Idealismus

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Idealismus findet als Begriff Anwendung in der Philosophie und in der Ethik. In der Philosophie bezeichnet Idealismus eine Theorie über das Verhältnis zwischen Wahrnehmung und Realität, während er im ethischen Kontext eine Einstellung für Handlungsentscheidungen beschreibt. Im organisationalen Bereich wird Idealismus als ethischer Idealismus verstanden. Es wird betrachtet, was eine idealistische Einstellung ist und wie sich idealistische Menschen verhalten.

Begriff

Bedeutung

Herleitung des Begriffs
Der Ursprung des Wortes Idealismus liegt im griechischen Wort „ἰδέα“, was so viel wie „Idee“ oder „Urbild“ bedeutet. Dies zeigt, dass es beim Idealismus um die eigene Idee oder Vorstellung von etwas geht. Noch vor der eigentlichen Nutzung des Begriffs Idealismus liegt die Epoche, welche im Nachhinein als deutscher Idealismus bezeichnet wird. Der Zeitraum des deutschen Idealismus lässt sich sehr genau datieren. Dieser ging von Kants Kritik der reinen Vernunft 1781 bis zum Tod Hegels im Jahr 1831. Kant und Hegel gelten als die wichtigsten Vertreter des deutschen Idealismus. Jedoch haben beide das Wort Idealismus nicht verwendet. Das Wort Idealismus wurde erst ab dem Jahr 1840 verwendet, sowohl Kant (1804) als auch Hegel (1831) starben jedoch bereits davor[1].

Definition
Es gibt verschiedene Definitionen des Idealismus.

Allgemeine Definition
Hier wird mit Idealismus ein Verhalten bezeichnet, welches von den Idealen einer Person geleitet wird. Folglich stehen bei jeder Person andere Ideale im Vordergrund und bestimmen ihr Verhalten. Bei jedem Idealisten sind die persönlichen Überzeugungen wichtiger für die zu treffenden Entscheidungen als materielle Interessen. Eine idealistisch handelnde Person ist also eine, welche die eigenen Interessen bestimmten Idealen unterordnet. Ein einfaches Beispiel soll dies deutlich machen: Eine Person hilft zehn Mal im Jahr in einer Suppenküche für Obdachlose und Bedürftige. Obwohl diese Person kein Geld bekommt und allgemein ziemlich wenig Freizeit hat, hilft sie, da ihr die eigenen Ideale suggerieren, dass dieses Verhalten das Richtige ist.

Philosophische Definition
Der philosophische Idealismus sieht den Ursprung der Wirklichkeit in der Idee. So besteht alles, was als Wirklichkeit wahrgenommen wird, nur in unserem Geiste. Nach dem idealistischen Denken ist die Materie nicht der Ursprung aller Dinge, sondern nur die Darstellungsform der eigenen Ideen und Überzeugungen. In einer extremen Darstellung bedeutet dies, dass die Materie auf der Welt nicht tatsächlich in der Form existiert, in der wir sie wahrnehmen. Vielmehr nehmen wir sie auf Grund unserer Vorstellung, unserer Ideen sowie unserer Erfahrungen wahr, wie wir sie wahrnehmen.

Ethische Definition
Diese Definition besagt, dass Menschen, welche Entscheidungen auf Grund von ethischer Korrektheit treffen, verlässlich handeln und Aufgaben verlässlich erfüllen können. Darüber hinaus besagt die ethische Definition des Idealismus, dass Menschen, welche sich bei Entscheidungen auf ethische Korrektheit anstatt äußere Reize verlassen, rationelle und gesamtgesellschaftlich wertvolle Entscheidungen treffen [2].

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

Materialismus
Der Materialismus stellt einen verwandten, gegenteiligen Begriff zum Idealismus dar. Im Gegensatz zum Idealisten handelt der Materialist nicht auf Grund seiner persönlichen Überzeugungen, sondern auf Grund der mit der Handlung verbundenen materiellen Belohnung. Wie beim Idealismus lässt sich auch der Materialist von seinen eigenen Moralvorstellungen und Überzeugungen leiten. Dies jedoch nur, wenn der persönliche materielle Gewinn von diesen Überzeugungen nicht negativ beeinflusst wird. In der Philosophie stellt der Materialismus das Gegenstück zum Idealismus dar. So besagt der Idealismus, dass der Ursprung von allem in der reinen Materie liegt und unsere Erfahrungen, Ideen und Wahrnehmung keinen Einfluss auf die Realität haben.

Dualismus
Dieser stellt eine Mischform aus Materialismus und Idealismus dar. Dem Dualisten geht es nicht allein um seine Ideale, genauso wenig geht es ihm nur um den materiellen Gewinn. Damit der Dualist überzeugt von etwas ist, müssen beide Anforderungen gleichermaßen erfüllt sein. Das heißt, dass der materielle Anreiz gegeben sein muss. Darüber hinaus muss ein Dualist von etwas überzeugt sein. Wenn diese beiden Anforderungen erfüllt sind, wird der Dualist etwas als sinnvoll und zielführend ansehen. Auch in der Philosophie stellt der Dualismus die Zwischenform zwischen Idealismus und Materialismus dar. So bezieht der Dualist den Ursprung aller Dinge weder auf die Idee, noch auf die Materie allein, sondern auf eine Mischform von Beidem.

