Macht und Kontrolle: Unterschied zwischen den Versionen
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− | + | Macht führt, sofern diese ausgeübt wird, nach der bereits angeführten Definition nach Weber, zu der Durchsetzung des eigenen Willens innerhalb der sozialen Beziehung zu einer oder mehreren anderen Personen. <ref>Weber (1980) </ref> So wird auf das Verhalten anderer durch die oder den Mächtigen Einfluss genommen. Diese hervorgerufene Verhaltensänderung und das Gehorchen von Personen sind auf deren Nutzenüberlegungen, Normenbefolgung und Zwang durch die mächtige Person zurückzuführen. <ref>Nienhüser (2017) </ref> | |
− | + | Macht hat zudem Einfluss auf organisatorischen Wandel, abhängig von der wissenschaftlichen Perspektive und der darauf aufbauenden Definition von Macht. Unterschieden wird bei der Betrachtung von Macht, ob diese individuell oder kollektiv ist und ob diese direkt beobachtbar oder nicht direkt beobachtbar ist. Daraus ergeben sich insgesamt vier Arten von Macht. Die (1) beobachtbare, strukturelle Macht ist kollektiv und direkt beobachtbar. Sie ergibt sich zum Beispiel aus Ressourcenkontrolle, der eigenen Systemrelevanz und der Fähigkeit autonome Entscheidungen zu treffen. Diese Art von Macht wirkt restrukturierend. Die (2) tiefe, kulturelle Macht ist kollektiv und nicht direkt beobachtbar. Diese ergibt sich u.a. aus unangezweifelten Regeln und Praktiken und führt eher zu einer völligen Dekonstruktion des Bestehenden. Die (3) beobachtbare, persönliche Macht ist individuell und direkt beobachtbar. Sie ergibt sich zum Beispiel aus individueller Expertise, Ansehen und dem „Kennen der richtigen Personen“ und treibt den organisatorischen Wandel durch persönliches Handeln voran. Die letzte Art der Macht ist die (4) tiefe, persönliche Macht, die individuell und nicht direkt beobachtbar ist. Sie ergibt sich u.a. aus Authentizität, einem kritischen Bewusstsein und Widerstand von Unterdrückung und Gehorsam. Diese Art von Macht hat durch ihren Widerstand Einfluss auf den organisatorischen Wandel. <Bradshaw (1998) </ref> | |
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Version vom 29. Juli 2020, 22:59 Uhr
Hier entsteht ein Artikel zu Macht und Kontrolle
Das Verhalten in Organisationen wird in der Forschung aus einer Vielzahl von Perspektiven betrachtet. Anerkennung stellt dabei eines dieser Themenspektren dar und wird im folgenden Artikel ausgehend von der empirischen sowie theoretisch wissenschaftlichen Diskussion auf ihre Bedeutung für Veränderungsprozesse transferiert.
Inhaltsverzeichnis
Begriff
Bedeutung
Der Begriff „Macht“ stammt ursprünglich von dem althochdeutschen Wort „maht“ aus dem 8. Jahrhundert ab und bedeutet übersetzt „Vermögen, Körperkraft, Anstrengung, Gewalt, Vollmacht“, aber auch „Menge, Fülle“.[1] In der täglichen Kommunikation ist der Begriff der Macht meist intuitiv einfach verständlich. Macht wird dort häufig als Einfluss definiert. In der Wissenschaft hingegen wird der Begriff der Macht unterschiedlich definiert.[2] Wissenschaftlicher Konsens ist, dass Macht „irgendeine Art der Beeinflussung von Menschen“ darstellt [3].
