, welche nach seiner Aussage aber auch keinen endgültigen Anspruch erhebt:

  • Das Betriebsklima wird nicht auf individueller Ebene, sondern auf der Ebene der gesamten Belegschaft fest gemacht
  • Das Klima bezieht sich nicht auf die materiellen Begebenheiten, sondern im Kern auf die sozialen Beziehungen, d.h. Art und Umgang zwischen Kollegen und Vorgesetzten
  • Betroffen sind nicht objektive Bedingungen, sondern deren Auswirkung im Erleben im Sinne von Wahrnehmung und Bewertung

Diese drei Aussagen lassen sich zu folgender Definition zusammenfassen:

"Das Betriebsklima ist die Qualität der sozialen Beziehungen innerhalb der Organisation und der diese prägenden Bedingungen, wie sie von der Belegschaft wahr genommen werden und deren Verhalten prägen." (Rosenstiel 1992, S. 22)

Einflüsse

Wissenschaftliche Studien unterscheiden zwischen dem Betriebsklima als abhängiger Variablen (Was hat Einfluss auf das Betriebsklima?), dem Betriebsklima als unabhängiger Variablen (Worauf hat das Betriebsklima Einfluss?), aber auch als intervenierender Variablen (Wie modifiziert das Betriebsklima die Wirkung einer Variablen A auf eine Variable B?). (Hangebrauck 2003)

In vielen Fällen interagieren die Einflussvariablen allerdings wechselseitig. Hinzu kommt die Problematik der Multifunktionalität der Variablen. Beispielsweise vertreten einige Wissenschaftler die Meinung, dass das Führungsverhalten als Einflussfaktor das Betriebsklima entscheidend beeinflussen kann. (Haberkorn 2002) Für andere Wissenschaftler dagegen fungiert das Führungsverhalten nicht als Einflussvariable des Betriebsklimas, sondern als ein Bestandteil des Betriebsklimas. (Meck 2001) Noch deutlicher wird diese Problematik bei Motivation der Mitarbeiter. So können hochmotivierte Mitarbeiter Bestandteil eines guten Betriebsklimas sein, aber durch derart motivierte Mitarbeiter ein gutes Betriebsklima geschaffen werden. Mit Hilfe von Berichten und Studien aus der Praxis lässt sich das Phänomen des Betriebsklimas aber besser begreifen, sodass mögliche Einflussfaktoren und Auswirkungen je nach Aktualität definiert werden können.

Auf das Betriebsklima wirken sowohl personale als auch situationale Einflussfaktoren. (Hangebrauck u.a. 2003)

Personale Einflussfaktoren für ein positives Betriebsklima können beispielsweise sein:

  • hohe Motivation und Volition der Mitarbeiter („Wollen“ bzw. „Leistungsbereitschaft“)
  • vorhandene Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wissen, Erfahrungen („Können“ bzw. „Leistungsfähigkeit“)
  • ein vertrauensvolles Verhältnis der Mitarbeiter zueinander
  • ein respektvolles Verhältnis zwischen den Vorgesetzten und den Mitarbeitern
  • eine intrinsisch gelebte Unternehmenskultur (Identifikation der Mitarbeitern mit dem Unternehmen)
  • volle Zufriedenheit der Mitarbeiter

Situationale Einflussfaktoren für ein gutes Betriebsklima können beispielsweise sein:

  • eine gute wirtschaftliche Lage des Unternehmens
  • ein kooperativer Führungsstil
  • die konsequente, effiziente Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen
  • ein produktives Arbeitsklima
  • eine konsequente, gerechte Motivationspolitik des Unternehmens
  • eine glaubwürdige Informationspolitik des Unternehmens

Einige dieser Ursachen können gleichzeitig auch Auswirkungen eines bestimmten Betriebsklimas sein. So können beispielsweise Determinanten wie ein gutes Verhältnis der Mitarbeiter sowohl zueinander, als auch zum Vorgesetzten, oder motivierte und leistungsbereite Mitarbeiter (Pünktlichkeit, geringe Fluktuation, hohe Leistungskurve) ein positives Betriebsklima und deren Gegenteil ein schlechtes Betriebsklima bewirken. Möglich ist auch, dass eines dieser Determinanten einen Bestandteil des Betriebsklimas (z.B. Zufriedenheit) beeinflusst, und dieser wiederum Einfluss auf eine Auswirkung des Betriebsklimas hat, welches die dritte der oben genannten Einflussvariablen darstellt.