Fundamentalismus
Fundamentalisten leben ähnlich wie Idealisten nach ihren eigenen Idealen. Der Unterschied ist, dass Fundamentalisten keinerlei Kritik und Diskussion an ihren Idealen oder Anschauungen zulassen. Für sie sind ihre Ideale die einzig wahren und akzeptablen. Grundsätzlich lässt sich darüber hinaus sagen, dass ein Fundamentalist prinzipiell eine Überzeugung vertritt, welche nur von einer Randgruppe der Gesellschaft vertreten wird [3].

Veranschaulichung

Makroebene
Es ist kaum möglich, Idealismus auf der Makroebene realistisch und praxisnah zu veranschaulichen. Eine Utopie ist jedoch etwas, das der perfekten Gesellschaft eines Idealisten sehr nah kommt. Der Begriff Utopie kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet so viel wie „Nicht-Ort“. Utopia beschreibt eine mögliche, fiktive Gesellschaft, welche nicht an aktuelle, realistische Rahmenbedingungen gebunden ist. So kann sich jeder Idealist die Utopie auf seine Art und Weise, nach seinen ganz persönlichen Vorstellungen und Idealen aufbauen [4]. Der Humanist Thomas More schrieb im Jahr 1516 den Roman “Utopia” und gilt damit als Urvater der Idee der Utopie. In seiner Vorstellung gibt es eine Gesellschaft auf einer Insel, welche nach einem vollständig neuen Gesellschaftsbild lebt. So werden beispielsweise Güter nicht nach Einkommen, sondern nach Bedarf verteilt. Thomas More stellte sich so eine bessere Welt vor, in welcher es allen Menschen gleich gut geht. Dies ist jedoch nicht darauf zurückzuführen, dass es More in seinem eigenen Leben schlecht erging. Vielmehr ging es dem Schriftsteller darum, auf Missstände in der Gesellschaft aufmerksam zu machen. So handelte er beim Erstellen seiner eigenen Utopie auf Grund seiner eigenen Ideale und stellt seine materiellen Interessen in den Hintergrund [5].

Mesoebene
Auf der organisationalen Ebene lässt sich Idealismus an verschiedenen Ausprägungen erkennen. Es gibt einige Organisationen, deren idealistische Einstellung sich bereits an ihrem Produkt oder Service erkennen lässt, beispielsweise Geschäfte, welche verpackungslose Bio-Lebensmittel-verkaufen oder Stadtwerke, die nur erneuerbaren Strom anbieten. Allerdings müssen diese Produkte nicht allein auf Idealismus zurückzuführen sein, da sie auch eine Nachfrage des Marktes bedienen. Auch CSR-Programme können von Idealismus geprägt sein. Diese Programme beschäftigen sich häufig mit Umwelt- oder Menschenrechtsproblemen. Allerdings beruhen CSR-Programme nicht ausschließlich auf Idealismus, sondern sind auch teilweise Marketing Maßnahmen. Ein weiteres mögliches Anzeichen sind selbst gesetzte Standards für den Umgang mit Angestellten, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen, beispielsweise ein höherer Mindestlohn als den gesetzlich vorgeschriebenen.

Mikroebene
Auf individueller Ebene kann sich Idealismus durch eine Vielzahl verschiedener Phänomene zeigen. Ein idealistisches Individuum besitzt gewisse (Wert-)Vorstellungen nach welchen es handelt. Diese können in der eigenen Überzeugung oder einer gewissen Ideologie begründet sein. Darüber hinaus findet man idealistische Phänomene auf individueller Ebene auch in Organisationen. Der Idealist strebt dabei selbstlos nach der Verwirklichung von bestimmten Idealen. Ein Beispiel wäre ein Pazifist, für welchen die gewaltlose Lösung von Konflikten dem grundlegenden Ideal entspricht, nach dem er handelt. Hierbei handelt es sich nicht um eine Ideologie, sondern eine grundlegende Wertebasis, nach denen der Pazifist sein Handeln ausrichtet. Gleichzeitig ist auch der französische Revolutionär, der sich an den Idealen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ausrichtet, ebenfalls als Idealist zu bewerten, auch wenn sein Handeln nicht mit den Idealen des Pazifisten gleichzusetzen sind. Folglich sind Ideale etwas sehr Subjektives. Auch im organisationalen Umfeld der Wirtschaft oder Politik finden sich idealistisch motivierte Handlungsweisen. Dazu gehören Whistleblowing und Organizational Citizenship Behaviour. Whistleblowing (das Öffentlich machen illegaler Handlungen von Organisationen) ist dann möglich, wenn die Organisation idealistischen Werten widerspricht. OCB tritt auf, wenn die Person ihre Werte in der Organisation wiederfindet. Eine mögliche Handlung wäre, dass ein Angestellter seine Freizeit opfert um einem Kollegen bei einem Projekt zu helfen, dass idealistischen Werten entspricht. Allerdings muss auch hier beachtet werden, dass für diese Verhaltensarten nicht ausschließlich Idealismus eine Ursache ist.