Nach dem bekannten Soziologen Max Weber bedeutet Macht „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“.[4] Macht stellt daher eine potenzielle Chance dar, unabhängig davon, ob diese Chance genutzt wird. Macht setzt nach Weber außerdem soziale Beziehungen zwischen den Beteiligten voraus. Das bedeutet, Macht findet innerhalb von aufeinander bezogenem, gemeinsamem Verhalten statt. Sie kann also auch in Freundschaften, Ehen, Feindschaften oder in alltäglichen Situationen wie dem Wochenmarktbesuch vorhanden sein. Ein über Macht verfügendes Individuum kann nach Weber den eigenen Willen auf bewusste und unbewusste Art ausüben. Außerdem beinhaltet Max Webers Definition von Macht, dass diese konfliktfrei und freiwillig aber auch gegen das Widerstreben von anderen ausgeübt werden kann.[5]
Der kanadische Wirtschaftswissenschaftler Henry Mintzberg definiert in seinem Buch Power in and around organizations von 1983 Macht als eine Fähigkeit, organisatorische Ergebnisse zu erzielen oder zu beeinflussen. Er leitet dies von dem französischen Wort „pouvoir“ ab, was mit „Macht“ und „können“ übersetzt wird. Unternehmen befinden sich in einem Umfeld mit einer Vielzahl von Kräften, welche ihr Handeln beeinflussen können. Das Kaufverhalten von Kunden oder die Entwicklung neuer Innovationen gelten als zwei mögliche Beispiele. Dennoch gilt Macht als Hauptfaktor, um zu verstehen, wie Organisationen funktionieren. Somit ist es essentiell, die Machtbeziehungen zu verstehen, in denen sich Unternehmen befinden, um ihre Strukturen verbessern zu können und Kontrolle über sie zu gewinnen. Bezugnehmend auf die Organisationsentwicklung sind diese Kenntnisse von besonderer Bedeutung.[6]
Der Machtbegriff kann in formale und informelle Macht differenziert werden. Formale Macht liegt vor, wenn ein Organisationsmitglied aufgrund von bürokratischen Regelungen, sprich durch eine gewisse Hierarchieebene, Macht zugewiesen bekommen hat. In Kontrast dazu wird unter informeller Macht „die nicht in einem bürokratischen Regelwerk definierte, sondern auf emergenten Normen, Regeln und Interpretationen beruhende Möglichkeit eines Organisationsmitgliedes A verstanden […], ein anderes Organisationsmitglied B dazu zu veranlassen, etwas zu tun, was es sonst nicht tun würde [7]
Ergänzend zu dieser Begriffserklärung führt dieser Artikel die Unterscheidung zwischen transaktionaler und transformationaler Führung auf. Eine transaktionale Führung beruht auf den Komponenten Bedingte Belohnung sowie Management by Exception. Im Zuge der bedingten Belohnung wird der Grundsatz Quid pro quo fokussiert. Das bedeutet, dass Führungskräfte ihre Erwartungen an die Mitarbeiter signalisieren und ihnen eine Gegenleistung bieten und damit belohnen. Bei dem Führen nach dem Ausnahmeprinzip (Management by Exception) überwachen Führungskräfte hauptsächlich und greifen nur bei Ausnahmen in die Tätigkeit der ihnen untergebenen Mitarbeiter ein. Diese Führung beinhaltet lediglich die Sicherstellung von Prozessen sowie die Einhaltung von Qualitätsstandards. [8] Konträr zu dieser Führungsform basiert eine transformationale Führung auf Sinnvermittlung, Mitarbeiterorientierung sowie auf einer aktiven Einbeziehung des Personals. Dabei zeichnen sich Führungskräfte durch inspirierende, motivierende und charismatische Charakterzüge aus [9]
Kontrolle bedeutet so viel wie „Überwachung, Aufsicht, Überprüfung und Gewalt über jemanden oder etwas“ [10] und fand ursprünglich in der Wirtschaftsorganisation im Sinne der Überwachung und Überprüfung Anwendung. Im heutigen Sprachgebrauch wird der Begriff der Kontrolle jedoch häufig synonym mit den Begriffen Einfluss, Autorität (siehe auch Kapitel 1.2 Ähnliche Begriffe) und Macht verwendet. [11] Macht und Kontrolle finden folglich in einem Zusammenspiel statt, denn Macht wird Personen in dem Maße zugeschrieben, in dem es in der Lage ist, Kontrolle über andere oder ungewisse Bereiche auszuüben. [12] Je mehr das Verhalten eines Individuums von anderen bestimmt wird (d.h. kontrolliert wird), desto weniger ist ein Individuum frei, seine eigene Handlungsweise zu bestimmen. Kontrolle kann von einer einzigen Person ausgehen, aber auch auf Gegenseitigkeit beruhen, so dass beispielsweise jede Person einer Gruppe eine gewisse Kontrolle über andere Gruppenmitglieder besitzt.[13]
Ähnliche Begriffe
Da Macht im Alltag häufig intuitiv und nicht eindeutig verstanden wird, [14]. ist eine Abgrenzung von anderen, meist in ähnlichem Kontext verwendeten Begriffen notwendig.
