CATWOE

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Das Akronym CATWOE bezeichnet eine analytische Vorgehensweise zur Strukturierung nicht exakt spezifizierter Problemstellungen in Organisationen. Den Kern der Methode bildet das systematische und gemeinschaftliche Formulieren von Basisdefinitionen des vorliegenden Problems, um dessen Kern sowie das Wirkungsgefüge der betroffenen sozialen Systeme abzubilden.

Thematische Einordnung

Die CATWOE-Analysetechnik bildet ein zentrales Element der von Peter Checkland et al. entwickelten Soft Systems Methodology. Diese beruht auf der Grundannahme, dass sich Problemstellungen aus der realen Welt durch modellbasiertes, systematisches Suchen nach geeigneten Mitteln zur Erreichung eines Ziels beschreiben lassen.

Vor dem Hintergrund, dass Probleme zumeist in unstrukturierter Form vorliegen und damit verbundene Entscheidungsprozesse durch Interessens- und Zielkonflikte sowie abweichende Weltanschauungen der Beteiligten beeinflusst werden, zielt die Soft Systems Methodology darauf ab, die Wirkungszusammenhänge sozialer Systeme systematisch zu analysieren und auf Basis eines konzeptuellen Modells Handlungsstrategien zu entwickeln. Dabei wird die Harmonisierung der Standpunkte der beteiligten Individuen als zentraler Erfolgsfaktor der Lösungsfindung erachtet.

Neben der eigentlichen Systemoptimierung steht im Rahmen der Soft Systems Methodology vor allem die Förderung organisationalen Lernens und Denkens als übergeordnetes Ziel im Vordergrund. Hierzu wird mittels der in der CATWOE-Analyse erarbeiteten Basisdefinitionen die reale Problemsituation in ein theoretisches Systemmodell überführt, um die Denkprozesse der Beteiligten auf einer Meta-Ebene zu strukturieren.[1]

Das CATWOE-Verfahren

Abb. 1: CATWOE als Element der Soft Systems Methodology[2]
Abb. 2: Beispielhafte Basisdefinition[3]

Bei der CATWOE-Analyse handelt es sich um eine Kreativitätstechnik im Rahmen des systemischen Denkens. Die Basis hierfür bildet eine zuvor erfolgte Beschreibung des Problems sowie der in diesem Kontext relevanten Rahmenbedingungen. So sollten nach Checkland für die CATWOE-Analyse folgende Informationen zur Vorstrukturierung des Problems vorliegen:

  • Auflistung der an der Problemsituation beteiligten Personen sowie das Klären von potentiellen Gruppen (Betroffene, Problemlöser)
  • Analyse kultureller Aspekte (soziale Rollen und deren Normen)
  • Betrachtung der (mikro-)politischen Machtstrukturen[4]

Innerhalb der CATWOE-Analyse gilt es die an der Problemsituation beteiligten Systeme zusammenzutragen, die für die Problemsituation von Bedeutung erscheinen sowie auf mögliche Veränderungsvorschläge und Handlungsstrategien hinleiten. Dieses geschieht durch das Formulieren von Basisdefinitionen nach der CATWOE-Systematik. Die Problemstellung wird dabei aus den folgenden Perspektiven erörtert und reflektiert:[5]

Buchstabe Perspektive Zentrale Fragen
C Customers Welche Nutzer eines Systems betrifft in welchem Umfang das Problem? Wer würde von einer Veränderung profitieren, wer wäre benachteiligt?
A Actors Welcher Personenkreis müsste die Veränderung durchführen?
T Transformation Worauf zielt der Umwandlungsprozess, wie wird Input in Output umgewandelt, wie wird mit veränderndem Input umgegangen?
W Weltanschauung Welches übergeordnete Problem soll angegangen werden, welche Implikationen ergeben sich aus seiner Einführung?
O Owners Welcher Personenkreis besitzt die Entscheidungskompetenz im Transformationsprozess? Wie sind deren Interessen?
E Environment Was sind die (beschränkenden) Grenzen des Systems? Wie können diese überwunden werden?

Es wird empfohlen auf die Erarbeitung des Transformationsprozesses T eine besondere Sorgfalt zu legen, da dieser nach Checkland den eigentlichen Kern und Ausgangspunkt der Methode bildet und für die weiteren Schritte der Soft Systems Methodology von elementarer Bedeutung ist. So gilt es jede an der Problemstellung ansetzende Aktivität im Rahmen eines Transformationsprozesses abzubilden und in den systemischen Zusammenhang zu setzen. Der Transformationsprozess wird im Format Input → Transformation → Output dargestellt. Dabei ist der Prozess so zu formulieren, dass ein konkreter Input auch einen konkreten Output nach sich zieht und ein abstrakter Input in einem abstrakten Output aufgeht.[6]