Empirie

Verbreitung und Vorkommen

Die Gründung von NGOs erfolgt meist auf Basis von idealistischen Motiven. Beispiele hierfür stellen Greenpeace, UNICEF oder Amnesty International dar. Bei diesen Organisationen lässt sich der Idealismus bereits am Tätigkeitsbereich deutlich erkennen. Dabei ist zwischen dem allgemeinen Idealismus und dem ethischen Idealismus zu trennen. Viele NGOs basieren auf Idealen nach der allgemeinen Definition von Idealismus, weit weniger häufig lassen sie sich jedoch auch dem ethischen Idealismus zuordnen. So ist z.B. auch die NRA, die amerikanische Waffenlobby, eine NGO, die sich nach den Idealen der amerikanischen Verfassung ausrichtet, allerdings handelt es sich dabei nicht unbedingt um ethische Ideale. Bei kommerziellen Unternehmen ist Idealismus in der Regel weniger weit verbreitet und nicht Teil der grundsätzlichen Tätigkeit. Ein mögliches Anzeichen von Idealismus findet sich in CSR-Berichten. In Deutschland haben 2015 unter den 150 größten Unternehmen 72 einen CSR-Bericht veröffentlicht. Unter kleinen und mittelgroßen Unternehmen haben 165 einen CSR-Bericht veröffentlicht und zum Nachhaltigkeitsranking eingereicht [6]. Auf individueller Ebene ist es innerhalb eines Unternehmens schwierig Idealismus zu erkennen, da er nur durch Abweichung vom Normalverhalten sichtbar wird. Eine gut erkennbare Ausprägung von Idealismus ist Whistleblowing. Whistleblowing kann in verschiedenen Formen und Kontexten vorkommen. Beispielsweise gab es in den U.S.A. 91.000 durch Whistleblowing gemeldete Fälle von Diskriminierung am Arbeitsplatz [7]. Darüber hinaus gab es 3.900 durch Whistleblowing gemeldete Vergehen an die Börsenaufsicht (U.S. Securities and Exchange Commission). Allerdings kann Whistleblowing nicht zwangsläufig mit Idealismus gleichgesetzt werden, da es auch möglich ist Whistleblowing aus nicht idealistischen Gründen zu betreiben. Beispielsweise ist es auch denkbar, dass jemand einem Kollegen schaden will, um die eigenen Karrierechancen zu verbessern, ohne dass idealistische Werte eine Rolle spielen.

Determinanten

Idealismus ist eine (ethische) Orientierung und kein akut beobachtbares Verhalten. Um jedoch im organisationalen Kontext ein beobachtbares Verhalten, welches auf idealistischen Werten basiert, zu definieren, legt dieser Artikel nun im Folgenden den Fokus auf die positive normative Abweichung. Spreitzer und Sonenshein [8] beschreiben fünf Determinanten, die das Zustandekommen positiver (normativer) Abweichung und damit idealistisch geprägten Handeln begünstigen.

(persönliche) Bedeutung
Die Bedeutung eines Gegenstandes oder eines Sachverhaltes für eine Person kann dazu führen, dass die Person eher positiv abweichendes Verhalten zeigt. Dies ist dadurch begründet, dass ein persönliches oder emotionales Involvement als Motivationsfaktor dient, der letztendlich bewirkt, dass Personen eher dazu bereit sind Handlungen durchzuführen, die sich (auch) gegen Mehrheitsgruppen stellen. Die intrinsische Motivation beruht dabei auf der Tatsache, dass die betroffene Person aus einer inneren Überzeugung heraus handelt, und nicht, weil sie durch äußere Umstände dazu verleitet wird. Folgendes Beispiel soll dies veranschaulichen: Personen, die z.B. durch rechtsextreme Gewalt einen Angehörigen verloren haben, sind eher bereit sich bei der Beobachtung einer ähnlichen Tat gegen die jeweilig Handelnden zu stellen. Folglich entwickeln Umstände, in denen emotionales Involvement gegeben ist, einen positiven Einfluss auf das (normativ abweichende und damit idealistisch geprägte) Handeln von Individuen, welches das Verlangen begünstigt eine Veränderung der Situation durch das eigene Tun zu bewirken.

Selbstlosigkeit
Selbstlosigkeit (in extremer Ausprägung: Altruismus) führen durch Perspektivwechsel und Empathie dazu, dass Personen sich eher nach den Bedürfnissen anderer ausrichten, als den eigenen Vorteil zu suchen. Der Wunsch, anderen gerecht zu werden, wirkt sich daher positiv auf das Zeigen von positiver Abweichung aus.