Herrschaft ist nach Max Weber „die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen gehorsam zu finden.“ [15] Herrschaft ist ein legitimiertes Machtverhältnis aufgrund von Legalität, Tradition oder Charisma. Ein Bespiel für Herrschaft ist daher die staatliche Herrschaft aufgrund von Gesetzen, folglich Legalität. Im Vergleich zur Herrschaft muss Macht faktisch jedoch nicht immer legitimiert sein. [16]
Gewalt wird definiert als „der absichtliche Gebrauch von angedrohtem oder tatsächlichem körperlichen Zwang oder physischer Macht gegen die eigene oder eine andere Person, gegen eine Gruppe oder Gemeinschaft“. Gewalt führt sicher oder mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu Schäden wie Verletzungen, Tod, psychischen Schäden, Fehlentwicklungen oder Verlust jeglicher Art. Gewalt weist daher eine zusätzliche Schadenskomponente auf, die das menschliche Wohlergehen gefährdet und nicht zwangsläufig für das Vorliegen von Macht vorhanden sein muss. [17]
Autorität ist das Ansehen, das eine Person gegenüber anderen genießt. Dieses ist auf besondere Leistungen oder auf die persönliche Stellung oder Tradition zurückzuführen. Die Person selbst wird dabei häufig auch als „Autorität“ bezeichnet. Autoritäres Verhalten lässt weder Kritik noch Widerspruch zu. Verglichen mit dem Begriff der Macht steht das Ansehen der Autorität besitzenden Person im Fokus. [18]
Ähnlich wie Macht ist Manipulation die gezielte Beeinflussung von Menschen, oft gegen deren Willen. Anders als Macht findet sie jedoch zwangsläufig ohne das Wissen der Beeinflussten statt. [19]
Veranschaulichung

Semantisch werden vier grundlegende Bedeutungen der Anerkennung unterschieden:
Macht und Kontrolle finden sich in unterschiedlichen Situationen und Bereichen wieder. Auf Basis von Webers Definition von Macht („„jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“.) [21] lassen sich Machverhältnisse in sozialen Beziehungen jeglicher Art wiederfinden. Beispiele hierfür sind Eltern-Kind-Beziehungen, partnerschaftliche Beziehungen und Beziehungen zwischen Lehrer und Schüler. Können Eltern ihren Willen gegenüber ihrem Kind durchsetzen, so dass das Kind seine Hausaufgaben trotz Widerstreben erledigt oder sein Zimmer aufräumt, verfügen diese über Macht innerhalb der sozialen Beziehung. Ähnlich können auch Personen innerhalb einer partnerschaftlichen Beziehung mächtig sein und das Verhalten ihres Partners in unterschiedlichen Bereichen bewusst oder unterbewusst beeinflussen (z.B. Wahl des Arbeitsortes, Freizeitverhalten). In der Schule verfügen Lehrer Macht über ihre Schüler, da sie das Verhalten der Schüler beeinflussen, z.B. durch Aufgabenverteilung und Kontrolle des Verhaltens der Schüler im Schulunterricht.
In Organisationen ist Macht, wie bereits ausführlicher unter Punkt 1.1 Bedeutung betrachtet, die Fähigkeit, organisatorische Ergebnisse zu erzielen oder zu beeinflussen. So kann der Abteilungsleiter einer Vertriebsabteilung durch seine Führung das operative Ergebnis seiner Mitarbeiter im Vertrieb beeinflussen und den Unternehmenserfolg sichern. Außerdem kann ein Unternehmen in Verhandlungen mit Lieferanten oder Kunden über eine starke Verhandlungsposition verfügen, dass sie durch ihre Macht Preise signifikant beeinflussen oder sogar bestimmen können. [22]
Empirie
Verbreitung
Macht ist vor allem ein Begriff des politisch-sozialen Sprachgebrauchs. Neben dieser Disziplin ist Macht auch in weiteren Bereichen populär: Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, Politikwissenschaft, Soziologie, Philosophie, Recht, Psychologie und Theologie [23]
Besonders im Hinblick auf Organisationsforschung sowie Arbeits- und Organisationssoziologie ist Macht als Forschungsfeld anerkannt. So existieren Forschungen und literarische Werke, welche die Bedeutung des Machtbegriffs in Organisationen sowie in deren Wandel fokussieren und verschiedene Formen aufzeigen [24]
Seit den 1980-er Jahren beschäftigt sich die Wissenschaft vermehrt mit einem charismatisch-transformatorischen Führungsstil, dessen Basis vor allem zwischenmenschliche Komponente sind. [25] So zeigen Studien, wie jene von Randal Ford, dass neben einer vorliegenden formalen Macht reziproke Machtbeziehungen zur Führung von Interessengruppen von großer Bedeutung sind. Reziproke Komponente sind z.B. eine offenere Kommunikation und ein kollektiv selbstreflexiver und kooperativer Prozess, um eine möglichst hohe Anzahl verschiedener Ansichten und Meinungen zu integrieren [26] In seinem 1968 erschienenen Papier Organizational Change and Power hat Arnold S. Tannenbaum schon die Relevanz für Organisationen herausgestellt, Mitglieder stärker zu beteiligen und zu mobilisieren. [27] Es lässt sich eine Verlagerung der reinen Kontrolle und Macht zu einer auf Zusammenarbeit beruhenden Führung beobachten, um langfristig eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten zu können. Die aktuell im Fokus stehende neue Form der post-bürokratischen Organisation führt zu einer signifikanten Änderung der Ausübung von Kontrolle und Macht sowie zur Bedeutung des Führers. Die Legitimität einer Führungskraft basiert folglich nicht ausschließlich auf der Erteilung von Aufgaben (formale Macht), sondern auf das Wissen einer nachhaltigen Personalführung in Zeiten dynamischer Weltentwicklungen. [28] Analog zu Ford und Tannenbaum haben Bordia et al. in ihrer Studie Uncertainty during organizational change: Is it all about control dargelegt, dass eine erhöhte Integration der Mitarbeiter durch die Führungskraft in der Organisationsentwicklung bedeutsam ist, ein Gelingen von organisationalen Veränderungen erfolgreicher durchführen zu können. Eine auf Offenheit und Kommunikation ausgerichtete Führung wird als entscheidender Erfolgsfaktor angesehen. [29]
Determinanten
Aufgrund der unterschiedlichen Definitionen von Macht und der Vielfalt von Theorien lassen sich ganz unterschiedliche bestimmende Faktoren der Macht nennen. Im Folgenden werden davon einige für die Organisationsentwicklung relevante Determinanten exemplarisch erläutert.
