Arroganz

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Arroganz (lat. arrogantia bedeutet Überheblichkeit, Anmaßung) versteht man als den Besitz oder die Offenbarung eines übertriebenes Gefühl für die eigenen Fähigkeiten oder die eigene Bedeutung.

Begriff

Unter Arroganz versteht man den Habitus von Personen, die, basierend auf ihrem Wissen über bestimmte Eigenschaften oder Fähigkeiten, über die sie verfügen, schlussfolgern, anderen Mitmenschen überlegen zu sein. Dieser Habitus der Arroganz tritt insbesondere in der Interaktion mit anderen Personen auf, wobei deren Bedürfnisse und Wünsche, im Vergleich zu den Bedürfnissen der arroganten Person, als minderwertig angesehen werden.[1]

Bedeutung

Im täglichen Sprachgebrauch hat der Begriff „Arroganz“ eine negative Konnotation und wird häufig synonym zu Begriffen wie Hochmut, Egoismus oder übersteigertes Selbstbewusstsein verwendet. Arroganz gilt als Persönlichkeitsmangel da sie als eine Last für die betroffenen Personen und dessen Umfeld wahrgenommen wird. Arroganz betrifft gründet nicht allein im Bild von sich selbst, sondern auch in der Beurteilung der Beziehung zu anderen Personen.[2]

Die Charaktereigenschaft „Arroganz“ ist von der situativen Arroganz zu differenzieren. Diese beschreibt situationsbedingte, arrogante Verhaltensweisen einer Person, impliziert jedoch keine Arroganz als Persönlichkeitsmerkmal. Situative Arroganz tritt häufig in folgenden Situationen auf:

  • Arroganz als Selbstschutz. Beispielsituation: Eine Person möchte gegenüber anderen Mitmenschen keine Schwäche oder Unwissenheit zeigen und gibt absichtlich fälschliche Informationen, die sie den anderen überlegen erscheinen lassen.
  • Arroganz als Eigenmotivation. Beispielsituation: Im sportlichen Umfeld bei einem Wettkampf spricht eine Person sich selbst motivierend zu und beschreibt sich gedanklich selbst als “der/die Beste“, als „besser als alle anderen Konkurrenten zu sein“ und als „den anderen überlegen zu sein“.
  • Arroganz als „Mittel zum Zweck“. Beispielsituation: In einem Bewerbungsgespräch beschreibt sich eine Person als der/die beste Kandidat/in, kommuniziert ausführlich die eigenen Stärken sowie die Qualifikationen, die sie/ihn positiv von anderen Kandidaten differenzieren. Damit erhofft man sich bessere Chancen auf den Erhalt der Stelle und auf eine gute Bezahlung.

Im situativen Kontext ist Arroganz je nach Gegebenheit als positiv oder negativ zu bewerten und von der Charaktereigenschaft, als Persönlichkeitsmangel, abzugrenzen.

Ähnliche Begriffe

Im täglichen Sprachgebrauch wird Arroganz häufig ähnlich wie die Begriffe Hochmut, Egoismus oder übertriebenes Selbstbewusstsein verwendet. Arroganz tritt zwar oft in Verbindung mit diesen Begriffen auf, ist dennoch wie folgt abzugrenzen.

  • Hochmut: Hochmut wird Personen zugeschrieben, die ihren eigenen Wert, ihren Rang oder ihre Fähigkeiten unrealistisch hoch einschätzen.[3] [4] Arroganz ist von Hochmut abzugrenzen, da Arroganz auch auf einer realistischen Einschätzung der Fähigkeiten beruhen kann, aus denen der Überlegenheitsgedanke einer arroganten Person resultiert.
  • Egoismus: Egoismus wird Personen zugeschrieben, die primär nach Vorteilen für sich selber streben, ohne Rücksicht auf die Ansprüche anderer Personen zu nehmen.[5] Arroganz ist von Egoismus abzugrenzen, da Egoismus nicht unbedingt mit der Annahme einer allgemeinen Überlegenheit anderen Mitmenschen gegenüber verbunden ist. Egoismus kann situationsbedingt sein, d.h. durch das Bedürfnis stimuliert werden, die eigenen Bedürfnisse in einer gegebenen speziellen Situation durchzusetzen). Es gibt daneben z.B. auch personenbezogen Egoismus, der sich gegen bestimmte Personen richtet, denen man nicht gewogen ist.
  • Selbstbewusstsein: Selbstbewusstsein gründet in der Überzeugung, besondere Fähigkeiten zu haben. Mit selbstbewusstem Verhalten geht oft ein selbstsicheres Auftreten einher.[6] Arroganz und Selbstbewusstsein sind voneinander zu differenzieren, da selbstbewusste Personen zwar eine hohe Meinung von ihren Fähigkeiten haben, sich ihren Mitmenschen gegenüber jedoch nicht überlegen sehen.