Selbstbestimmung
Das Verständnis, dass das eigene Verhalten größtenteils durch das eigene Handeln und Denken beeinflusst wird hat ebenfalls einen positiven Einfluss auf das Zeigen von positiver Abweichung. Durch eigene Entscheidungen und selbstauferlegte Ziele entsteht ebenfalls ein intrinsischer Motivationsfaktor, der die Bereitschaft, etwas für die Ziele zu bewegen, erhöht. Auch im organisationalen Kontext bewirkt ein höheres Maß an Autonomie ein ausgeprägteres positiv-abweichendes Verhalten. Dies hat den Grund, dass Personen in ihrem Verhalten hier weniger durch bestehende Regeln oder andere Personen eingeschränkt sind, und sich dadurch mehr Gelegenheiten ergeben, ein positiv abweichendes Verhalten zeigen zu können. Ein interner Locus begünstigt folglich positiv abweichende Handlungsmuster. Im Gegenzug dazu kann übermäßige Kontrolle bzw. ein externer Locus der Kontrolle zu negativ abweichendem Verhalten innerhalb von Organisationen führen. Dies hat den Grund, dass hier davon ausgegangen wird, dass nicht das eigene Verhalten, sondern vor allem Strukturen oder andere Personen für die Ergebnisse verantwortlich sind. Dementsprechend tendieren Personen mit externem Locus der Kontrolle zu Fehlverhalten. Darüber hinaus moderiert das Level der externen Kontrolle die Beziehung zwischen Frustration und Sabotage im organisationalen Kontext [9] [10].

Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit ist die Erwartung einer Person darüber, inwieweit sie über die Fähigkeit oder Kompetenzen verfügt, eine bestimmte Handlung erfolgreich durchzuführen. Darüber hinaus wirkt sich eine gesteigerte Selbstwirksamkeit positiv auf die Motivation, das Durchhaltevermögen und Selbstbewusstsein aus. Wobei vor allem durch den Einfluss von letzterem ein positiv abweichendes Verhalten gefördert wird. Bedingt wird dies durch den Wunsch, sowohl als Person zu wachsen, wie auch das volle Potential der eigenen Leistungen abrufen zu wollen.

Mut
Mut beschreibt den Willen einer Person für Werte einzustehen, die persönlich als „richtig“ angesehen werden, auch wenn sich daraus Nachteile oder Risiken für die eigene Person bzw. deren Unversehrtheit ergeben. Mut bildet hierbei einen möglichen Initiator, um positiv abweichendes Verhalten zu zeigen, sowie um aus der Routine und Normen auszubrechen, um die eigene psychologische Komfortzone zu durchbrechen. Da mutiges Verhalten das soziale Gefüge innerhalb einer Organisation gefährden kann, wird dies teilweise sanktioniert um den Status Quo aufrecht zu erhalten [11].

Wirkungen

Grundsätzlich können Individuen und Organisationen vom Idealismus, gerade in seiner positiven Abweichung, profitieren. Spreitzer und Sonenshein [12] gehen von positiven Folgen durch subjektives Wohlbefinden, langfristige Effektivität sowie die Entwicklung von organisationalen und einheitlichen Regeln aus. Mögliche negative Auswirkung des Idealismus ist ein Realitätsverlust, da sich sehr idealistische Personen auf die positiven Ergebnisse fokussieren und mögliche negative Konsequenzen und die Umsetzbarkeit vernachlässigt werden, da sie die Ziele als so wichtig empfinden, dass sie bereit sind große Risiken einzugehen. Weitere Möglichkeiten sind Behinderung der Arbeit oder Whistleblowing, wenn Aspekte der Organisation nicht dem Idealismus entsprechen und ein idealistischer Angestellter sie verhindern will. Idealismus als Merkmal eines Managers beeinflusst das Verhältnis zum Ethik-Kodex des Unternehmens. Manager mit hohem Idealismus sehen den ethischen Kodex als nützlich an und kennen ihn, unabhängig von der Unternehmenssituation. Manager mit relativistischer Moral, d.h. einer kontextabhängigen Einstellung zu moralischen Werten, kennen und nutzen ihn auch, allerdings ändert sich eher ihre Meinung, welche Werte richtig sind, in turbulenten Situationen. Daher verringert sich in solch einer Situation ihr Bezug zum Ethik-Kodex des Unternehmens. Das bedeutet, dass ein idealistischer Manager beständiger ist, da er dem Unternehmen gegenüber unabhängig von der Situation des Unternehmens die gleiche Position zum Ethik-Kodex bezieht [13]. Idealistische Personen lassen sich eher von allgemeinen Regeln leiten und weniger vom Verhalten ihrer Kollegen beeinflussen. Bei weniger idealistischen Personen ist das Verhalten andersherum. Dadurch lässt sich ableiten, dass Idealismus die Bildung von negativem Verhalten durch Sozialisation in einer Gruppe verringert [14].

Theorie

Die Theorien des Idealismus beleuchten häufig eher dessen philosophische Seite. Da dieser Artikel jedoch mit Bezug zur Organisationsentwicklung geschrieben ist, wird der folgende Abschnitt sich mit idealistisch geprägten Phänomenen innerhalb von Organisationen auseinandersetzen.