Die sog. Machtbasentheorie nach J.R.P. French und B.H. Raven liefert verschiedene Machtbasen, welche als Determinanten der Macht verstanden werden können. Der Ansatz beschäftigt sich mit der Grundlage, weshalb sich durch die Macht, also den Einfluss einer Person, das Verhalten einer anderen Person verändert. Macht basiert auf fünf verschiedenen Machtbasen: Der Fähigkeit zu belohnen (1) oder zu bestrafen (2), der Legitimation der machtinnehabenden Person (3), der Identifikation mit dieser (4) und dem Expertenwissen bzw. der Information(en) über die diese verfügt (5). Diese verschiedenen Machtbasen werden durch Kommunikation zwischen der mächtigen Person und der weniger mächtigen Person aktiviert und bestimmen somit die Macht einer Person über andere. [30]
Im Rahmen der Macht-Abhängigkeits-Theorie nach R.M. Emerson wird die Macht einer Person A über deren Besitz einer für Person B wertvollen Sache bestimmt. Durch diesen Besitz besitzt Person A Macht und kann, in Anlehnung an Weber, ihren Willen durchsetzen. Die Macht ist in diesem Fall abhängig von (1) der Stärke des Bedürfnisses nach der Sache der Person B und (2) der Verfügbarkeit der Sache außerhalb der Beziehung zwischen den beiden Personen. (siehe auch 3.1 Theoretische Erklärungsansätze). [31]
Als weitere Determinante können auch soziale Strukturen genannt werden, in denen sich Personen befinden. So können kollektiv geteilte Rollenbilder, Normen und Wertvorstellungen bestimmen, welche Personen in einer Gruppe Macht besitzen und ausüben können und welche nicht. [32]
Eine wesentliche Determinante ist ebenfalls, dass die Macht, die gezielte Beeinflussung und dadurch das Eindringen in den Steuerungsbereich anderer nicht abgewehrt wird oder zumindest innerlich akzeptiert wird. Ohne diese Akzeptanz, ob freiwillig oder gezwungen, gibt es folglich keine Macht und somit auch keine Beeinflussung und Kontrolle anderer. Sind Untergebene beispielsweise dauerhaft nicht bereit, ihrer vorgesetzen Person und deren Anweisungen Folge zu leisten, so hat diese trotz formal festgelegter Hierarchie aufgrund der fehlenden Akzeptanz keine Macht über seine Mitarbeiter. [33]
Informelle Macht kann durch (1) das einer Person zugeschriebene Zutrauen, (2) das ihr entgegengebrachte Vertrauen und (3) die wahrgenommene Sympathie determiniert werden. Nach Knoblach & Fink können informelle Machtstrukturen in Organisationen vorliegen, welche die Basis für Macht und Einfluss bilden. Diese informellen Machtstrukturen sind vor allem ausschlaggebend für einen erfolgreichen organisatorischen Wandel/für eine erfolgreiche Organisationsentwicklung. Im Vergleich zur formalen Macht beruht die informelle Macht auf individuellen Verhaltensabsichten von einzelnen Individuen, weshalb der Grad des Einflusses von psychologischen Komponenten abhängt. In ihrer Studie untersuchten Knoblach & Fink die Auswirkungen von psychologischen Determinanten, wie Zutrauen, Sympathie und Vertrauen, auf die Absicht eines Organisationsmitglieds (a) Ratschläge eines anderen zu befolgen und (b) Informationen mit jener Person auszutauschen. Die Ergebnisse der Forschung zeigten auf, dass Zutrauen und Sympathie die bedeutenderen Determinanten für informelle Macht sind. Sympathische Personen verfügen über eine größere informelle Macht als nur rein als kompetent angesehene Personen. Vertrauensvolle Personen weisen jedoch eine geringere informelle Macht als kompetente Menschen auf. [34]
Wirkungen
Macht führt, sofern diese ausgeübt wird, nach der bereits angeführten Definition nach Weber, zu der Durchsetzung des eigenen Willens innerhalb der sozialen Beziehung zu einer oder mehreren anderen Personen. [35] So wird auf das Verhalten anderer durch die oder den Mächtigen Einfluss genommen. Diese hervorgerufene Verhaltensänderung und das Gehorchen von Personen sind auf deren Nutzenüberlegungen, Normenbefolgung und Zwang durch die mächtige Person zurückzuführen. [36]