Entstehung

Die Arroganz einer Person hat sowohl eine intrapersonelle als auch eine interpersonellen Verankerung.

Intrapersonelle Ebene

Arroganz gründet in der Überuzeugung, besondere Eigenschaften und Fähigkeiten zu besitzen und deswegen anderen Mitmenschen grundsätzlich überlegen zu sein. Gemessen an verbreiteten gesellschaftlichen Standards über „ein gutes Leben“ und „erfolgreiche Menschen“, glauben arrogante Personen, sie verkörperten ein Menschenideal und die Vorstellung von überdurchschnittlichen Menschen.[7]

Interpersonelle Ebene

Arrogante Personen sehen ihre Tätigkeiten und Pflichten als wichtiger an, als die Tätigkeiten und Pflichten anderer Personen. Mitmenschen sollen auf die arrogante Person Rücksicht nehmen und ihr jederzeit zur Verfügung stehen. Der Grundgedanke ist hierbei, dass arrogante Personen nicht „mit“ anderen Mitmenschen, sondern die anderen Mitmenschen „für“ die arrogante Person arbeiten. Mit dem Überlegenheitsgefühl der arroganten Person geht ihre Überzeugung einhet, ihre Mitmenschen könnten ihr keinen Mehrwert bieten. im Leben stiften. In der Folge verhalten sie sich überheblich und herablassend. Arroganz motiviert zur Herstellung eines hierarchischen Beziehungsverhältnisses. Allerdings gelingt es nicht jeder arroganten Person, ihren Überlegenheitsanspruch gegenüber anderen Personen auch durchzusetzen.[8]

Empirie

Verbreitung

Nur eine geringe Anzahl empirischer Studien befasst sich speziell mit der Arroganz am Arbeitsplatz. Weit häufiger wird das mit der Arroganz eng verwandte Konstrukt des Narzissmus untersucht Narzissmus. Narzissmus ist neben Psychopathie und Machiavellismus ein Element der Dunklen Triade der Persönlichkeit. Personen mit diesen Eigenschaften pflegen einen gefühllos-manipulativen interpersonalen Verhaltensstil. Trotz der begrifflichen Überschneidungen betonen Johnson et al. (2010) konzeptionelle Unterschiede. So äußere sich Arroganz erst in sozialen Interaktionen, während Narzissmus Denken und Handeln auch in außersozialen Kontexten prägten.[9]

Im Mittelpunkt der empirischen Untersuchungen zur Arroganz steht zumeist die Arroganz des Vorgesetzten gegenüber seinen Mitarbeitern. Seltener wird Arroganz unter Mitarbeitern betrachtet.[10]

Robinson et al. (2017) nehmen an, dass es geschlechterspezifische Unterschiede bei Arroganz gibt. Sie begründen dies damit, dass sich Männer eher in der Rolle des Jägers sähen und damit einhergehend ein höheres Bestreben nach Macht und Dominanz hätten.[11] Die Ergebnisse ihrer empirischen Studie lassen sich jedoch nicht generalisieren. Andere Studien stellten keine geschlechtsspezifischen Unterschiede fest.

Kritisch anzumerken ist, dass es bislang keine überzeugenden Ansätze gibt, Arroganz als Persönlichkeitsmerkmal objektiv zu messen. In der Regel wird Arroganz mittels subjektiver Selbsteinschätzung der Probanden oder Einschätzung von Kollegen erhoben. Erfasst wird damit also eher die Wahrnehmung von Arroganz.