Grundlagen der Moralentwicklung nach Kohlberg

Die Theorie der Moralentwicklung ist von Lawrence Kohlberg entwickelt worden, einem philosophisch geschulten Psychologen [15]. Sie stellt eine Weiterentwicklung der Entwicklungstheorie von Piaget [16] dar. Demnach können Personen hinsichtlich ihrer Moralentwicklung sechs Stufen zugeordnet werden, wobei sich diese sechs Stufen wiederum zu drei Niveaus zusammenfassen lassen [17]. Hierbei zeigt sich, dass Personen im fortschreitenden Alter die verschiedenen Stufen linear durchlaufen [18], wobei nicht alle Personen im Laufe ihres Lebens eine mittlere Ebene und nur weniger Personen eine hohe Moralstufe erreichen. Das präkonventionelle Niveau umfasst die ersten beiden Stufen. Auf der ersten Stufe, der heteronomen Moralität, ist Gehorsam ein Selbstzweck. Hier geht es darum, Strafen zu vermeiden (Kohlberg, 1976). Die zweite Stufe, Individualismus, beschreibt das Befolgen von Regeln, soweit sie dem eigenen Interesse und Vorteil oder dem unmittelbar erkennbaren Interesse von anderen, übergestellten Personen entsprechen [19]. Das konventionelle Niveau umfasst die mittleren beiden Stufen. Die dritte Stufe, wechselseitige Erwartungen, ist durch Beziehung, Wertschätzung und Loyalität geprägt. Hier ist die Handlung durch die Zuneigung zu anderen geleitet [20]. Auf der vierten Stufe, soziales System, steht das Individuum im Dienste der Gesellschaft. Es richtet seine Handlung an der Erhaltung oder Verbesserung der eigenen Stellung im sozialen System aus [21]. Das postkonventionelle Niveau umfasst die höchsten beiden Stufen der Moraltheorie. Die Personen auf der fünften Stufe, der des sozialen Kontrakts, haben reflektiert, dass es Normen und Grundlagen gibt, die sich in verschiedenen Gesellschaften unterscheiden. Sie betonen jedoch die Unabhängigkeit von einigen ethischen Grundregeln wie Leben und Freiheit, die in jeder Gesellschaft gewährleistet sein müssen [22]. Die finale sechste Stufe ist die der universellen Handlungsprinzipien. Hier sind eigene moralische Prinzipien die moralische Grundlage, welche auch gegen anderslautende gesellschaftliche Regeln oder Gesetze beachtet werden [23]. In Abhängigkeit zu der Stufe auf der sich eine Person befindet, ist sie eher in der Lage und verspürt den intrinsischen Wunsch aus moralischen Pflichtgefühl oder Pflichtgefühl gegenüber einer Person oder Organisation zu handeln. Nur ein geringer prozentualer Anteil an Personen in der Gesellschaft, welche das postkonventionelle Moralniveau erreicht haben, können gemäß Brandt [24] nach moralischem Pflichtgefühl handeln. Personen, welche das konventionelle Moralniveau erreicht haben, richten ihre Handlungen aufgrund des Pflichtgefühls gegenüber einer Person oder Organisation aus [25].

Phänomen: Positive Abweichung [26]

Spreitzer und Sonenshein [27] identifizierten vier Phänomene, die als idealistisches Verhalten innerhalb von Organisationen gelten können.

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Aufgrund der Tatsache, dass Idealismus eine ethische Orientierung beschreibt, kann er in Organisationen nicht direkt beobachtet werden. Die Positive Organizational Studies (POS)-Bewegung fokussiert sich daher häufig auf die positive Abweichung, die als idealistisches Handeln in Organisationen interpretiert werden kann. Zur Beschreibung dieses Konstrukts gibt es vier unterschiedliche Ansätze. Im Folgenden soll kurz erläutert werden, welcher dieser Ansätze für ein idealistisch geprägtes Handeln am passendsten ist.

Statistischer Ansatz

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Der statistische Ansatz beschreibt die positive Abweichung in Relation zur Normalverteilungskurve. Personen am linken äußeren Rand der Normalverteilungskurve sind dabei negativ abweichend, während der Bereich am rechten äußeren Rand als positiv abweichend oder überdurchschnittlich bewertet wird. Die Limitation in Bezug zu idealistischem Handeln wird an folgendem Beispiel deutlich: Bei einer Kurve, die die Leistung von Soldaten im Gefecht zeigt, stellt der Bereich links der Normalverteilung eine unterdurchschnittliche Leistung eines Soldaten dar. Der Bereich rechts der Normalverteilung wird dabei als positiv abweichend und besonders gute Leistung eines Soldaten interpretiert. In diesem Fall entspricht die Interpretation nicht der positiven Abweichung im angestrebten Sinne. Daher ist der statistische Ansatz zur Gleichsetzung zwischen positiver Abweichung und idealistischem Verhalten nicht praktikabel.