Der Transformationsprozess ist in Einklang mit den Weltanschauungen der beteiligten Systeme Customers, Actors und Owners sowie der Systemumwelt zu bringen. Dieses zielt darauf ab, dass die entworfenen Lösungsstrategien zu der Organisationskultur passen. Die Harmonisierung der unterschiedlichen Weltanschauungen bildet somit die zentrale Herausforderung im Rahmen des Verfahrens.[7] [8] Die CATWOE-Analyse schließt mit der Festlegung auf eine sechsgliedrige Basisdefinition der relevanten Systeme und stellt damit die Basis für die Entwicklung eines konzeptuellen Models in dem nächsten Schritt der Soft Systems Methodology dar.[9]

Bewertung

Der Zweck der CATWOE-Analyse liegt nach Checkland und Smyth darin, einen ganzheitlichen Blick auf eine unstrukturierte Problemsituation unter dem Einbezug der Perspektiven der beteiligten Stakeholder zu erhalten.[10] Nach Bergvall-Kareborn et al. bildet die Technik jedoch nicht direkt die Realität ab, sondern dient eher dem organisationalen Lernen und dem Offenlegen sozialer Wirkungszusammenhänge.[11] Die CATWOE-Analysetechnik ist als Teilelement der Soft Systems Methodology in Wirtschaft und Politik weit verbreitet und wird im Wesentlichen noch in seiner Entwicklungsform von 1976 verwendet.[12] Dieses führt nach Bergvall-Kareborn et al. zu der Annahme, dass die Methode einen wirksamen und wichtigen Beitrag zu der Erstellung konzeptueller Modelle leistet.[13]

Kritiker verweisen vorwiegend auf die fehlende Theoriebasis und damit einhergehend eine kaum vorhandene wissenschaftliche Fundierung. Dadurch besteht in der praktischen Durchführung die Gefahr, dass die Anwender die Bedeutung und Wirkungszusammenhänge der einzelnen Elemente nicht ganzheitlich verstehen und relevante Systemzusammenhänge nicht abgebildet werden. Zudem wird kritisch erwähnt, dass das von Checkland et al. vorgesehene multiperspektive Bild durch die Tendenz der Festlegung auf eine Basisdefinition in der Anwendung nicht verlässlich erreicht wird. Gerade bei stark variierenden Weltanschauungen und Interessen der involvierten Personen ist nicht auszuschließen, dass die Vorschläge der (mikro-)politisch einflussreicheren Beteiligten eher implementiert werden und davon abweichende Perspektiven kaum Beachtung erfahren, so dass lediglich eine scheinbare Interessensharmonisierung vorliegt. Damit einhergehend existieren Hürden bei der Übertragung der systemtheoretischen Resultate in die reale Welt, z.B. durch eine Nichtakzeptanz von Beteiligten, deren subjektive Weltanschauung nicht hinreichend in der Basisdefinition abgebildet wird.[14]

Der Durchführungserfolg der Methode hängt in hohem Maße von der Befähigung und Beteiligungsbereitschaft der involvierten Personen ab und stellt hohe Anforderungen an deren kognitive und soziale Fähigkeiten. Es bedarf zum Beispiel eines hohen Maßes an Empathie, um die Problemsituation aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten zu können. Hinsichtlich der Beteiligungsbereitschaft gilt es zudem bei den Beteiligten Vorbehalte gegenüber dem generellen Einsatz einer Kreativitätstechnik auszuräumen. So zeigt eine Studie von Mueller et al., dass Menschen zwar grundsätzlich nach Kreativität streben, jedoch gleichzeitig Vorbehalte gegenüber Neuem haben.[15] Als weiteren Kritikpunkt äußern verschiedene Autoren unterschiedlicher Disziplinen, dass die CATWOE-Analyse vereinzelte Schwächen der exakten Definition einzelner Elemente aufweist und ein Bedarf an partieller Neuformulierung besteht. So regen zum Beispiel Bergvall-Kareborn et al. die Umbenennung der Kategorie "Owner" in "Decision-makers" oder "Customers" in "Affectees" an, da die ursprünglichen Begriffe durch deren Verwendung im täglichen Sprachgebrauch zu Verwirrungen führen könnten.[16] Zudem bestehen einzelne Vorschläge zur Ergänzung der Methodik wie etwa durch Minger, der für eine präzisere Abbildung des Transformationsprozesses einen Einsatz von Diagrammen zur Erklärung des System-IST-Zustandes anregt.[17]

Zusammenfassend lässt sich die CATWOE-Analyse innerhalb der Soft Systems Methodology als variable und etablierte Technik beschreiben, welche unter Einbezug der Organisationskultur und Interessensharmonisierung der beteiligten Systeme ein systematisches Vordringen an den Problemkern ermöglicht. Als besonderer Vorzug ist die Kombinierbarkeit mit anderen Techniken wie etwa Systems Dynamics herauszustellen, da so die Möglichkeit gegeben wird, die Problemstellungen unter quantitativen und qualitativen Aspekten zu betrachten und Systemzusammenhänge auch kennzahlenbasiert beschreiben zu können.[18] Für zukünftige Forschungsbemühungen ergibt sich aus der in der Literatur geäußerten Kritik primär das Schaffen eines Theorierahmens, welcher für eine vereinfachte Anwendbarkeit und Präzisierung die Wirkungszusammenhänge der in dem Akronym enthaltenen Teilelemente verdeutlicht sowie deren Bedeutung aufzeigt.