Messinstrumente

Aufgrund der Komplexität des Begriffes des Betriebsklimas kann nicht einfach die Belegschaft nach dem von ihnen empfundenen Betriebsklima befragt werden. Dies würde aufgrund der geschilderten oft fehlerhaften Differenzierung zu ähnlichen Begriffen zu keinen genauen Untersuchungsergebnissen führen. Daher ist es nötig, Betriebsangehörige nach ihrer Wahrnehmung der verschiedenen Einflussgrößen und Merkmalen des Betriebsklimas zu befragen. Hierzu gehören zum Beispiel Fragen

  • zur Identifikation/Motivation
  • zur persönlichen Entwicklung
  • zu den Kollegen und der Beziehung untereinander
  • zur Organisation
  • zu den Vorgesetzten
  • zum Bereich Information und Mitsprache
  • zur Interessenvertretung
  • zu den betrieblichen Leistungen

(Rosenstiel u.a. 1983)

Die so erfolgte inhaltliche Differenzierung kann dazu dienen, gezieltere Hinweise für Veränderungsmaßnahmen zu erhalten, insbesondere im Vergleich zu einer bloßen Zufriedenheitsbefragung (Rosenstiel: 2003. S. 26). Auf diese Art sollen möglichst alle Merkmale, Indikatoren und auch Determinanten des Betriebsklimas erfasst werden. Es kommt allerdings auf die jeweilige Situation im Betrieb, das dort selbst wahrgenommene Betriebsklima und das Ziel der Erhebung an, ob man all diese genannten Bereiche in der Messung abdeckt. Alternativ können auch nur den jeweiligen Zielen entsprechende Fragebereiche ausgewählt und diese dann mit tiefergehenden Fragen beleuchtet werden. Zudem bestimmt die Situation im Betrieb auch die Auswahl des Messinstrumentes.

Das am häufigsten eingesetzte Verfahren zur Erfassung des Betriebsklimas ist aufgrund der hohen Akzeptanz und der einfachen Durchführbarkeit die schriftliche Befragung. Alternative und bzw. oder ergänzende Maßnahmen sind die mündliche Befragung, Dokumentenanalyse, Panelbefragung, Gruppendiskussion, Workshops und Beobachtung.

Schriftliche Befragung

Da das Betriebsklima nicht direkt erfassbar ist, bildet die schriftliche Befragung das Betriebsklima über Merkmale, wie Motivation und Zufriedenheit, und Indikatoren, wie Identifikation und Teamarbeit, ab. Vorteile der schriftlichen Befragung sind die einfache Durchführbarkeit, die Vergleichbarkeit der Ergebnisse und die Möglichkeit eine hohe Repräsentativität zu erreichen. Dementsprechend hoch ist die Objektivität; die Reliabilität und die Validität hingegen sind stark vom Fragebogen abhängig. Nachteile der schriftlichen Befragung sind die eingeschränkten Antwortmöglichkeiten der Beteiligten aufgrund der Antwortvorgaben, dass externe Einflüsse nicht abgebildet werden können und, dass die Fragebögen ein oberflächliches Meinungsbild abbilden. Ergänzend zum Einsatz von schriftlichen Befragungen zur Identifikation des Betriebsklimas, bedarf es daher einer Vertiefung durch weitere Messinstrumente zur genaueren Bestimmung der Situation. Ein bekanntes Beispiel für die schriftliche Befragung ist der Erhebungsbogen zur Erfassung des Betriebs- und Organisationsklimas nach Rosenstiel (1992).