Suprakonformitätsansatz
Dieser Theorieansatz sieht in der positiven Abweichung eine übermäßige Anpassung an bestehende Normen und Regeln, die innerhalb einer Organisation existieren. Dabei bewegen sich die Individuen zwar in einem normierten ethischen Rahmen, allerdings wird die übertriebene Normenkonformität von der Referenzgruppe als unangebracht angesehen. Referenzgruppe beschreibt hierbei das personelle Umfeld der Person. So beschreibt die Referenzgruppe bspw. im Kontext eines Unternehmens die Kollegen der betreffenden Person. Hierbei wird sich nicht allein auf ethische Grundsätze bezogen, sondern vielmehr auf ein Übermaß in jeglicher Art. Auch Aktivitäten, die prinzipiell als positiv angesehen werden, können in übermäßigem Gebrauch zu einer Dysfunktionalität führen. Als Beispiel könnten hier Sport und gesunde Ernährung angeführt werden. Dabei wird aus einer ersten positiven Abweichung langfristig eine traditionelle Abweichung, die das Verhalten einer Person dominiert.

Reaktiver Ansatz
Abweichung im Sinne des reaktiven Ansatzes bezieht die Reaktion einer Beobachtergruppe mit in die Bewertung ein. Die Beobachtergruppe ist folglich diejenige (Menschen-) Gruppe, die das Verhalten der Person direkt beobachtet. Hierbei findet kein abweichendes Verhalten statt, solange nicht eine gleichgeschaltete negative Reaktion einer Referenzgruppe erfolgt. Das Paradox dieses Ansatzes wird an folgendem Beispiel deutlich: Korruption, die nicht als solche erkannt wird, ist kein negativ abweichendes Verhalten. Die Abweichung im Sinne des reaktiven Ansatzes erfordert somit das Erkennen der Handlung und eine Bewertung als negativ. Aus diesem Grund kann dieser Ansatz nicht als theoretische Grundlage der Abweichung unter idealistischen Gesichtspunkt dienen. Ein weiterer Aspekt, der diesen im Rahmen der POS als impraktikabel erscheinen lässt, ist die Konstruktion einer positiven reaktiven Abweichung. Hierbei müsste auf eine (gute) Tat ebenfalls eine negative Reaktion der Beobachtungsgruppe erfolgen, um eine positive reaktive Abweichung darzustellen.

Normativer Ansatz
Dieser theoretische Ansatz definiert positive Abweichung als ein Abweichen von gängigen Normen und Regeln. Dabei ist die Abweichung ein Verhalten das grundlegend und gewollt von der gängigen Norm abweicht. Folglich kann es sich auch hier sowohl um eine positive, wie auch eine negative Abweichung handeln. Legt man nun jedoch die POS-Forschung und die ethische Orientierung des Idealismus zugrunde, wird deutlich, warum der normative Theorieansatz die praktikabelste Sichtweise für eine Erforschung der positiven Abweichung im organisationalen Rahmen ist. Hier ist die positive Abweichung als ein „gewolltes Verhalten, dass in tugendhafter/idealistischer Weise von den Verhaltensnormen der Referenzgruppe abweicht“ definiert [28].

Normativer Ansatz: (Kern-)Aussagen
Die zentralen Aspekte dieses Ansatzes sind die Folgenden. Im Gegensatz zum reaktiven Ansatz muss bei diesem das Verhalten nicht beobachtet werden. Im theoretischen Fall einer Beobachtung würde es jedoch als vorbildlich bewertet werden. Folglich beruht die positive Abweichung auf einer Bewertung und erkennt darüber hinaus Verhalten an, das gezeigt oder nicht gezeigt werden müsste, wenn man von der Referenzgruppe ausgeht. Daraus resultiert, dass z.B. das Ablehnen von Bestechungsgeld durch einen Dozenten eines deutschen Lehrstuhls keine positive Abweichung darstellt, da dies den normativen Erwartungen an diese Berufsgruppe entspricht. Dementsprechend wird eine Referenzgruppe in die Bewertung eingeschlossen, welche die (positive) Abweichung in Relation zu einem typischen oder erwartbaren Verhalten der beobachtenden Gruppe definiert. Somit ist ein positiv abweichendes Verhalten im Sinne der normativen positiven Abweichung stets kontextabhängig und muss folglich stets neu evaluiert werden. Ein weiterer Aspekt der positiven Abweichung ist ihre Ergebnisunabhängigkeit. Hierbei hat das endgültige Ergebnis keinerlei Einfluss auf die Bewertung als idealistisch geprägte Handlung, solange die Absicht im Moment der Handlungsdurchführung ehrenhaft ist.