Macht hat zudem Einfluss auf organisatorischen Wandel, abhängig von der wissenschaftlichen Perspektive und der darauf aufbauenden Definition von Macht. Unterschieden wird bei der Betrachtung von Macht, ob diese individuell oder kollektiv ist und ob diese direkt beobachtbar oder nicht direkt beobachtbar ist. Daraus ergeben sich insgesamt vier Arten von Macht. Die (1) beobachtbare, strukturelle Macht ist kollektiv und direkt beobachtbar. Sie ergibt sich zum Beispiel aus Ressourcenkontrolle, der eigenen Systemrelevanz und der Fähigkeit autonome Entscheidungen zu treffen. Diese Art von Macht wirkt restrukturierend. Die (2) tiefe, kulturelle Macht ist kollektiv und nicht direkt beobachtbar. Diese ergibt sich u.a. aus unangezweifelten Regeln und Praktiken und führt eher zu einer völligen Dekonstruktion des Bestehenden. Die (3) beobachtbare, persönliche Macht ist individuell und direkt beobachtbar. Sie ergibt sich zum Beispiel aus individueller Expertise, Ansehen und dem „Kennen der richtigen Personen“ und treibt den organisatorischen Wandel durch persönliches Handeln voran. Die letzte Art der Macht ist die (4) tiefe, persönliche Macht, die individuell und nicht direkt beobachtbar ist. Sie ergibt sich u.a. aus Authentizität, einem kritischen Bewusstsein und Widerstand von Unterdrückung und Gehorsam. Diese Art von Macht hat durch ihren Widerstand Einfluss auf den organisatorischen Wandel. <Bradshaw (1998) </ref>
Theorie
Alternative Theorien
Hegel
Der Ursprung von Anerkennungstheorien liegt im deutschen Idealismus mit seinem Vordenker Georg Friedrich Wilhelm Hegel. Mit Blick auf die Kernfrage ‚Wie ist Gesellschaft möglich?‘ rückt Hegel erstmals Anerkennung in den Fokus der Betrachtung. Auf Grundlage der Hobbschen Vertragstheorie und der Fichtschen Naturrechtslehre entwickelt Hegel das Konstrukt ‚Kampf um Anerkennung‘.[37] Hierbei wird der wechselseitige Kampf um die Anerkennung der Freiheit und Autonomie, durch die sich der Einzelne erst durch die Aufforderung des Anderen bewusst wird, beschrieben. Dabei wird die Konstitution des Selbstbewusstseins als ein zwischenmenschlicher Prozess verstanden.[38] Selbstbewusstsein bedarf laut Hegel, sich im Anderen und in Abgrenzung vom Anderen auf den drei Stufen ‚Liebe, Recht und Solidarität‘ zu erkennen. Dies geschieht durch wechselseitige Zuwendung und Befreiung. Dieser reziproke Prozess basiert nach Hegel nicht auf Begierde oder Ruhmsucht, sondern auf echten moralischen Antrieben, sodass die Anerkennungskämpfe zu moralischem Fortschritt in der Gesellschaft führen.[39]
Taylor
Für den Philosophen Charles Taylor ist Anerkennung ein menschliches Grundbedürfnis. Seiner Ansicht nach wird die Identität einer Person im Dialog mit anderen Personen gebildet, und zwar in ihrer jeweiligen Übereinstimmung oder Auseinandersetzung. Anerkennung wird nach Taylor in diesem dialogischen Austauschprozess errungen und ist nicht automatisch durch einen gesellschaftlichen Status gegeben. Dabei ist zu erwähnen, dass dieser dialogische Austauschprozess nach Taylor auch scheitern kann. Die Identität des Menschen sei von dieser kontinuierlichen Anerkennung und Bewährung innerhalb des Austauschprozesses abhängig. Die Verweigerung der Anerkennung könne Leiden verursachen. Taylor sieht in dieser Form der Identitätsbildung eine Weiterentwicklung von älteren Anschauungsweisen, in denen man die Verbindung mit z.B. Gott als Voraussetzung für die Entfaltung des eigenen Daseins ansah. Nach Taylor kann Selbstverwirklichung ausschließlich in sich selbst gefunden werden. Das bedeutet, sich in Abgrenzung zu Anderen selbst zu definieren. [40][41]
Mead