Determinanten und Wirkung

Forscher sehen in Arroganz mehrheitlich einen selbstwertschützenden Mechanismus. Arrogantes Verhalten ist damit ein Versuch, Unzulänglichkeiten zu kaschieren. Durch Abwerten des Gegenübers wird ein Gefühl der Überlegenheit erzeugt.[12] Johnson et al. (2010) fanden eine positive Korrelation zwischen Arroganz und Dominanzverhalten. Dominanzverhalten, also der Versuch, andere zu kontrollieren, wird als ein Hauptmerkmal arroganter Personen betrachtet. Ferner konnte ein Zusammenhang mit psychischer Belastung und Wut festgestellt werden. Wird das Bild von der eigenen Überlegenheit durch das Verhalten der Mitmenschen nicht bestätigt, reagierten arrogante Personen ungehalten. Es konnte außerdem festgestellt werden, dass arrogante Personen dazu tendieren, Situationen zu vermeiden, die eine erhöhte Gefahr des Scheiterns bergen und somit potenziell ihrem positiven Selbstbild schaden könnten. Diskrepanzen zwischen dem eigenem Selbstbild und dem Urteil anderer führt bei arroganten Menschen zu einer starken psychischen Anspannung. Die Studie von Johnson et al. zeigt, dass arrogante Probanden oft ein nur geringeres Selbstbewusstsein aufweisen und ihr Verhalten daszu diesen, das geringe Selbstwertgefühl zu überspielen.[13]

Arroganz im betrieblichen Kontext

Arrogante Führungskräfte haben laut Studien einen erheblichen negativen Einfluss auf das Unternehmen und ihre Mitarbeiter. Nach einer Studie von Borden et al. (2018) hemmen arrogante Führungskräfte die Entwicklung der Mitarbeiter. Die in der Studie betrachteten Mitarbeiter waren nicht bereit, Feedback bei ihrer Führungskraft zu suchen und anzunehmen, da sie die geäußerte Kritik nicht als positiv gemeinten Verbesserungsvorschlag auffassten.[14] Vielmehr waren die Mitarbeiter der Ansicht, dass Kritik von der Führungskraft primär geäußert wurde, um ihnen gegenüber Macht zu demonstrieren und nicht, um den Mitarbeitern positive Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen.[15] Darüber hinaus ließ sich feststellen, dass das Zusammenarbeiten mit einer arroganten Führungskraft eine psychische Belastung für die Mitarbeiter darstellt. Die in der Studie untersuchten Mitarbeiter zeigten eine erhöhte Burnout-Neigung.[16]

Johnson et al. (2010) konnten feststellen, dass arrogante Arbeitnehmer weniger bereit waren, über das "Soll" hinaus freiwillig positives, dem Unternehmen dienliches Verhalten zu zeigen.[17]

Darüber hinaus zeigt eine Vielzahl an Studien, dass Arroganz als großes Hemmnis im organisatorischen Wandel zu betrachten ist. So betonen Paterson und Cary (2002), dass Mitarbeiter, die ein hohes Vertrauen in das Management ihrer Firma haben, deutlich weniger Unsicherheit während des organisatorischen Wandels verspüren und eher bereit sind, diesen durchzuführen. Das ist deswegen bedeutsam, weil arrogantes Verhalten Misstrauen hervorruft und die ergriffenen Maßnahmen im Veränderungsprozess unabhängig von deren Folgen, häufig als ungerecht und nachteilig empfunden werden.[18] Rafferty und Griffin (2006) führen aus, dass das gestörte Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeitern zu einer verringerten Arbeitszufriedenheit und erhöhter Kündigungsabsicht während des organisatorischen Wandels führt. Auch hier wird damit argumentiert, dass organisationale Veränderungen, die von einer arroganten Führungskraft vermittelt werden, häufig als ungerecht und bedrohlich wahrgenommen werden.[19] Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Herold et al. (2008), die postulieren, dass es bei einem intakten Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeitern leichter ist, die Mitarbeiter von der Notwendigkeit organisationaler Veränderungen zu überzeugen.[20]

Theorie

Theoretische Zugänge

Unterschiedliche auf psychologischen Modellen basierende Ansätze können zur Erklärung von Arroganz angeführt werden.

Sehr grundlegend argumentieren lerntheoretische Ansätze.[21] Danach festigen sich Verhaltens- und Dankmuster in einem wiederkehrenden Erprobungsprozess. Albert Bandurassozialkognitive Lerntheorie bietet einen Erklärungsansatz arroganter Verhaltensweisen. In seinen Forschungen steht das Modelllernen im Fokus. Danach kann es sein, dass arrogante Verhaltensweisen der Eltern oder im späteren Berufsleben entsprechendes Verhalten von Mentoren als zielführend bewertet, nachgeahmt und durch positive Bestätigung der Verhaltensweise verstärkt wurden.[22].