Mündliche Befragung

Die mündliche Befragung wird i.d.R. zur Generierung von Hypothesen zum Betriebsklima genutzt. Ihre größten Vorteile sind die Qualität der gewonnen Daten und die hohe Detailorientierung. Allerdings haben mündliche Befragungen nur eine geringe Vergleichbarkeit und die Durchführbarkeit ist mit einem hohen Aufwand verbunden, sodass sich der Einsatz zur Messung des Betriebsklimas nur im Einzelfall lohnt. Der Einsatz kann mit der Nähe des Erhebungsinstruments zum untersuchten Gegenstand, der hohen Gegenstandsangemessenheit, gerechtfertigt werden. Es muss beim Einsatz der mündlichen Befragung u.a. kontrolliert werden, dass es nicht zu einem Interviewer-Bias (einem Einfluss auf die Ergebnisse durch den Interviewer) kommt. Außerdem sind die Regeln zur Gestaltung und Durchführung von Interviews zu befolgen.

Gruppendiskussion

Der Einsatz von Gruppendiskussionen zur Ermittlung des Betriebsklimas ist angebracht, wenn gruppendynamische Prozesse einen großen Einfluss auf das Betriebsklima haben. Gruppendiskussionen können eine große Informationstiefe liefern. Hauptkritikpunkte sind jedoch die schwierige Vergleichbarkeit der Ergebnisse und der hohe Aufwand der Durchführung. Als Gütekriterien müssen in erster Linie die Regelgeleitetheit der Verfahren und die Nähe des Vorgehens zur tatsächlichen Situation betrachtet werden. Des Weiteren sollten die Ergebnisse kommunikativ validiert werden, um die Gültigkeit dieser zu überprüfen. Beim Einsatz einer Gruppendiskussion zur Messung des Betriebsklimas empfiehlt es sich daher dieses nur in Verbindung mit anderen Verfahren anzuwenden. (Flick 1987)

Beobachtung

Ein weiteres Instrument zur Messung des Betriebsklimas ist die Beobachtung. Gute Beobachtungen zeichnen sich durch ihre Unmittelbarkeit und ihre Tiefe aus. Allerdings ist der Aufwand sehr hoch und der Einsatz von Beobachtern kann mit ethischen Problemen verbunden sein, z.B. wenn die Teilnehmer nicht über die stattfindende Beobachtung informiert sind. Wenn Beobachtereffekte kontrolliert werden, verspricht das Verfahren eine hohe Validität, da es unmittelbar in der zu untersuchenden Situation stattfindet.

Weitere Indikatoren

Weitere Indikatoren, die Aufschluss über das Betriebsklima geben können, sind zum Beispiel typische Situationen im Arbeitsalltag (Äußerung von Kritik, Zusammenarbeit im Team), der Umgang der Mitarbeiter im Unternehmen, die Teilnahme oder Nicht-Teilnahme an Unternehmensveranstaltungen und die Bereitschaft zu Mehr- oder Sonderleistungen. Ein direkter Rückschluss von diesen Indikatoren ist jedoch nicht zulässig, da auch andere Faktoren diese Handlungen beeinflussen können.

Datenverwendung

Die genannten Messverfahren zur Ermittlung des Betriebsklimas sollen Schwachstellen im Betrieb erkennbar machen. Somit sollen Ansatzpunkte für mögliche Verbesserungen aufgezeigt werden. Mittels der genannten Messverfahren können aber – wenn überhaupt – nur recht allgemeine Problemdiagnosen gestellt werden. Erst durch den Fokus auf bestimmte Schwachstellen, die sich bei den Untersuchungen abzeichnen, lassen sich die meist komplexen problematischen Sachverhalte erkennen und analysieren. Durch eine Messung des Betriebsklimas kann in erster Linie nur ermittelt werden, in welchen Bereichen oder Abläufen des Betriebes Probleme bestehen könnten. Nichtsdestotrotz kann die Messung des Betriebsklimas zur Generierung von Ideen, zur Sensibilisierung für mögliche Probleme oder zum Erkennen von Entwicklungsmöglichkeiten sehr nützlich sein. Zudem ist es sinnvoll, eine Messung des Betriebsklimas vor und während eines geplanten organisatorischen Wandels durchzuführen. So können geplante Maßnahmen mit einer möglichst breiten Zustimmung der Belegschaft geplant und entwickelt und eingeleitete Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.