In der Theorie des symbolischen Interaktionismus werden soziale Veränderungs- und Interaktionsprozesse auf der Mikro-Ebene betrachtet. Nach Mead entsteht Wissen durch Interaktion und Reflexion der eigenen und fremden Reaktionen und Reize.[42] In dieser Selbstreflexion macht der Mensch sich selbst zum Objekt der Bedeutungsanalyse, sodass das daraus gewonnene Wissen das Selbstbewusstsein und das Wissen über die eigene Bedeutung darstellt.[43] Die eigene Identität konstituiert sich folglich aus Bewusstsein und Selbstbewusstsein in Interaktion. Die organisierte Gemeinschaft, in der sich Identität bildet, nennt Mead der verallgemeinerte Andere. Voraussetzung für die Gewinnung von Identität ist die sogenannte Rollenübernahme. Sie beschreibt die Fähigkeit von der Position des Anderen aus zu denken, der Möglichkeit des Hineinversetzens in den Anderen, sodass sein Verhalten antizipierbar wird.[44] Dabei unterscheidet Mead:
- I: Das impulsive Ich repräsentiert das Individuelle am Individuum, vereint sinnliche und körperliche Bedürfnisse und spiegelt das Gefühl der Initiative und Freiheit wider.
- Me: Das Me ist der Teil der Identität mit einem gesellschaftlichen Ursprung, welcher sich aus Haltungen anderer entwickelt hat. Es ist die Summe der durch Rollenübernahme erlernten Elemente.
- Self: Hier findet die Integration der wechselseitigen Beziehungen zwischen dem I und dem Me in Übereinstimmung statt. Demnach ist nach Mead Identität als Wechselspiel zwischen I und Me zu verstehen.[45]
Aussagen ausgewählter Theorien
Auf Grundlage von Hegels Modell entwickelt Axel Honneth seine Theorie Vom Kampf um Anerkennung zur gelungenen Identität. Hierbei geht er wie Hegel davon aus, dass das Selbstbewusstsein des Menschen durch soziale Anerkennung gebildet wird.[46] Dabei werden die drei Anerkennungsobjekte Bedürfnis, Recht und Leistung unterschieden, sodass das Objekt Bedürfnis für Primärbeziehungen, Recht für Rechtsverhältnisse und Leistung für Wertegemeinschaft steht. Im Folgenden werden die einzelnen Anerkennungsobjekte und ihre Beziehungen kurz dargestellt: Das Anerkennungsobjekt Bedürfnis zeigt sich in der Bedürfnis- und Affektnatur einer Person. Über emotionale Zuwendung führt Anerkennung demnach zu Selbstvertrauen. Das Anerkennungsobjekt Recht äußert sich in der moralischen Zurechnungsfähigkeit, die über kognitive Achtung eines anderen Subjektes in der eigenen Selbstachtung mündet. Das Anerkennungsobjekt Leistung zeigt sich in Fähigkeiten und Eigenschaften einer Person. Über soziale Wertschätzung entwickelt ein Subjekt seine eigene Selbstschätzung.[47] Diese Beziehungen der Anerkennung leitet Honneth negativ aus Erfahrungen der Missachtung mit dazugehöriger bedrohter Persönlichkeitskomponente ab, denn erst in der Negativgestalt wird Anerkennung zu einer wahrnehmbaren Größe.[48] Zu beachten ist, dass die aufgezeigten Beziehungen kein starres Konstrukt mit Bedingungen darstellen, sondern vielmehr einem Mechanismus gleichen. Um zu einer ungebrochenen Identität zu kommen, schlussfolgert Honneth, dass ein reziprokes Anerkennungsverhältnis notwendig ist, indem alle drei Anerkennungsweisen emotionale Zuwendung, kognitive Achtung und soziale Wertschätzung vereint sind.[49] Erst zusammengenommen sind die sozialen Bedingungen geschaffen, dass Menschen zu einer positiven Einstellung zu sich selbst gelangen können.[50]
Ausgewählter Mechanismus

Der Mechanismus des reziproken Anerkennungsverhältnisses zeigt, dass die Identitätenbildung sich über den Austausch von Anerkennung in Bezug auf ihre Objekte Bedürfnis, Recht und Leistung nur in Interaktion mit einem Anderen gründet. Bedingungen dieses Mechanismus sind ein intersubjektiv geteilter Werthorizont mit den darin enthaltenen Persönlichkeitsidealen sowie eine allgemeingültige Deutungspraxis von Werten.[52] [53] Zudem sollte beachtet werden, dass Anerkennung gewissermaßen erst in Negativgestalt zu einer messbaren Größe für Subjekte wird. So besteht die Schwierigkeit, einen Maßstab für die individuell gefühlte Anerkennung zu bestimmen.[54] Es können drei Anerkennungskonstellationen unterschieden werden:
- symmetrisch und wechselseitig-anerkennend: Individuen befinden sich auf gleicher Ebene, ohne dass zwischen ihnen ein Machtgefälle besteht. Sie anerkennen sich wechselseitig in ihren Bedürfnissen, Rechten und Leistungen. Beispiel: Mitarbeiter-Mitarbeiter.