Weitere Erklärungsansätze von Arroganz, lassen sich in der eigenschaftsorientierten Persönlichkeitsforschung finden. In dem faktorenanalytischen Ansatz der Persönlichkeitseigenschaften nach Raymond Cattell, steht Arroganz als beschreibendes Merkmal der Grundeigenschaft "Dominanz, soziale Anpassung versus Selbstbehauptung". Eine arrogante Person lässt sich als dominant beschreiben, mit einer geringen sozialen Anpassung und einer starken Selbstbehauptung.[23]

Auch das viel diskutierte Fünf-Faktoren-Modell, führt Arroganz indirekt als eine beschreibende Variable des Faktors "Verträglichkeit" auf.[24] Eine geringe Ausprägung des Faktors "Verträglichkeit" zeigt sich in feindseligem und unkooperativen Verhalten, mit einer geringen Hilfsbereitschaft, was ja auch jeweils beschreibende Faktoren von Arroganz sind. Einen weiteren Hinweis auf den Zusammenhang von Arroganz mit dem Persönlichkeitsfaktor Verträglichkeit gibt Peter Becker (2002) in seinem Vier-plus-X-Modell. Dieser nennt die rechthaberische Arroganz als beschreibendes Merkmal der Persönlichkeitsdimension Unverträglichkeit.[25]

Ein weiterer psychologischer Erklärungsansatz von Arroganz bietet der psychoanalytische Ansatz Sigmund Freuds. Dieser erklärt die Persönlichkeitsausbildung anhand des Grades der erfolgreichen Auseinandersetzung mit Interaktionskonflikten, mit denen ein Mensch in den vier Entwicklungsphasen der Kindheit bis zum Erwachsenenalter konfrontiert wird. Laut Freud entwickeln Kinder in der Latenzphase (fünftes bis zwölftes Lebensjahr) Abwehrmechanismen zum Schutze des Selbstwertgefühls. Die ausgebildeten Abwehrmechanismen können übermäßig oder undifferenziert zur Geltung kommen und sich somit schädlich auf die Persönlichkeit des Individuums auswirken. Arrogante Menschen weisen häufig übermäßige Ausprägungen der Verdrängung von Gedanken und Gefühlen, Verleugnung unangenehmer Ereignisse oder der Realität, Projektion der eigenen Schwächen auf andere Personen oder Umstände, oder der Rationalisierung der vergangenen Handlungen, auf.[26]

Alfred Adlerführt den psychoanalytischen Erklärungsansatz Freuds weiter. Laut Adler dient menschliches Machstreben der Kompensation von Minderwertigkeitsgefühlen, welche jeder Mensch aufgrund der eigenen angeborenen, biologischen Unvollkommenheit entwickelt. Aufgrund starker Verzerrungen der Eigen- und Fremdwahrnehmung können die persönlichen Zweifel Auslöser eines Minderwertigkeitskomplexes sein. Um den eigenen Komplex zu überspielen bildet der Mensch ein Überlegenheitsgefühl als Schutzmechanismus aus. Dieses Überlegenheitsgefühl äußert sich in arroganten und machtbetontem Verhaltensweisen anderen Personen gegenüber.[27]

Beschreibung eines Grundmechanismus

Der im Folgenden zu beschreibende Wirkmechanismus richtet sich auf arrogantes Verhalten. Hierbei stehen Selbstwertgefühl und arrogante Verhaltensweisen in einer reziproken Beziehung zueinander. Ist das Selbstwertgefühl beeinträchtigt, wird arrogantes Verhalten zum Selbstschutz gezeigt, welches den Selbstwert steigert. Arrogantes Verhalten wird als effektiver Mechanismus zum emotionalen Ausgleich erlebt und wiederholt angewendet.

Abbildung 1: Wirkmechanismus - Arroganz (2019)

Zur detaillierten Erklärung arroganter Verhaltensweisen werden im Folgenden mögliche Wirkfaktoren in einem Prozessschema dargestellt, die in unterschiedlichster Kombination auftreten können.