Empfehlungen und Limitationen

Vor der Durchführung einer Messung des Betriebsklimas sollte stets die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, die Messung durch einen spezialisierten externen Dienstleister durchführen zu lassen. Die Beauftragung eines externen Dienstleisters hat mehrere Vorteile: Zum einen hat ein solches Unternehmen die Kapazitäten und die Expertise, eine derartige Messung durchzuführen. Zum anderen ist es für betriebsfremde Personen leichter, den Probanden deutlich zu machen, dass ihre Angaben vertraulich und anonym behandelt werden. So können in der Regel offenere Antworten der Probanden erzielt werden, als wenn zum Beispiel eine Befragung von einem anderen Betriebsangehörigen durchführt wird. Man sollte sich stets bereits vor der Messung ein Bild vom vorherrschenden Betriebsklima machen. Nicht alle Facetten und Ausprägungen des Betriebsklimas können mit allen Messinstrumenten gleich gut wiedergegeben und bestimmt werden. Daher ist es sinnvoll zum Beispiel eine Vorab-Untersuchung mit einer kleineren Gruppe von Probanden durchzuführen. Mit Hilfe der Ergebnisse kann dann zum einen das Messinstrument bestimmt werden. Zum anderen ist auch eine tiefergehende Untersuchung der Bereiche des Betriebsklimas möglich, die sich in der Vorab-Version als relevant herauskristallisiert haben. Wie bereits dargestellt wurde, hat das Betriebsklima eine Vielzahl von Einflussfaktoren und Ausprägungen und nicht alle sind für jeden Betrieb gleich relevant. Mit einer Fokussierung auf die bedeutsamen Aspekte des Betriebsklimas kann eine möglichst exakte und somit erfolgreiche Messung durchgeführt werden. Unabhängig vom Messinstrument sollte den Befragten auch stets durch offene Fragen, zum Beispiel nach Verbesserungsvorschlägen, die Möglichkeit gegeben werden, Dinge anzubringen, die bislang in der Untersuchung nicht bedacht wurden. Auf diese Weise kann man Ergebnisse erhalten, die ansonsten nicht erfasst worden wären. Zudem ist es empfehlenswert, auch allgemeine Informationen vom Probanden zu erhalten. Hierbei kann ein Unternehmen aus einer Vielzahl möglicher Fragen entscheiden, welche für die jeweilige Situation im Betrieb relevant sein können. Dementsprechend können sich mit den Antworten auf Fragen nach dem Alter, dem Familienstand, der Form der Beschäftigung oder dem Schulabschluss Zusammenhänge zu bestimmtem Auffälligkeiten im Unternehmen erkennen lassen.

Literatur

  • Kurt Haberkorn: Praxis der Mitarbeiterführung. Ein Grundriß mit zahlreichen Checklisten zur Verbesserung des Führungsverhaltens, 10., erw. Aufl., Renningen-Malmsheim: expert-Verl., 2002, ISBN 3-8169-1905-7
  • Lutz von Rosenstiel: Betriebsklima und Leistung – eine wissenschaftliche Standortbestimmung, In: Hangebrauck, Uta-Maria et al. (Hrsg.): Handbuch Betriebsklima. 1 Aufl., Rainer Hampp Verlag, München 2003.
  • Lutz von Rosenstiel, Thomas Falkenberg, Walter Hehn, et al.: Betriebsklima heute: Studie im Auftrag des Bayrischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, 2.unveränderte Auflage, Neue Wirtschafts-Briefe, 1983.
  • Sabine Meck, Paul Gerhard Klussmann (Hrsg.): Festschrift für Dieter Voigt, Münster: LIT, 2001, ISBN 3-8258-5618-6
  • Uta-Maria Hangebrauck, Klaus Kock, Edelgard Kutzner, Gabriele Muesmann, (Hg.): Handbuch Betriebsklima, Rainer Hampp Verlag, München und Mering 2003, ISBN 3-87988-771-3.
  • Uwe Flick: Methodenangemessene Gütekriterien in der qualitativ-interpretativen Sozialforschung. In: Bergold, J. B., Flick, U. (Hg.), Ein-Sichten, dgvt, Tübingen 1987.