Literatur

Basden, A.; Wood-Harper, T. (2006): A philosophical discussion of the root definition in soft systems thinking: an enrichment of CATWOE. In: Systems Research and Behavioral Science, Vol. 23, S. 61–87.

Bergvall-Kareborn, B., Mirijamdotter, A. and Basden, A. (2004): Basic principles of SSM modelling: an examination of CATWOE from a soft perspective. In: Systemic Practice and Action Research, Vol. 17, S. 55-73.

Checkland, Peter (1989): Soft systems methodology, in: Rosenhead, Jonathan [Hrsg.]: Rational analysis for a problematic world : problem structuring methods for complexity, uncertainty and conflict. Chichester [u.a.] : Wiley, 1. Auflage.

Georgiou, I.(2006): Managerial Effectiveness from a System Theoretical Point of View. In: Systemic Practice and Action Research, Vol. 19, S. 451.

Hardman, Julie; Paucar-Caceres, Alberto (2010): A Soft Systems Methodology (SSM) Based Framework for Evaluating Managed Learning Environments. In: Systemic Practice and Action Research, Vol. 24, S. 165-185.

Jackson, M.C. (2003): Systems Thinking: Creative Holism for Managers, Chichester [u.a.] : Wiley, 1. Auflage.

Mingers, J. (1992): Questions and suggestions in using soft systems methodology. In: Systemic Practice and Action Research, Vol. 14,S. 54–61.

Mueller, J. S.; Melwani, S.; Goncalo, J. A. (2011): The bias against creativity: Why people desire but reject creative ideas. [Elektronische Fassung]. Abgerufen am 04.07.2013: Cornell University ILR School

Smyth, D.S.; Checkland, P.B. (1976): Using a systems approach: the structure of root definitions. In: Journal of Applied Systems Analysis, Vol. 5, S. 76.

Weiterführende Literatur

Dias, W.P.S. (1999): Soft Systems approaches for analysing proposed Change and stakeholder response - a case study. In: Civil Engineering and Environmental Systems, Vol. 17, S. 1-17, Taylor and Francis. (Anwendung der CATWOE-Analyse im Rahmen des Bauwesens zur Umweltsystemanalyse)

Rodríguez-Ulloa, R.A.; Montbrun, A.; Martínez-Vicente,S. (2011): Soft System Dynamics Methodology in Action: A study of the Problem of Citizen Insecurity in an Argentinean Province. In: Systemic Practice and Action Research, Vol. 24, S. 275-323, Springer Science+Business Media. (Anwendung der CATWOE-Analyse im Rahmen der Innenpolitik zur Regionalanalyse)

Goh, M.; Prakash, S.; Yeo, R(2007): Resource-based approach to IT shared services in a manufacturing firm. In: Industrial Management & Data Systems, Vol. 107, S. 251-270, Emerald. (Anwendung der CATWOE-Analyse im Rahmen der Organisationsentwicklung eines IT-Unternehmens)

Gibbons, P.M.; Kennedy, C.; Burgess, S.C.; Godfrey, P. (2012): Developing an asset management value improvement model (a-VIM) approach for an airport operational engineering environment. In: International Journal of Quality & Reliability Management, Vol. 29, S. 797-819, Emerald. (Anwendung der CATWOE-Analyse im Rahmen der Organisationsentwicklung eines Flughafens)

Ferrari, F. M.; Fares, C. B.,; Martinelli, D. P. (2002): The systemic approach of SSM: The case of a Brazilian company. In: Systemic Practice and Action Research, Vol. 15, S. 51–66, Springer Science+Business Media. (Anwendung der CATWOE-Analyse im Rahmen der Organisationsentwicklung eines Flughafens)

Einzelnachweise

  1. Vgl. Checkland, P. (1989), S. 78-82.
  2. Modifiziert nach Checkland, P. (1989), S. 84.
  3. Modifiziert nach Checkland, P. (1989), S. 87 und Hardman,J., Paucar-Caceres, A. (2010), S.174.
  4. Vgl. Checkland, P. (1989), S. 84-86.
  5. Vgl. Checkland, P. (1989), S. 86-89.
  6. Vgl. Checkland, P. (1989), S. 86-89.
  7. Vgl. Georgiou, I. (2006), S. 451.
  8. Vgl. Jackson, M.C. (2003), S. 10.
  9. Vgl. Checkland, P. (1989), S. 86-89.
  10. Vgl. Smyth, D.S.; Checkland, P. (1989), S. 75.
  11. Vgl. Bergvall-Kareborn et al.(2004), S. 57.
  12. Vgl. Basden, A.; Wood-Harper, A.T. (2003), S.2.
  13. Vgl. Bergvall-Kareborn et al.(2004), S. 58.
  14. Vgl. Bergvall-Kareborn et al.(2004), S. 58.
  15. Vgl. Mueller et al.(2011), S. 10f.
  16. Vgl. Bergvall-Kareborn et al.(2004), S. 70.
  17. Vgl. Mingers (1992), S. 56f.
  18. Vgl. Rodríguez-Ulloa, R.A.; Montbrun, A.; Martínez-Vicente,S., S. 276ff.