Abbildung 2: Mögliche Faktoren im Wirkmechanismus - Arroganz (2019)

Die Sozialisierungsprozesse und Veranlagungen eines Menschen bilden die Voraussetzung für die Intensität der Tendenz, Arroganz zu entwickeln und arrogantes Verhalten zu zeigen (siehe Punkt 3.1). Um arrogantes Verhalten auszulösen, bedarf es eines Triggers. Dies kann beispielsweise ein Streit mit einer konkurrierenden Person sein. Über die psychischen und physischen Prozesse im Inneren des Menschen, welche die folgende Verhaltensweise bedingen, kann nur spekuliert werden. Betrachtet man mögliche psychische Prozesse im Verarbeitungsprozess, kann beispielsweise die Auslebung bestehender Motive das Verhalten bedingen. So können durch arrogantes Verhalten das Machtbedürfnis bestätigt, der Selbstwert gesteigert oder Emotionen entladen werden. Nachdem die Informationen verarbeitet und eine Verhaltensentscheidung getroffen wurde, folgt eine Reaktion und äußert sich beispielsweise in überheblichen, aggressiven oder ignoranten verbalen oder nonverbalen Verhaltensweisen.

Jedes Verhalten findet in einem Umfeld statt, die die Geltungsbedingungen des Verhaltens definieren. Arroganz benötigt ein soziales Gefüge, in dem Verhaltensweisen von Rezipienten in direkter interpersoneller Interaktion als arrogant wahrgenommen und klassifiziert werden. Zudem müssen bestimmte Merkmale des sozialen Gefüges gegeben sein, damit die arrogante Person in ihrem Glauben bestätigt wird, höherwertig als andere Personen zu sein. Die Konstellation der Geltungsbedingungen, Voraussetzungen und Trigger bilden die Voraussetzung dafür, dass der Mechanismus zur Hervorbringung arroganten Verhaltens in Gang kommt. Hierbei können jedoch Störgrößen den Mechanismus unterbrechen. Ein Beispiel ist die Anwesenheit statushöherer Personen, ein anderes Zweifel über die aktuell relevanten Kriterien zu Beurteilung des eigenen Verhaltens.

Zur Veranschaulichung des Mechanismus sei ein Beispiel angeführt. In diesem Beispiel wird davon ausgegangen, dass die übergeordneten Geltungsbedingungen für arrogantes Verhalten gegeben sind. Die roten und grünen Pfeile stellen zwei mögliche Verläufe dar.

Abbildung 3: Wirkmechanismus - Arroganz - Beispiel (2019)

Anwendung

Bedeutung der Arroganz in organisationalen Veränderungsprozessen

In organisatorischen Entwicklungs- und Veränderungsprozessen spielt die Arroganz einer Führungskraft eine bedeutende Rolle, sowohl für die direkten Kollegen, die hierarchisch untergestellten Mitarbeiter, als auch für die Leistung des gesamten Unternehmens. Die hohe Meinung über die eigenen Talente und Fähigkeiten beeinträchtigt die Selbstreflexion und Selbstkritik einer Person, was insbesondere auch in weitreichenden organisationalen Veränderungsprozessen leicht zu Fehlentscheidungen führen kann. Mit dem besserwisserischen Überlegenheitsgedanken geht z.B. oft eine Unterschätzung der Komplexität derartiger Veränderungsprozesse einher. Außerdem beschädigt er die Zusammenarbeit im Team, die auf Offenheit und Vertrauen angewiesen ist.[28] [29] Die Priorisierung der eigenen Bedürfnisse arroganter Führugnskräfte führt außerdem dazu, dass auch die Mitarbeiter ihre Partizipation und Kommunikation einschränken.

Arrogante Personen nutzen oft aggressive verbale und non-verbale Äußerungen als Kommunikationsmittel, um ihren Status zu definieren. Im Veränderungsprozess sind jedoch Empathie und Einfühlungsvermögen wichtige Faktoren, um den Mitarbeitern in den ungewissen Phasen des Wandels Sicherheit zu zu vermitteln. Der unerfreuliche Kommunikationsstil beeinträchtigt die Auseinandersetzung in der Sache. Die Arbeitsleistung und die Bereitschaft, sich auf Neues einzulasten nehmen Schaden.[30]