- asymmetrisch und wechselseitig-anerkennend: Diese Beziehung ist wechselseitig, aber nicht symmetrisch. Dies ist der Fall, wenn ein Individuum den Anderen als Autoritätsperson anerkennt und der Andere ihn als Untergebenen. Eine vertikale Beziehung besteht. Beispiel: Mitarbeiter-Chef.
- asymmetrisch und einseitig-anerkennend: In dieser Konstellation erkennt ein Individuum den Anderen an, wird aber vom Anderen missachtet. Der Andere nimmt folglich eine Machtposition über das Anerkennungsbedürfnis des Individuums ein. Beispiel: Opferrolle mit tiefer Demütigung.[55]
Theoretiker gehen davon aus, dass die Begegnung zwischen Ich und dem Anderen ursprünglich asymmetrisch ist. Sie stellen heraus, dass über den Prozess des Kampfes zwar eine Gegenseitigkeit hergestellt wird, dass aber zugleich eine nie vollendete Überwindung der Asymmetrie vorherrscht. Die Symmetrie muss im Kampf um Anerkennung immer wieder neu erkämpft werden.[56] Daher steht der Begriff der Anerkennung für einen Prozess und kein starres Wesen.[57] Ausgehend von dem Prozess-Charakter des Mechanismus können auch Störungen auftreten. Störfälle können unter anderem folgende Szenarien sein: Veränderung der Konstellation (ein Kollege wird zum Vorgesetzten), Missachtung von Identitätsansprüchen (ein Individuum wird nicht entsprechend seiner Vorstellung anerkannt), oder Verkennung (ein Individuum empfindet sich falsch anerkannt). Diese Störfälle durchbrechen den reziproken Anerkennungsprozess und führen aufgrund des drohenden Persönlichkeitsverlustes zu Widerstand.[58]
Bedeutung für Veränderungsprozesse
Das Verhalten in Organisationen unterliegt laufenden Veränderungen der Unternehmensstrategien und -strukturen, da sich Organisationen heutzutage an stetig verändernde Rahmenbedingungen anpassen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.[59] Insbesondere die eigenen Mitarbeiter für Veränderungsvorhaben zu motivieren und zu mobilisieren, stellt dabei eine große Herausforderung dar. Inwieweit Anerkennung hierbei als ein entscheidender Faktor angesehen werden sollte, kann mithilfe des reziproken Anerkennungsverhältnisses nach Honneth erörtert werden. Eine Veränderung wird als Spannungsfeld bzw. Störquelle eines ausgewogenen Zustandes in einer Organisation verstanden, mit dem Ziel einen neuen 'besseren' ausgewogenen Zustand zu erreichen.[60] In einem ausgewogenen Zustand sind auch die Anerkennungsverhältnisse stabil reziprok. Wird dieser ausgewogene Zustand durch eine Veränderung unterbrochen, können die bestehenden Anerkennungsverhältnisse zerstört werden. Dies hat, wie oben aufgezeigt, zur Folge, dass die Identitätenbildung der Mitarbeiter beeinflusst wird. Ist dies der Fall und wird der eigene Anspruch auf Anerkennung nicht erfüllt, besteht die Gefahr des Widerstandes gegenüber der Veränderung durch den drohenden Persönlichkeitsverlust. Situationsbeispiele hierfür sind zum einen das Kommunikationsverhalten und zum anderen die Partizipationsmöglichkeiten im organisationalen Veränderungsprozess. So kann ein reziprokes Anerkennungsverhältnis zum Beispiel durch fehlende Kommunikation der einzelnen Schritte des Wandels oder durch den Vorbehalt wichtiger Informationen gestört werden, wenn ein Organisationsmitglied sich dadurch in seinen Identitätsansprüchen missachtet sieht. Außerdem kann das Gefühl von Anerkennung der Mitarbeiter negativ beeinflusst werden, wenn sie bei der Gestaltung des Wandels nicht partizipativ eingebunden werden. Folglich kann geschlussfolgert werden, dass Anerkennung für Veränderungsprozesse vor dem Hintergrund einer Protesthaltung der Organisationsmitglieder eine große Bedeutung einnehmen kann.