Daraus ergibt sich, dass eine positiv abweichende Handlung auch dann als idealistisch gilt, wenn durch die Handlung ein Schaden entsteht, welcher im Moment der Handlung nicht absehbar war. Solange eine Handlung folglich zum Zeitpunkt der Durchführung durch idealistische Motive geprägt ist, so gilt sie auch im Nachhinein als positiv abweichend, wenn sich zum aktuellen Zeitpunkt für alle Beteiligten eher Nachteile aus der Handlung entwickelt haben. Durch folgendes Beispiel soll dies deutlicher werden:

Ein Autofahrer beobachtet einen Unfall auf einer stark befahrenen Straße. Dabei fängt das verunglückte Auto Feuer. Ohne darüber Nachzudenken parkt der Autofahrer sein Auto am Straßenrand und eilt zur Unfallstelle. Er kann die bewusstlose Person trotz der Gefahr für das eigene Leben aus dem Auto bergen und an den Straßenrand schleppen. Dabei muss ihm jedoch ein größerer LKW ausweichen, der dadurch auf die Gegenfahrbahn bricht. Anschließend kommt es zu einem größeren Auffahrunfall bei dem mehrere Menschen sterben.

In diesem Beispiel ist das Handeln zum Zeitpunkt der Rettung als positiv abweichend zu bewerten, auch wenn sich im Folgenden deutlich negative Folgen aus der Tat ableiten. Dies zeigt, dass weder das Ergebnis noch der Zeithorizont in der Bewertung eine Rolle spielen. Vielmehr spielt die Referenzgruppe eine zentrale Rolle in der Bewertung des Verhaltens, da sie den Kontext der Bewertung darstellt. Folglich ist eine genaue Definition der Referenzgruppe unerlässlich, um eine fundierte Bewertung eines Sachverhaltes durchführen zu können. Die Referenzgruppe kann dabei sowohl Einheiten, Abteilungen, wie auch Organisationen, Industrien oder Gesellschaftsschichten umfassen. Während eine Handlung innerhalb der einen Referenzgruppe als positiv abweichend bewertet werden würde, muss dies in einer anderen nicht unbedingt der Fall sein. Ein Beispiel wäre folgendes: Während ein Mastbetrieb, der seine Tiere artgerecht hält, innerhalb der Massentierhaltungsindustrie durchaus als positiv abweichend im normativen Sinne bewertet werden würde, so wäre ein Biobauernhof, der dies in der Branche der Biolandwirtschaft tut, nicht positiv abweichend, da es dort der gängigen Norm entspricht.

Mechanismus für moralisches Handeln

Eigene Anfertigung nach Kohlberg 1995, Die Psychologie der Moralentwicklung

Der dargestellte Mechanismus kommt aus der Moralpsychologie und beschreibt, wie und ob eine moralische Handlung zustande kommt.

Die Haupteinflussfaktoren in diesem Mechanismus sind die Moralstufe sowie das Verantwortlichkeitsurteil der Person. Nach der Theorie von Kohlberg können Personen sich auf verschiedenen Moralstufen befinden. Die Moralstufe ist abhängig davon, ob Menschen ihr Handeln begründen können, mit welchen Regeln und Werten sie ihr Handeln begründen und wie sehr sie die Auswirkungen ihres Handelns auf andere Menschen in Betracht ziehen. Bei einer Situation, die eine moralische Entscheidung erfordert, bestimmt sie maßgeblich welche Entscheidung mit welcher Begründung als die Richtige erkannt wird. Je höher die Moralstufe, desto eher wird das Handeln mit universellen Werten begründet, die das Allgemeinwohl betrachten. Zusätzlich beeinflusst die Moralstufe inwieweit die Person sich für die Auswirkungen verantwortlich fühlt und hat somit einen positiven Einfluss auf die Umsetzung der für richtig befunden Handlung. Das Verantwortlichkeitsurteil ist die Entscheidung darüber, ob man selbst in der Verantwortung steht und dadurch selbst handeln muss. Das Gefühl für Verantwortung, die Anzahl der Beteiligten auf die sich die Verantwortung verteilt und die tatsächliche Verantwortung sind dabei relevante Einflussgrößen.

Als Beispiel dient eine fiktive Situation: Ein Angestellter einer Firma hat Einkäufe bei einem Zulieferer mit Menschenrechtsverstößen getätigt. Die Einstellung des Unternehmens allerdings schließt solche Zulieferer grundsätzlich aus. Ein anderer Mitarbeiter aus dem dreiköpfigen Einkaufsteam hat dieses Verhalten beobachtet und muss jetzt überlegen, wie er sich moralisch richtig verhält. Auf einer hohen Moralstufe folgt die Entscheidung, dass eine Meldung an das Management korrekt wäre, um das Allgemeinwohl zu schützen. Die Person fühlt sich verantwortlich, da das Team klein ist und niemand sonst es melden könnte. Daher wird die Handlung ausgeführt. Hätte das Fehlverhalten stattdessen in einem anderen Team stattgefunden und der Beobachter ist nicht direkt mitverantwortlich, könnte das Verantwortlichkeitsurteil negativ ausfallen. Dadurch würde die Meldung möglicherweise nicht durchgeführt werden, obwohl die Entscheidung getroffen wurde, dass eine Meldung das richtige Verhalten wäre. Im selben Szenario und unter der Annahme, der falsche Einkauf ist illegal und die Personen in dem Team sind mitverantwortlich, könnte eine Person mit niedriger Moralstufe auch zur Entscheidung kommen, dass eine Meldung richtig ist, da sie sich selbst vor möglichen Schäden schützen will. Für die Person wäre allerdings das moralische Problem hier nicht, dass den Menschen Schaden zugefügt wird, sondern, dass sie einem Kollegen Probleme bereitet. Da die Person in dem kleinen Team mitverantwortlich gemacht werden könnte, würde sie sich für die Meldung entscheiden. Es wird also die gleiche Handlung als richtig gesehen, obwohl sie nicht idealistisch begründet ist, sondern nur dem Selbstschutz dient [29].