Die "gefühllose" Demonstration der Macht führt dazu, dass Probleme und Fehler verschwiegen oder geleugnet werden, während es gerade in organisationalen Veränderungsprozessen darauf ankommt, Fehlentwicklungen zu thematisieren und aus ihnen zu lernen.[31] [32]

Würdigung

Arroganz und arrogante Verhaltensweisen sind negativ konnotierte Begriffe. Sowohl die Eigenschaft als auch das Verhalten wird beispielsweise von den Philosophen Valerie Tiberius und John Walker als moralisch verwerflich und nicht erstrebenswert bezeichnet, da sie mit negativen Effekten auf die arrogante Person und das soziale Umfeld einhergeht.[33]

Der Konsequentialismus beurteilt den moralischen Wert einer Handlung anhand ihrer Konsequenzen. Eine arrogante Person signalisiert dem Gegenüber seine vermeintliche Überlegenheit. Daraus erwachsen wenig ersprießliche Konsequenzen, was allein schon deswegen als moralisch verwerflich gelten muss.[34]

Beurteilt man Arroganz anhand Kants kategorischem Imperativ, kommt man ebenfalls zu einem eindeutigen Urteil. Arroganz missachtet das grundlegende Gebot, dass jeder Mensch in seiner Menschlichkeit und Würde gleichwertig zu respektieren ist. Überhebliches und abwertendes Verhalten verletzt die Würde, die jedem Menschen zukommt.[35] Des Weiteren beeinträchtigt Arroganz die rationale Entscheidungsfindung, die - nach Kant - immer auch das Wohlwollen der Gemeinschaft in den Blick zu nehmen hat.[36]

Im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung betont Kant den hohen Wert der Handlungsreflektion mittels sozialen Spiegelns in freundschaftlichen Beziehungen. Arrogante Personen haben Schwierigkeiten echte und bereichernde Freundschaften zu schließen. Dadurch entfallen wichtige Feedback-Prozesse, die notwendig sind, damit überhaupt eine (moralische) Weiterentwicklung einer Person möglich ist. Des Defizits an Freundschaftsbindungen ist sich der Arrogante wahrscheinlich gar nicht bewusst, denn sonst müsste er sich eingestehen, dass er dem gesellschaftlich Idealbild eines Menschen, das er für sich reklamiert, ganz und gar nicht entspricht.[37]

Literatur

Borden, L., Levy, P.E. & Silverman, S.B. (2018). Leader Arrogance and Subordinate Outcomes: The Role of Feedback Processes. Journal of Business Psychology. Vol. 33. S. 345-364.

Cialdini, R.B., Borden, R.J., Thorne, A., Walker, M.R., Freeman, S. & Sloan, L.R. (1976). Basking in reflected glory: Three (football) field studies. Journal of Personality and Social Psychology. Vol. 34. S. 366-375.

Dillon, R.S. (2007). Arrogance, Self-Respect and Personhood. Journal of Consciousness Studies. Vol. 14. Nr. 5-6. S. 101-126.

Duden Stichwort: Hochmut, online verfügbar unter: https://www.duden.de/rechtschreibung/Hochmut; zugegriffen am 03. April 2019.

Duden Stichwort: Egoismus, online verfügbar unter: https://www.duden.de/rechtschreibung/Egoismus; zugegriffen am 05.April 2019.

Duden Stichwort: Selbstbewusstsein, online verfügbar unter: https://www.duden.de/rechtschreibung/Selbstbewusstsein; zugegriffen am 05. April 2019.

Frey, D., Dauenheimer, D., Parge, O. & Haisch, J. (1993). Die Theorie sozialer Vergleichsprozesse. Frey, D. (1993) (Hrsg.), Kognitive Theorien der Sozialpsychologie (S. 81-122). Bern: Huber.

Furst, S.A. & Cable, D.M. (2008). Employee Resistance to Organizational Change: Managerial Influence Tactics and Leader-Member Exchange. Journal of Applied Psychology. Vol. 93. No. 2, S. 453-462.

Herold, D.M. & Caldwell, S.D. (2008). The Effects of Transformational and Change Leadership on Employees‘ Commintment to a Change: Multilevel Study. Journal of Applied Psychology. Vol. 93. No. 2, S. 346-357.

Johnson, R.E., Silverman, S.B., Shyamsunder, A., Swee, H-Y., Rodopman, O.B., Cho, E. & Bauer, J. (2010). Acting Superior But Actually Inferior?: Correlates and Consequences of Workplace Arrogance. Human Performance. Vol. 23. S. 403-427.