Kritische Würdigung
Verhalten in Organisationen kann mithilfe von Anerkennungstheorien erklärt werden. Unter anderem können Widerstandsreaktionen in Veränderungsprozessen aufgrund von Störungen der reziproken Anerkennungsverhältnisse entstehen. Entsprechende Theorien betrachten Anerkennung unter dem Aspekt der Identitätenbildung. Einige empirische Studien beschäftigen sich mit Anerkennung am Arbeitsplatz und ihren Wirkungen. Dennoch besteht eine Forschungslücke, Anerkennungstheorien auf den Organisationskontext zu übertragen und entsprechende Management-Empfehlungen abzuleiten. Denn in der Praxis zeigt sich, dass bisher Anerkennung im organisationalen Kontext unter dem Aspekt der Identitätenbildung/-störung keine Aufmerksamkeit genießt. Vielmehr wird Anerkennung nur mit der würdigenden Anerkennung gleichgesetzt, was dazu führt, dass Praktiken entwickelt werden, die die eigentliche Bedeutung von Anerkennung und ihre Einflussnahme auf das organisationale Verhalten verfehlen.
Literatur
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Einzelnachweise
- ↑ Pfeffer (1981), S. 831
- ↑ Bradshaw (1998), S. 122
- ↑ Nienhüser (2017), S. 46
- ↑ Weber (1980), S. 28
- ↑ Nienhüser (2017), S. 47
- ↑ Mintzberg (1983), S. 4
- ↑ Knoblach & Fink (2012)
- ↑ Dörr (2008),S. 22ff.
- ↑ Dörr (2008), S. 22ff.; Shockley-Zalabak (2012)
- ↑ Brockhaus (2020a)
- ↑ Tannenbaum (2012)
- ↑ Tannenbaum (1962), S. 239; Coffin & Jäger (2016), S. 48
- ↑ Tannenbaum (1962), S. 239
- ↑ Nienhüser (2017), S. 46
- ↑ Brockhaus (2020a)
- ↑ Brockhaus (2020b)
- ↑ Weltgesundheitsorganisation (2003), S. 6
- ↑ Brockhaus (2020c)
- ↑ Brockhaus (2020d)
- ↑ Fotoausschnitt des eigens illustrierten Kurzfilms
- ↑ Weber (1980), S. 28
- ↑ Porter (1985)
- ↑ Brockhaus (2020a); Camphausen (2014); Woeckener (2019), S. 48
- ↑ Bradshaw (1998); Brockhaus (2020a); Mintzberg (1983)
- ↑ de Vries et al. (2010)
- ↑ Ford (2005)
- ↑ Tannenbaum (1962)
- ↑ Ford (2005)
- ↑ Bordia et al. (2004)
- ↑ French & Raven (1959)
- ↑ Nienhüser (2017), S. 49
- ↑ Bradshaw (1998)
- ↑ Doppler & Vogt (2018)
- ↑ Knoblach & Fink (2012)
- ↑ Weber (1980)
- ↑ Nienhüser (2017)
- ↑ Schmetkamp (2012), S. 115
- ↑ Schmetkamp (2012), S. 116
- ↑ Honneth (1992), S. 32
- ↑ Taylor (1995)
- ↑ Schmetkamp (2012), S. 14
- ↑ Honneth (1992), S. 118
- ↑ Mead (1968), S. 184
- ↑ Mead (1968), S. 198
- ↑ Mead (1968), S. 218f
- ↑ Schmetkamp (2012), S. 128
- ↑ Honneth (1992), S. 211
- ↑ Honneth (1992), S. 150
- ↑ Schmetkamp (2012), S. 129
- ↑ Honneth (2012), S. 129
- ↑ Eigene Darstellung
- ↑ Dubet (2008), S. 217
- ↑ Honneth (1992), S. 205
- ↑ Honneth (1992), S. 195
- ↑ Schmetkamp (2012), S. 121
- ↑ Ricoeur (2006), S. 197f
- ↑ Dubet (2008), S. 207
- ↑ Schmetkamp (2012), S. 120 f.
- ↑ Gabler Wirtschaftslexikon (2017)
- ↑ Miner (2007), S. 31