Anwendung

Bedeutung für Veränderungsprozesse

Von vielen Unternehmen wird heutzutage ein sogenannter Social Change Agent in Veränderungsprozessen eingesetzt. Diese Person soll den Veränderungsprozess betreuen und ihn auf verschiedene Art und Weise beeinflussen. Grundlage hierfür sind einige wichtige Grundeigenschaften, die der Mustertyp des Social Change Agents mit sich bringt. Zum einen ist dieser mit dem Unternehmen eng verbunden und hat aus diesem Grund ein hohes Interesse an einer erfolgreichen Veränderung in diesem. Diese Eigenschaft bringt dem Social Change Agent den notwendigen Realismus ein. Zum anderen sollte der Mustertyp des Social Change Agents auch idealistisch veranlagt sein. So vertritt er neben den Interessen des Unternehmens auch seine eigenen Ideale und versucht in schwierigen Situationen einen Mittelweg zu finden, welcher beide Eigenschaften in sich vereint. Grundsätzlich ist es der Idealismus, welcher eine gute und wichtige Grundlage für Veränderungsprozesse bildet. Paart man diesen jedoch nicht mit genügenden Realismus, so bleibt der „ideale“ Wechsel eine Utopie oder ein Wunschtraum. Dafür, dass der idealistische Social Change Agent im Veränderungsprozess wahr und ernstgenommen wird, ist die positive, normative Abweichung des Idealismus im Unternehmen wichtig. So werden seine Ideale ernst und nicht nur als Träume wahrgenommen [30].

Fallbeispiel

Die Merck & Co., Inc. ist eines der größten Pharmaunternehmen der Welt (heute wird es nach Pfizer, Roche & Novartis als viertgrößtes geführt). Im Jahr 1970 entdeckten Forscher dieses Unternehmens ein Mittel für die Heilung von Flussblindheit (Oncho Karzinose). Diese Krankheit wird durch den Biss von Parasiten übertragen, führt zu Hautreizungen, entstellenden Infektionen sowie am Ende zur vollkommenen Blindheit. Sie tritt in Afrika und Lateinamerika auf. Nach der Entdeckung des Heilmittels waren für Merck & Co. teure und aufwendige Tests notwendig, um eine Genehmigung für den Verkauf dieses Medikaments zu bekommen. Jedoch war dem Management von Anfang an klar, dass die eigentliche Zielgruppe sich das Medikament nicht leisten können wird. Aus diesem Grund kämpfte Merck & Co. lange für Fördergelder der US-amerikanischen Regierung. Diese wurden jedoch aus verschiedensten Gründen immer wieder abgelehnt. Irgendwann beschloss Merck & Co. auf Basis seiner Grundwerte diese Mittel zu verschenken und so vielen Menschen die Blindheit zu ersparen. Seit dem Jahr 1987 (in welchem das Mittel genehmigt wurde) verschenkte Merck & Co. so bisher 700 Millionen Tabletten an Bedürftige. Darüber hinaus hält Merck & Co. seit vielen Jahren Partnerschaften mit verschiedenen Non-Profit-Organisationen, wie zum Beispiel der World Health Organization oder UNICEF [31].

Erklärung des Fallgeschehens

Das Management der Merck & Co., Inc. hatte in den 1970er Jahren zwei Möglichkeiten. Zum einen gab es die Möglichkeit, alles zu versuchen, um das Medikament profitabel an den Markt zu bringen. Die andere Möglichkeit besteht darin, den Profitgedanken des Unternehmens hintenanzustellen und aus den eigenen Idealen heraus zu handeln. Das Management hat sich in diesem Fall dazu entschieden, den Menschen helfen zu wollen und so ihren Idealen zu folgen. Hier steht das persönliche Ideal deutlich über dem materiellen Interesse. Des Weiteren ist das Handeln des Managements eines, welches generell als ehrenhaft angesehen wird, dies ist ein weiterer Indikator für Idealismus. Das Handeln war zudem freiwillig, das Management hat also nicht auf Grund von äußeren Einflüssen so gehandelt. Zum Schluss bleibt noch festzustellen, dass das Management abweichend von der Norm gehandelt hat. Im Grunde stehen in der freien Wirtschaft meist die materiellen Interessen im Vordergrund. In diesem Fall waren die Ideale der Menschen jedoch wichtiger als das materielle Interesse des Unternehmens.

Literatur

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Einzelnachweise

  1. Hülgi/Lübecke, 1997
  2. Park-Poaps, 2005
  3. Dudenredaktion, 2017
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  5. More, 1516
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