Lewis, L. K. (2011). Organizational Change – Creating Change Through Strategic Communication. Chichester.

Kotter J.P. (1995). Leading Change: Why Transformation Efforts Fail. Harvard Business Review. S. 59-67.

Maltby, J. & Day, L., Macaskill, A. (2011). Differentielle Psychologie, Persönlichkeit und Intelligenz. 2. akt. Auflage. Pearson.

Paterson, J.M. & Cary, J. (2002). Organizational Justice, Change Anxiety, and Acceptance of Downsizing: Preliminary Tests of an AET-Based Model. Motivation and Emotion. Vol. 26. No. 1.

Persönlichkeitsentwicklung Stichwort: Selbstbewusstsein; online verfügbar unter: https://entwicklung-der-persoenlichkeit.de/definition-selbstbewusstsein, zugegriffen am 05.April 2019.

Rafferty, A. E., Jimmieson, N. L., Armenakis, A. A. (2013). Change Readiness: A Multilevel Review. In Journal of Management, 39 Jg., Heft 1, S. 110-135.

Rafferty, A.E. & Griffin, M.A. (2006). Perceptions of Organizational Change: A Stress and Coping Perspective. Journal of Applied Psychology. Vol. 91. Nr. 5. S. 1154-1162.

Robinson, M.D., Blair, J.L., Liu, T., Scott, M.J. & Penzel, I.B. (2017). Of Tooth and Claw: Predator Self-Identifications Mediate Gender Differences in Interpersonal Arrogance. Sex Roles. Vol. 77. S. 272-286.

Tiberius, V. & Walker, J.D.(1998). Arrogance. American Philosophical Quarterly. Vol. 35. Nr. 4. S. 379-390.

Wortbedeutung.de Stichwort: Hochmut; online verfügbar unter: https://www.wortbedeutung.info/Hochmut/; zugegriffen am 03.April 2019.

Wortbedeutung.de Stichwort: Egoismus; online verfügbar unter: https://www.wortbedeutung.info/Egoismus/; zugegriffen am 05.April 2019.

Einzelnachweise

  1. Tiberius & Walker (1998), S. 379 - 385
  2. Tiberius & Walker (1998), S. 383-388
  3. Duden (2019)
  4. Wortbedeutung.de (2019)
  5. Duden (2019)
  6. Duden (2019)
  7. Tiberius & Walker (1998), S. 379 - 385
  8. Tiberius & Walker (1998), S. 379 - 385
  9. Johnson et al. (2010), S. 405-406.
  10. Borden, L., Levy, P.E. & Silverman, S.B. (2018), S. 345-346.
  11. Robinson et al. (2017), S.276.
  12. Johnson et al. (2010), S. 404-405.
  13. Johnson et al. (2010), S. 404-420.
  14. Borden, L., Levy, P.E. & Silverman, S.B. (2018), S. 361.
  15. Borden, L., Levy, P.E. & Silverman, S.B. (2018), S. 361.
  16. Borden, L., Levy, P.E. & Silverman, S.B. (2018), S. 361.
  17. Johnson et al. (2010), S. 414.
  18. Paterson, J.M. & Cary, J. (2002).
  19. Rafferty, A.E. & Griffin, M.A. (2006). 1159-1160.
  20. Herold, D.M. & Caldwell, S.D. (2008). S. 353-354.
  21. Maltby, Day & Macaskill (2011), S. 153
  22. Maltby, Day & Macaskill (2011), S. 161-165
  23. Maltby, Day & Macaskill (2011), S. 305f.
  24. Maltby, Day & Macaskill (2011), S. 318
  25. Maltby, Day & Macaskill (2011), S. 434
  26. Maltby, Day & Macaskill (2011), S. 75-90
  27. Maltby, Day & Macaskill (2011), S. 110ff.
  28. Rafferty et al. (2013)
  29. Lewis (2011)
  30. Rafferty et al. (2013)
  31. Rafferty et al. (2013)
  32. Kotter (1995)
  33. Tiberius & Walker (1998)
  34. Tiberius & Walker (1998), S. 385
  35. Tiberius & Walker (1998)
  36. Tiberius & Walker (1998)
  37. Tiberius & Walker (1998)